Gisdol krempelt Köln um Die C-Lösung wird zum Glücksgriff

Köln · Aus einer oft wehrlosen Mannschaft wurde ein bissiges Kollektiv: Der 1. FC Köln hat sich unter Trainer Markus Gisdol im Abstiegskampf neu erfunden - und eilt plötzlich von Sieg zu Sieg.

 Markus Gisdol.

Markus Gisdol.

Foto: dpa/Marius Becker

Manchmal geht es schnell im Fußball. Noch im November betraten die Fans des 1. FC Köln das eigene Stadion stets mit einem ziemlich mulmigen Gefühl, denn in Müngersdorf lauerten meist Frust und Enttäuschung. Keine drei Monate später ist alles anders.

"Mittlerweile hat kein Gegner mehr Lust, in Köln ein Bundesligaspiel zu bestreiten", sagte Neuzugang Mark Uth nach dem umjubelten 4:0 (1:0) gegen den SC Freiburg, "und genau so sollte es sein."

Der Erfolg gegen die Breisgauer am Sonntag war Kölns vierter Heimsieg in Serie, das hatte der Klub zuletzt vor neun Jahren geschafft. Insgesamt gewann der FC fünf der vergangenen sechs Bundesligaspiele, arbeitete sich vom Tabellenende ins Mittelfeld vor. Zu verdanken hat der FC diesen Aufschwung vor allem einem Mann, dessen Ankunft im November noch für Kopfschütteln an den Kölner Stammtischen gesorgt hatte.

Markus Gisdol galt nach der Entlassung Achim Beierlorzers vielen als C-Lösung, selten startete ein Trainer am Geißbockheim mit derart geringem Kredit - doch er war wohl ein Glücksgriff für den Verein. Denn Beierlorzer hatte dem FC ein aggressives Pressing-Konzept verordnet, das den Aufsteiger überforderte. Die Mannschaft griff derart bedingungslos an, dass sie nicht mehr in der Lage war, sich zu verteidigen.

Gisdol trat daher als Pragmatiker an, gab dem Team einfache Abläufe und lösbare Aufgaben an die Hand. "Wir stehen kompakter und kommen dadurch viel besser in die Zweikämpfe", sagte Offensivspieler Dominick Drexler: "Das passt vielleicht besser zu den Charakteren in der Mannschaft. Und bei der Qualität, die in der Bundesliga auf uns zurollt, ist es besser, nicht ins offene Messer zu laufen."

Das Fundament für Gisdols Fußball ist auf den ersten Blick simpel, enge Abstände und Zweikämpfe im Mittelfeld sollen der Mannschaft Selbstvertrauen geben. Köln trete neuerdings mit "Überzeugung, Härte und Durchsetzungswillen" auf, sagte Freiburgs Trainer Christian Streich am Sonntagabend. Und mit diesem Konzept hängt auch die neu entdeckte Heimstärke direkt zusammen, glaubt Drexler.

"Es sind ja kleine Dinge, die das Stadion mitnehmen", so der 29-Jährige: Aggressive Duelle seien der Anfang, "und dann wird es ein Geben und Nehmen zwischen Fans und Mannschaft. Zur Zeit werden wir getragen, das ist ein Trumpf."

Und so wirkt der Klassenerhalt des Klubs, der noch im November am Boden lag, mittlerweile völlig realistisch. Am kommenden Sonntag geht es aber raus aus der Komfortzone Müngersdorf, es wartet eine der schwierigsten Aufgaben, die die Bundesliga momentan zu bieten hat: Köln tritt bei Borussia Mönchengladbach an. Im Derby werde die Luft brennen, sagt Uth. Der "neue" FC rechnet sich auch dort Chancen aus.

(eh/sid)
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