Stimmungs-Boykott Kölner Ultras setzen fatales Zeichen

Köln · Trotz des 1:0-Heimsieges gegen Eintracht Frankfurt gab es Ärger beim 1. FC Köln: Im Saisonfinale droht ein Bruch zwischen Fans und Team. Eine Analyse.

 Die Kölner Fans feuern ihre Mannschaft an. Im Spiel gegen Frankfurt schwiegen die Ultras allerdings für eine Halbzeit.

Die Kölner Fans feuern ihre Mannschaft an. Im Spiel gegen Frankfurt schwiegen die Ultras allerdings für eine Halbzeit.

Foto: dpa, mjh hpl hak

Wenige Sekunden vor Anpfiff kamen sie doch noch. Die Kölner Ultras marschierten strammen Schrittes in die Südkurve, hängten ihre Banner aus Protest verkehrt herum auf und schwiegen anschließend 45 Minuten lang. Ausgerechnet im Heimspiel gegen den direkten Konkurrenten ums internationale Geschäft, Eintracht Frankfurt. Kölns Trainer Peter Stöger wertete das als fatales Zeichen, übte deutliche Kritik am Anhang und lobte sein Team dafür, dass es trotz gefühlten Liebesentzugs ein 1:0 erkämpfte. "Mich hat aufgeregt, dass es kaum Unterstützung gab. Wenn dann noch ein paar Pfiffe kommen, wundert man sich halt", sagte Stöger. Zwar demonstrierten die Ultras ihre Macht - doch um welchen Preis.

Die Ultras hatten ihre optische und gesangliche Unterstützung aus Protest gegen einen aus ihrer Sicht unverhältnismäßigen Polizeieinsatz vor dem Spiel eingestellt. Die Beamten hatten rund 200 Anhänger kontrolliert, 60 FC-Ultras wurden nach Angaben der Polizei in Gewahrsam genommen, um Ausschreitungen mit Frankfurter Fans zu verhindern.

Kölns Akteure hatten davon während der Partie natürlich keine Kenntnis, vernahmen nur die Stille aus der Heimkurve. "Das ist schwierig. Wenn man 4:0 führt, braucht man eh niemanden. Aber wenn es schwieriger wird, wenn es mühsamer ist, dann wünscht du dir, dass was von den Rängen kommt. Da ist nichts gekommen", sagte Stöger. "Heute war viel Glaube an den eigenen Charakter und an den eigenen Zusammenhalt vonnöten. Von der begeisterten Atmosphäre, von der alle immer sprechen, habe ich nicht viel mitbekommen."

Stögers Argumente sind schlüssig. Die meisten seiner Spieler sind es nicht gewohnt, in diesem Bereich der Tabelle mitzumischen. Sie brauchen Anfeuerung. Der Traum von Europa ist in Köln so lebendig wie lange nicht mehr. In jedem Spiel hallt der Gesang, der sich bereits mit Spielen in Mailand, Kopenhagen und Rom befasst, durchs Stadion. Und exakt dann, wenn es um die Erfüllung dieses Traums geht, schweigt der harte Kern der Fans für eine Halbzeit.

Den Kampf für den Erhalt der Fankultur tragen die Ultras so auf dem falschen Rücken aus. Für sie war es zwar ein Erfolg, um ihren Stellenwert in Sachen Stimmung zu unterstreichen, denn die zaghaften Versuche des Rests der Anhänger, für Atmosphäre zu sorgen, scheiterten. Aber die Ultras riskieren mit ihrem Egotrip einen Bruch zwischen Mannschaft und Anhängern. Das Team reagierte jedenfalls mit Unverständnis auf die fehlende Unterstützung und auf die Pfiffe von allen Tribünen beim Stand von 0:0 zur Halbzeit: Nach dem Sieg verzichteten die FCSpieler auf den obligatorischen Gang in die Kurve.

Am Samstag steht das Derby gegen Borussia Mönchengladbach (15.30 Uhr) an. Das Spiel bietet neben dem sportlichen Wert vor allem die Gelegenheit, für den Saisonendspurt einen Schulterschluss zwischen Mannschaft und Fans zu vollziehen.

(erer)
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