Ich-Protokoll eines Köln-Fans Tränen gehören beim FC einfach dazu

Meinung | Swisttal · Thomas Koch ist seit 40 Jahren Anhänger des 1. FC Köln. Er hat große Momente mit seinem FC erlebt, aber mindestens so oft gezittert und getrauert. Wie er mit dem drohenden erneuten Abstieg seines Herzens-Klubs umgeht.

 Leid geplagt: Die Anhänger des 1. FC Köln kennen sich inzwischen mit Abstiegen aus.

Leid geplagt: Die Anhänger des 1. FC Köln kennen sich inzwischen mit Abstiegen aus.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Das erste einschneidende Erlebnis mit dem Fußballclub meines Herzens liegt über 40 Jahre zurück. Als kleiner Junge suchte ich in der „Hörzu“ neugierig nach dem Experten-Tipp für den Bundesliga-Spieltag. Ich weiß nicht mehr, wer dieser Fachmann war, aber seine Prognosen führten bei mir zu einer spontanen Heulattacke. Mit Tränen in den Augen rannte ich zu meinem Papa in den Garten und erzählte ihm völlig aufgelöst, dass dieser Typ tatsächlich einen Sieg von Eintracht Frankfurt gegen den 1. FC Köln getippt hatte.

Für mich war es damals völlig unverständlich, wie man auf eine solch abstruse Idee kommen konnte. Keine Ahnung, wie das Spiel letztendlich ausgegangen ist, aber dieser Moment der Enttäuschung und Fassungslosigkeit ist mir bis heute im Gedächtnis geblieben.

 Eine Familie im Zeichen des Geißbocks: Thomas, Kiara und Diana Koch stehen auf den FC.

Eine Familie im Zeichen des Geißbocks: Thomas, Kiara und Diana Koch stehen auf den FC.

Foto: Privat

Geweint habe ich in den Jahrzehnten danach noch oft mit meinem FC. Das letzte Mal tatsächlich vor Freude beim finalen Heimspiel der Saison 2016/17 gegen Mainz. Wir waren damals mit Kumpels auf Mallorca und haben das Spiel bei „Big Ron“ in der Kultkneipe 4711 geguckt. Um einen guten Platz in der engen Hütte zu ergattern, mussten wir natürlich schon vormittags da sein.

Das leckere Kölsch und der bei allen Partien unerwartet perfekte Verlauf der ersten Halbzeit haben dann dazu geführt, dass ich in der Pause völlig übermannt an einer Palme lehnend Freudentränen vergoss. Natürlich hatten wir alle vom Einzug in die Euro League geträumt und die ganze Woche von nichts anderem gesprochen. Als es dann Wirklichkeit wurde, überkamen mich die Emotionen.

Wer konnte auch damit rechnen, dass der FC tatsächlich mal für eine angenehme Überraschung sorgt. Zu prägend waren die Erinnerungen an bittere Enttäuschungen wie die bis dahin fünf Abstiege oder das Aus im Pokalhalbfinale gegen den damaligen Zweitligisten Wolfsburg. Wir hatten schon alles organisiert, um zum Finale gegen Gladbach nach Berlin zu fahren. Und dann so was. Auch da flossen Tränen in der Südkurve.

Unvergessen bleibt die Blamage in der ersten Runde 1995 in Beckum. Da war ich ebenso live dabei wie beim ersten Abstieg auf der Bielefelder Alm und beim ersten Zweitliga-Spiel der Vereinsgeschichte in Gütersloh. Dort wollten wir spontan einen „Karsten-Hutwelker-Fanclub“ gründen, weil der damals das erlösende 1:0 erzielte. Die Euphorie hielt aber nicht lange an. Bernd Schuster schaffte es tatsächlich, die Mannschaft auf einen zehnten Platz in Liga 2 zu manövrieren. Inklusive einer deftigen Heimpleite gegen Fortuna Köln…

Nun droht der siebte Abstieg aus Liga eins. Tränen würden diesmal nicht fließen, weil wohl ein gewisser Gewöhnungseffekt eingesetzt hat. Als Zuschauer könnte man sogar auf die Idee kommen, dass die Mannschaften in der zweiten Liga attraktiver sind. Außerdem würden wir wahrscheinlich öfter gewinnen und vielleicht gäbe es auch irgendwann mal wieder richtig etwas zu feiern. Nach dem Abstieg ist beim FC ja bekanntlich vor dem Aufstieg. Zumindest war es bislang immer so.

Die entscheidende Partie in Kiel werden wir wie schon das Hinspiel im erweiterten Familienkreis gucken. Pizza und Bier sind bestellt, die Kids planen eine kleine Tanzeinlage zur Halbzeit. Dass wir nicht längst gerettet sind, liegt meines Erachtens vor allem daran, dass die Mannschaft viel zu wenig Torgefahr ausstrahlt. Nicht nur im Sturm. Wenn schon ein Jonas Hector mit vorne in der Spitze spielen muss, dann sagt das doch alles.

Trotzdem bin ich wie fast immer optimistisch. Was bleibt einem auch anderes übrig? Wir werden in Kiel gewinnen und uns retten. Und dann freue mich auf die nächsten Stadion-Events mit meinen Freunden, ganz egal gegen wen wir spielen. Es geht nie um den Gegner, sondern immer um den FC und das spezielle Feeling in Müngersdorf.

Natürlich träumt jeder FC-Fan davon, noch einmal international zu spielen. Das geht mir nicht anders, auch wenn es aktuell ganz weit weg scheint und wohl auch ist. Ich war schon 1982 gegen den AS Rom (1:0 durch Klaus Allofs) im Stadion und bin 2017 mit nach Belgrad (0:1) geflogen. Einzigartige Erlebnisse, die man nie vergisst und bei denen man für das ganze Leiden belohnt wird. Auch deshalb werden wir unsere zwölf Dauerkarten, die wir im Freundes- und Familienkreis seit über zwei Jahrzehnten (!) haben, so oder so behalten.

Einmal FC, immer FC!

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