Steigauf: "Klar können wir das" Frauen greifen die Bastion Zehnkampf an

Köln (sid). Die Frauen wollen eine der letzten olympischen Männer-Bastionen stürmen. Bereits 2008 soll der Zehnkampf für das schwache Geschlecht nach den Vorstellungen des deutschen Zehnkampf-Teams zum Programm der Spiele gehören. "Klar können wir das", sagt Mona Steigauf, inoffizielle Weltrekordlerin im Frauen-Zehnkampf: "Es gibt doch sogar Männer, die die 1.500 m langsamer laufen als ich."

Ex-Weltrekordler und Zehnkampf-Team-Präsident Jürgen Hingsen machte sich am Dienstag in einer Pressekonferenz im Deutschen Sport- und Olympiamuseum in Köln zum Fürsprecher: "Es reden alle von Girl Power, die Frauen fahren längst Bob. Hinzu kommt, dass der Stabhochsprung als Einzeldisziplin eine rasante Entwicklung genommen hat. Also spricht auch nichts mehr gegen den Frauen-Zehnkampf." Hingsen weiter: "Ich könnte mir die olympische Premiere in acht Jahren vorstellen, wenn man sieht, wie schnell das beim Stabhochsprung ging."

Die Aufnahme des Frauen-Marathons ins olympische Programm war 1984 in Los Angeles ein Meilenstein der sportlichen Emanzipation des vermeintlich schwachen Geschlechts. Nach den Spielen in Sydney (15. September bis 1. Oktober) wird der Prozess mit der Premiere von Stabhochsprung und Hammerwurf fast abgeschlossen sein. In der Leichtathletik fehlen dann nur noch der Hindernislauf - und die Angleichung des Mehrkampfs.

Der 1. Internationale Frauen-Zehnkampf am 10. und 11. September in Lage soll das Thema forcieren. Beim selben Meeting werden Frank Busemann und Co. kurz vor dem Abflug nach Sydney einen Dreikampf als Olympia-Generalprobe bestreiten, um das Medieninteresse zu steigern. "Wir wollen damit eine breite Diskussion auf allen Ebenen entfachen", sagt Zehnkampf-Sprecher Frank Müller. Offene Fragen gibt es im Hinblick auf die Reihenfolge der Disziplinen und die Punktetabelle.

Prominenteste Fürsprecherin ist Mona Steigauf. Die Siebenkampf-WM-Sechste von 1997 fordert nicht nur die Einführung des Zehnkampfes, sondern auch die Angleichung der Disziplinen: "Wenn es dazu kommt, dann hoffentlich mit den richtigen Laufstrecken und nicht mit den Siebenkampf-Strecken 200 und 800 m. Wenn schon, denn schon - sonst würde es wieder nur heißen, dass die Frauen jetzt zwar Zehnkampf machen, aber nicht so richtig."

Die Mainzerin hatte mit 7.615 Punkten im Rahmen eines Jedermann-Zehnkampfes am 20. und 21. September 1997 in Ahlen einen inoffiziellen Weltrekord aufgestellt. Bei den Verbänden scheint das Ansinnen des Zehnkampf-Teams auf offene Ohren zu stoßen. Eine Punktetabelle des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF existiert bereits. Und die deutsche IAAF-Frauenbeauftragte Ilse Bechthold signalisierte: "Ich bin sicher, dass dieser Wettkampf eine Zukunft haben wird."

Auch die künftige Athletinnen-Generation hat Interesse. "Auf mich übt der Zehnkampf eine besondere Faszination aus", sagt die Leverkusener Siebenkampf-Junioren-Europameisterin Maren Freisen. Froh darüber, das neue Zeitalter für Mehrkämpferinnen nicht mehr zu erleben, dürfte hingegen die zweimalige Weltmeisterin Sabine Braun (Wattenscheid) sein. Die 35-Jährige ist ein ausgeprägter Sprint- und Sprung-Typ, schon der 800-m-Lauf kam ihr stets "wie ein Marathon vor".

Der Siebenkampf umfasst die Disziplinen 100 m Hürden, Hochsprung, Kugelstoß, 200 m, Weitsprung, Speerwurf und 800 m. Im neuen Zehnkampf kämen Stabhochsprung, Diskuswurf sowie 100 und 400 m anstelle der 200 m hinzu. Nach den Vorstellungen des Zehnkampf-Teams würde der 800-m-Lauf gegen den bei den Männern üblichen 1.500-m-Lauf ausgetauscht.

(RPO Archiv)
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