Sportreporter Frank Buschmann Die Helene Fischer unter den Sportreportern
Düsseldorf · Frank Buschmann, Sportkommentator und Social-Media-Liebling, hat eine schräge Quasi-Biografie geschrieben. Fans seiner Art werden sie lieben, alle anderen hassen. Das ist doch was.

Das ist Sportreporter Frank Buschmann
"Am Ende kackt die Ente" heißt das Buch, bei dem Gurkendiebe Hühnerpelle kriegen werden. Wundern Sie sich nicht, wenn Ihnen diese Worte fremd sind. Das ist Buschi-Sprech. Hühnerpelle ist Normalsterblichen besser bekannt als Gänsehaut, Gurkendiebe ist Buschis Kosename für seine treue Fangemeinde, und Buschi ist... tja.
Frank Buschmann, besser bekannt als "Buschi", ist 49 Jahre alt und Berufsjugendlicher. Vom Lokalradio im drögen Hagen hat er sich hochgearbeitet zu Sport1, Sat.1, ProSieben und zuletzt auch den öffentlich-rechtlichen Sendern. "Wahnsinn! Unfassbar! Da brat' mir einer 'nen Storch! Im Himmel ist Jahrmarkt!" hieße das in Buschi-Sprech, abwechselnd gebrüllt und geflüstert für maximalen Effekt.
Auf diese unnachahmliche Art kommentiert und moderiert der ehemalige Basketball-Profi seinen alten Sport, aber auch alles andere, was nicht bei drei auf dem Baum ist: Fußballspiele im Fernsehen. Fußball-Talks. Fußball-Videospiele. Leichtathletik. American Football. Schlag den Raab, Schlag den Star, das TV Total Quizboxen, die TV Total Autoball-WM. Seit einem Jahr gibt er bei Gelegenheit den Sportexperten im ZDF-Fernsehgarten.
Buschis Hauptberuf ist Buschi-sein
Frank Buschmann ist geborener Alleinunterhalter und gelernter Sportjournalist, im Hauptberuf aber ist er Buschi. Das taugt nicht zum Vorwurf, im Gegenteil: In seiner Web-TV-Sendung "Buschi.TV" etwa geht es nicht nur um ihn und seine prominenten langjährigen Begleiter wie Dirk Nowitzki und Stefan Kretzschmar, sondern auch um Randsportler; Menschen, die halbprofessionell am Tischkicker stehen oder Mountainbike-Filme drehen. Aus Geschäftssinn macht man sowas nicht, nur aus echter Sportbegeisterung.
Zur Marke, zum Social-Media-Phänomen mit fast 300.000 Facebook-Fans wurde er aber weniger als Rächer der Randsportarten und mehr als enthusiastischer Edelfan von nebenan. Als das Beste beider Welten — der Mann, der "einer von uns" ist, der hinter dem Mikro sitzt und die sagenumwobene Fernseh-Welt zwischendurch doch selbst dekonstruiert, mit professionellen Filmen und immer öfter auch mit wackeligen Handy-Videos, für die Extraportion Authentizität.
Einst fuhr Buschi mit "Bad Boy" Dennis Rodman Porsche, heute postet er Selfies mit Dirk Nowitzki und dem Zusatz "Wer ist der Vogel links....? #NBA". Die Gurkendiebe sind natürlich neidisch, aber sie posten zurück "Der Vogel ist wohl eher rechts! ;D". Man versteht sich.
Zum "Gaucho-Tanz" schrieb Buschi: "Einfach mal feiern lassen die Jungs!!! Da war gar nix Schlimmes dran, basta! Und jetzt wieder runterkühlen...." 11.000 Likes gab es dafür. Erwartbar, und doch eine ganze Menge. Selbst ein Urlaubsfoto mit freiem Oberkörper und Gag über seine Frisur gefällt 877 Personen.
Jetzt schreibt er auch noch
Populismus gehört bei ihm zum Konzept, aber was macht das schon? Buschmann ist kein Politiker, nur Sportreporter. Und selbstständig. Der Mann muss seine Brötchen verdienen und hat dazu eine Entscheidung getroffen. Im Leben kann es ja sein wie im Battle-Rap: Entweder macht man andere nieder oder feiert sich selbst. Buschi tut eben Letzteres, stilisiert sich zum ewigen Unverstandenen des Sportjournalismus, (obwohl er unter anderem als bester Sport-Kommentator 2013 ausgezeichnet wurde), zum Hassobjekt der Kritiker.
Er schart seine mittelgroße Armee von Anhängern um sich, nicht nur wenn er sich gegen eine überzogene TV-Kritik zur Wehr setzt, in der ihm "gut gelaunter Rassismus" und "fröhliche Schwulenfeindlichkeit" unterstellt werden. Er ist wahrlich kein Intellektueller, er kann unlustig und ermüdend sein und übers Ziel hinausschießen wie ein peinlicher Onkel oder übermotivierter Klassenclown. Zum Rassisten oder Schwulenfeind aber macht ihn das noch lange nicht.
Seine oft dick aufgetragene Selbstironie mag letztlich nur eine Form des Narzissmus sein, aber was soll's? Und überhaupt, ist das nicht meistens so? Jedenfalls: Jetzt schreibt er auch noch.
"Echt" sollte das das Buch sein — das ist gelungen
"Am Ende kackt die Ente" heißt sein Buch. "Ich hab' das Geld jetzt nicht dringend gebraucht", sagt er selbst über sein Werk, aber nachdem ihn seine Fans wieder und wieder danach fragten, habe er halt mal ein Buch geschrieben. Material genug hatte er ja, aus seinem Leben als Sportreporter und Facebook-Freak. O-Ton: "Wenn ich mal eine Linsensuppe poste, dann ist da eine Story dahinter."
Irgendwann sei er "für zehn Tage in die Türkei geflogen" und habe alles auf Band gesprochen, was ihm so eingefallen sei. So liest sich das Buch auch. Als Ziel hatte er allerdings lediglich formuliert: "Es musste die Buschi-Sprache sein, das Buch muss echt sein." Diese Mission ist klar erfüllt.
Im Vorwort denkt Buschmann laut — und so leise wie selten — über die Wurzeln seiner Sportbegeisterung nach, und damit über seinen Vater, der sich vor mehr als 30 Jahren das Leben nahm. Echter geht es nicht. Da kriegt jeder Mensch Hühnerpelle. Danach baut das Buch schnell ab, bietet Fans kaum Neuigkeiten und niemandem eine erkennbare Struktur, der Fluss meist altbekannter Anekdötchen mäandert vor sich hin. Lesbar ist es nur häppchenweise, weil schlicht zu wenig drinsteckt, inhaltlich wie sprachlich.
Echt aber ist und bleibt es bis zur letzten Seite. "Am Ende kackt die Ende" ist ein Potpourri von Frank Buschmanns Erlebnissen als Sportreporter und dem, was Buschi am Flughafen auf seiner Facebook-Seite fabriziert, Rechtschreibfehler inklusive: Stephen King wird zu Steven King, die New York Knicks zu den Nicks, selbst Dirk Nowitzki höchstpersönlich einmal zu Dirk Nowitziki.
Als Hörbuch besser: Easy Listening mit Texten
Jüngeren Lesern mit Interesse an und nur durchschnittlicher Ahnung von Sport und Sportjournalismus dürfte das nichts ausmachen. Dieser Markt ist durchaus nicht klein: Nicht umsonst hält sich das Buschi-Buch seit 19 Wochen in den Top 20 der Kategorie Paperback Sachbuch, die dritte Auflage ist gedruckt. Als Hybrid aus tatsächlich buchähnlicher Autobiografie und Facebookseiten-Ausdruck könnte "Am Ende kackt die Ente" im Bestfall sogar manchen zum Lesen von Papierbüchern missionieren.
Geübteren Lesern kann man höchstens die Hörbuch-Version von "Am Ende kackt die Ente" empfehlen, oder den Besuch einer Live-Lesung, die Buschmann gern ohne Buch oder auch nur einen Spickzettel abhält. Ist ja sein Leben, aus dem er erzählt. Je weniger er Autor sein muss, desto mehr ist Buschi in seinem Element — als nicht nur gut gelaunter, sondern auch guter Radiomoderator, der plaudert, kichert, schwärmt, laut denkt.
Easy Listening mit Texten, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Auf den Buchtitel gekommen ist Buschi übrigens, weil vor Urzeiten einmal ein Co-Kommentator in einem scheinbar entschiedenen Spiel warnte "It ain't over until the fat lady sings." Dafür gäbe es keine Übersetzung, befand Buschmann, und prägte spontan, was in Gurkendieben-Kreisen längst ein Bonmot ist. Irritierenderweise ist das Original kaum unübersetzbar; es bezieht sich auf die klassische Oper, wo eben meist eine dicke Frau das große Finale singt. Entsprechend gilt der Umkehrschluss: Solange sie nicht gesungen hat, ist auch noch nicht Schluss.
Das Buschi-Prinzip: latent aufregend, milde vulgär, dosiert un-konservativ
Aber sei's drum. Der Titel "Am Ende kackt die Ente" ist ja auch so schön anders, latent aufregend, milde vulgär, dosiert un-konservativ. Das ist das Buschi-Prinzip: Nicht langweilig sein, aber auch niemals schmutzige Wäsche waschen. Polarisieren, obwohl er nicht auch nur ansatzweise polarisierend ist. Bis Kritikern nur der Populismus-Vorwurf bleibt, der ja albern ist für Akteure der Popkultur.
"Buschi" ist mehr als nur ein Phänomen, das in "Am Ende kackt die Ente" atemlos durch die eigene Vita hechelt. Er ist die Helene Fischer unter den Sportreportern. Und das ist doch was.