Nach Schumacher jetzt auch Vettel Wird Alonso wieder zum Spielverderber?

Budapest · Er begann die Saison mit einer "roten Gurke". Bei Halbzeit der Formel-1-Saison hat Fernando Alonso beste Chancen auf den Titel – und würde damit auch den zweiten deutschen Weltmeister entthronen.

Großer Preis von Deutschland 2012
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Er begann die Saison mit einer "roten Gurke". Bei Halbzeit der Formel-1-Saison hat Fernando Alonso beste Chancen auf den Titel — und würde damit auch den zweiten deutschen Weltmeister entthronen.

Fünf Jahre lang schien Michael Schumacher unschlagbar — bis Fernando Alonso kam. Mit seinem ersten Titel 2005 beendete der Spanier die Erfolgs-Ära des Rekordchampions. Und weil Alonso diesen Triumph im Jahr darauf wiederholte und Schumacher schließlich zurücktrat, hält sich bis heute die Legende, dass es Alonso war, der Schumacher "in Rente schickte".

Sechs Jahre später scheint es so, dass auch der zweite deutsche Weltmeister in "Alo" seinen Meister findet. Die Stärke des Asturiers gesteht Sebastian Vettel, Champion der vergangenen beiden Jahre, angesichts von 44 Punkten Rückstand nach der Hälfte der Saison jedenfalls uneingeschränkt ein: "Fernando ist der kompletteste Fahrer der Welt."

Vielleicht sieht das der selbstbewusste Spanier, der an seinem 31. Geburtstag am Sonntag beim Großen Preis von Ungarn in Budapest (14 Uhr/Live-Ticker) den vierten Saisonsieg anstrebt, genauso - obwohl Alonso die Formulierung "komplett" auf bescheidene Weise umschreibt. "Wir sind nirgendwo die Besten, aber überall gut", meint er schmunzelnd: "Ich bin nicht der Stärkste in der Qualifikation, nicht der Beste auf Stadtkursen und nicht der Schnellste im Regen. Aber ich versuche immer, das Beste aus dem Auto zu machen."

Blickt man zurück auf die Testfahrten, so ist Alonsos WM-Führung eine echte Sensation. Als "hässliche rote Gurke" war der neue Ferrari damals verspottet worden, bis zu 1,5 Sekunden pro Runde lag er hinter der Konkurrenz. Und noch nach seinem nie für möglich gehaltenen Sieg im zweiten Rennen in Malaysia konstatierte Alonso:
"Im Trockenen sind wir chancenlos."

"Das Maximale oder ein bisschen mehr"

Und alle Beobachter sind sich sicher: Es ist immer noch nicht das Auto, das die neue Stärke ausmacht. Es ist vor allem Alonso. "Er macht immer das Maximale oder sogar noch ein bisschen mehr", meint Sky-Experte Marc Surer: "Wenn man sieht, wo Felipe Massa rumfährt, dann weiß man, wie gut der Ferrari wirklich ist." Alonsos brasilianischer Teamkollege ist mit 23 Punkten, rund einem Siebtel der Zähler des Spaniers, aktuell 14. unter 24 Fahrern. In der Qualifikation entschied Alonso alle bisherigen zehn Duelle für sich.

"Der Punktevorsprung ist sicherlich schon eine kleine Vorentscheidung in der WM", meint ORF-Experte Alex Wurz: "Zumal Alonso im Augenblick in Überform ist und man ihm selbst an einem schlechten Tag nicht mehr so leicht Punkte wegnehmen kann." Alonso will noch nicht an eine Vorentscheidung glauben, aber er mahnt: "Wir müssen Ausfälle vermeiden."

Auch das war bisher sein großer Vorteil gegenüber Vettel, der 2012 bisher zweimal ausschied: Er ist die Konstanz auf vier Rädern. Mit 22 Rennen in Folge in den Punkterängen jagt er einen der vielen Rekorde Schumachers (24), nach sechs der letzten sieben Rennen stand er auf dem Podium, in den vergangenen drei Grand Prix holte er 68 von 75 möglichen Punkten. "Ich hoffe, dass er diese Form möglichst lange hält", erklärt Teamchef Stefano Domenicali und ergänzt schmunzelnd: "Im Idealfall bis Ende November. Ab 1. Dezember kann er dann tun und lassen, was er will."

Das macht Alonso ohnehin. Als das Team den Fahrern zu Saisonbeginn einen "Maulkorb" verpasste, gab der Spanier unbeirrt weiter Interviews. Und als die Presse nach seiner Scheidung über neue Liebschaften spekulierte, machte er sich einen Spaß daraus, innerhalb weniger Tage auf seinem neuen Twitter-Account Fotos mit verschiedenen Frauen einzustellen. "Meine Mutter hat schallend gelacht", sagt er schmunzelnd.

Diese Gelassenheit, diese Flucht nach vorne in vermeintlichen Krisenzeiten war es auch, die Alonso mit der "hässlichen roten Gurke" an die WM-Spitze brachte. Vettel verweist auf zehn verbleibende Rennen und darauf, in den letzten beiden Läufen 2010 noch 25 Punkte auf seinen Rivalen gutgemacht zu haben. "Alonso ist der Mann, des es zu schlagen gilt", sagte er am Donnerstag: "Aber es kann helfen, dass die Saison so ausgeglichen ist und man trotz eines guten Autos und viel Selbstvertrauens mal Siebter werden kann."

Wahrscheinlicher ist derweil, dass Alonso im November auch den zweiten deutschen Weltmeister entthront haben wird - auch wenn Vettel dann sicher nicht in Rente geht.

(sid)
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