Reifenplatzer in Belgien Vettel schimpft auf Pirelli: "Da fühlt man sich verarscht"

Lewis Hamilton und Nico Rosberg feierten den nächsten Doppelsieg der Silberpfeile, doch für den großen Aufreger sorgte Sebastian Vettel mit einem denkwürdigen Ausraster. Der Ferrari-Pilot ging nach einem über weite Strecken ereignislosen Großen Preis von Belgien wegen seines Reifenplatzers kurz vor Schluss an die Decke.

Sebastian Vettel war nach seinem Aus schwer gefrustet.

Sebastian Vettel war nach seinem Aus schwer gefrustet.

Foto: afp, mm

"Da fühlt man sich verarscht", tobte der viermalige Weltmeister am RTL-Mikro - nach seiner heftigen Kritik an Reifenhersteller Pirelli wird das Rennen noch ein Nachspiel haben.

"Ich muss aufpassen, was ich sage. Wenn das 200 Meter früher passiert, knall' ich mit 300 km/h in die Wand", tobte Vettel nach dem 900. Rennen der Scuderia: "Es muss mal gesagt werden: Die Qualität der Reifen ist miserabel, das geht jetzt schon seit Jahren so, das kann nicht sein. Ich weiß nicht, worauf wir warten."

"Darf nicht passieren"

Vettel war mit einer Ein-Stopp-Strategie als Dritter auf Podiumskurs gefahren, als kurz vor Schluss völlig überraschend der rechte Hinterreifen platzte. "Die Ansage von Pirelli war, dass der Reifen 40 Runden lang hält, und wir hatten, glaube ich, knapp 30 drauf. Sowas darf nicht passieren", sagte Vettel.

Einmal in Rage, warnte er vor schwerwiegenden Konsequenzen für die ganze Königsklasse: "Demnächst knallt einer in die Wand, und dann stehen wir da und sagen: 'Oh, hätten wir mal...'. Darüber muss gesprochen werden."

Vettel verwies darauf, dass Rosberg am Freitag dasselbe Problem hatte und dass auch der Mercedes-Pilot vor dem Platzer den Reifen nicht selbst beschädigt hatte. "Vollkommen unangekündigt knallt der Reifen in die Luft", sagte Vettel und blickte finster.

— Sky Sports F1 (@SkySportsF1) August 23, 2015Pirelli-Sportchef Paul Hembery zeigte Verständnis für Vettels emotionale Reaktion, stellte aber auch klar: "Wir haben den Teams gesagt: Zwei- oder Dreistopp-Strategie. Der Reifen von Sebastian war fertig, am Ende seiner Lebensdauer. Das war sehr ehrgeizig und riskant, das mit dieser Strategie zu versuchen."

Rückendeckung erhielt Vettel von Rosberg: "Das ist heftig, wir haben beide Riesenglück gehabt an diesem Wochenende. Das darf nicht passieren, dass die Reifen einfach ohne Vorwarnung platzen." Im Gegensatz zu Vettel behielt er aber die Ruhe: "Schuldzuweisungen bringen jetzt nichts, auch wenn ich nicht verstehe, was da passiert ist."

Keinerlei Veständnis für Vettel zeigte dagegen Mercedes-Aufsichtsratboss Niki Lauda: "Ich finde das absolut unfair. Wenn unsere Fahrer Pirelli so kritisieren würden, dann würde ich sie mir vornehmen."

Vorgenommen hatte sich Lauda zumindest 24 Stunden zuvor Lewis Hamilton für dessen Baller-Video im Internet. Der Weltmeister, der nach seinem ungefährdeten sechsten Saison mit 227 Punkten bereits 28 Zähler vor Rosberg (199) liegt und seinem dritten Titel entgegeneilt, hatte das Video von einem Ausflug auf einen Schießstand mit einem Maschinengewehr auch auf Ansage von Lauda schnell wieder gelöscht.

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Hamilton freute sich über den 39. Sieg seiner Karriere. "Das war ein Traum, das ganze Wochenende hatte ich ein großartiges Auto", sagte er: "Nico war schnell unterwegs, aber ich konnte immer reagieren, ich war ziemlich relaxt unterwegs da vorne." Rosberg ärgerte sich anschließend über einen "verpatzten Start, das war bitter. Ich habe danach alles gegeben, aber das war nicht genug."

Hülkenberg bleibt stehen

Auf Rang drei landete überraschend der französische Lotus-Pilot Romain Grosjean. Vettels finnischer Teamkollege Kimi Räikkönen kam zudem nicht über den siebten Platz hinaus. Schon vor dem Start war das Rennen derweil für Nico Hülkenberg (Emmerich) erledigt, der Probleme mit der Antriebseinheit hatte.

Erstmals mussten die Fahrer beim Start ohne technische Hilfen auskommen, das hatten die Macher im Zuge der aktuellen Reformen beschlossen. Die Piloten sollen wieder mehr Verantwortung tragen, einige Beobachter hatten angesichts der Umstellung nun Chaos auf den ersten Metern befürchtet - doch das blieb aus.

Hamilton legte einen einwandfreien Start hin und verteidigte die Spitze souverän, Rosberg musste dahinter dagegen einige Konkurrenten passieren lassen - es erinnerte an die schwachen Mercedes-Starts in den vergangenen beiden Rennen. Vom zweiten Rang fiel der Deutsche zurück und drehte die folgenden Runden auf Position vier, gleich dahinter lag bereits Vettel, der nur von Rang acht ins Rennen gegangen war. Hamilton baute seine Führung nun mit einigen schnellen Runden aus, Veränderungen ergaben sich erst aus der Boxenstopp-Phase, Rosberg war der große Gewinner. Der 30-Jährige schob sich auf Rang zwei vor, nur noch rund drei Sekunden trennten ihn vom Stallrivalen. Anschließend blieb an der Spitze jedoch alles wie gehabt.

(sid)
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