Formel 1 Sorgenkind statt Superstar in spe – Verstappen droht mit Kopfstoß

Montréal · Max Verstappen fährt seine vierte Saison in der Formel 1 - und erlebt seine erste große Krise. Statt in den WM-Titelkampf einzugreifen, fällt der Red-Bull-Pilot mit Fehlern auf. Teamchef Christian Horner rät ihm zu einem besonderen Lehrer: seinem Teamkollegen.

 Red-Bull-Pilot Max Verstappen.

Red-Bull-Pilot Max Verstappen.

Foto: AFP/Mark Thompson

Max Verstappen ahnte schon, was bei der obligatorischen Pressekonferenz vor dem Großen Preis von Kanada auf ihn zu kommen würde. Sichtlich genervt reagierte das Formel-1-Ausnahmetalent denn auch am Donnerstag in Montréal auf die Fragen nach Unfall- und Fehlerserie in dieser Saison.

„Es macht keinen Sinn, darüber zu reden. Mich ermüden die Fragen“, sagte der 20 Jahre alte Niederländer gereizt. Als ein britischer Journalist nachhakte, meinte er, wenn er noch mehr Fragen höre, „werde ich jemandem einen Kopfstoß verpassen“. Ob er es ernst meinte oder nicht, war nicht so recht ersichtlich.

Forderungen unter anderem von seinem Red-Bull-Teamchef Christian Horner, seine Herangehensweise zu ändern, wies er in jedem Fall zurück. „Ich werde mich nicht ändern. Ich bin auf diese Weise dahin gekommen, wo ich bin“, meinte er.

Doch aus dem Superstar der Zukunft, ist in der Gegenwart das Sorgenkind geworden. Vor dem siebten Saisonrennen am Sonntag (20.00 Uhr) schlägt ihm statt Bewunderung für sein Talent mehr und mehr Unverständnis für seine Un- und Ausfälle entgegen. Sogar in seinem Team genießt der Niederländer nur noch einen begrenzten Welpenschutz. „Der Einzige, der ihm helfen kann, ist Max“, sagte Horner.

Keines der bisherigen sechs Formel-1-Wochenenden in diesem Jahr, an denen nicht Verstappen auffällig geworden ist. Zuletzt vergab er die Chance auf einen Doppelerfolg von Red Bull beim Prestige-Grand Prix in Monaco, als er im dritten Training seinen Wagen in die Mauer setzte. Die Folge: er konnte keine Qualifikation mehr fahren, musste sich am Ende der Startaufstellung einreihen und wurde am Ende Neunter. Sein Teamkollege Daniel Ricciardo holte sich indes die Pole und fuhr nach einer glanzvollen Vorstellung trotz defekten Autos zum Sieg.

Er habe nur zwei Fehler in diesem Jahr gemacht, sagte Verstappen in Montréal. Einer war in Monaco. Er rede in solchen Fällen mit Freunden und der Familie darüber. „Ich weiß genau, was ich besser machen kann“, sagte Verstappen. „Ich bin zuversichtlich, die Dinge zu ändern. Es wäre ein größeres Problem, wenn wir langsam wären.“

Doch ohne seine Un- und Ausfälle wäre er mitten im WM-Kampf mit Ferrari-Fahrer Sebastian Vettel und Titelverteidiger Lewis Hamilton im Mercedes. Statt dessen steht er nach sechs Rennen mit 35 Punkten auf dem sechsten Platz, 75 Zähler hinter dem Führenden Hamilton und 37 Punkte hinter seinem Teamkollegen Ricciardo auf Rang drei.

Dabei war Verstappen als eigentliche Nummer eins bei Red Bull vorgesehen. Im Oktober 2017 wurde dies durch einen Multi-Millionen-Vertrag bis 2020 dokumentiert. Aktuell ist der wesentlich günstigere Australier vorerst der Red-Bull-Hoffnungsträger. Doch dessen Vertrag läuft aus.

Verstappen agiert zu oft zu ungestüm, zu ungeduldig und zeigt sich selten einsichtig. „Max besitzt ein unglaubliches Talent und hat in dieser Saison einige harte Lektionen lernen müssen“, wurde Horner auf der offiziellen Formel-1-Homepage zitiert.

Der Brite plädiert bei der öffentlichen Bewertung dafür, dass auch das jugendliche Alter seines Schützlings berücksichtigen werde solle. Verstappen ist trotz seiner 20 Jahre immerhin schon in seinem vierten Jahr in der Formel 1 und hat fast alle Jugendrekorde in der Königsklasse geholt. „Max ist sehr schnell in die Formel 1 aufgestiegen und lernt in aller Öffentlichkeit in einem Spitzenauto“, sagte er. Die meisten anderen jungen Fahrer würden den Lernprozess in den unteren Formel-Klassen machen, fernab der großen Aufmerksamkeit.

Horner hat auch eine Idee, wer Verstappens Lehrmeister sein könnte. Der dreimalige Grand-Prix-Sieger solle sich eine Scheibe von seinem Teamkollegen Ricciardo abschneiden. „Er hat einen sehr guten Lehrer in dem Auto neben ihm in der Box.“

(dpa)
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