Debakel beim Ferrari-Heimrennen Vettel am Tiefpunkt

Monza · Die Wachablösung bei Ferrari schreitet voran. Sebastian Vettel hat ausgerechnet bei Heimrennen der Scuderia erneut Nerven gezeigt, wurde vom siegreichen Teamkollegen Leclerc sogar überrundet. Der 32-Jährige gab sich nach seinem Blackout kleinlaut.

 Sebastian Vettel.

Sebastian Vettel.

Foto: AP/Luca Bruno

Sebastian Vettel versteckte seine Augen hinter einer dicken Sonnenbrille, die Arme hielt er verschränkt vor seinem Körper. Sein persönliches Debakel beim Ferrari-Heimrennen in Monza hatte sich durch den Sieg des umjubelten Teamkollegen Charles Leclerc nur noch verschlimmert - und es setzte dem viermaligen Weltmeister der Formel 1 augenscheinlich schwer zu.

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"Ich bin nicht zufrieden mit meiner Leistung", sagte Vettel nach seiner Fahrt auf Rang 13 mit leiser Stimme, "was das für die Situation im Team bedeutet, ist mir eigentlich erst mal egal." Was er andeutete, war die Wachablösung bei den Roten, die ausgerechnet mit dem Großen Preis von Italien vollzogen sein dürfte.

Der neue Boss beim Traditionsrennstall heißt Leclerc, der die Herzen der Tifosi mit einer leidenschaftlichen Leistung und dem ersten Heimsieg seit 2010 im Sturm eroberte. Die Fans stürmten die Strecke, sie schwenkten ein riesiges Ferrari-Banner und zündeten Bengalos, als der 21-jährige Monegasse auf dem Podium seinen zweiten Sieg nacheinander feierte. Die Jubelschreie erreichten in Hörweite auch Vettel, dem all die Zuneigung für Leclerc nicht entgangen sein dürfte.

Rückendeckung erhielt Vettel allerdings von Teamchef Mattia Binotto. "Wir sind sehr müde, aber sehr, sehr glücklich. Charles ist sehr gut gefahren", sagte der Italiener, ehe er Vettel in Schutz nahm: "Es ist eine Schande, was ihm passiert ist. Er hatte eine gute Pace. Es ändert nichts an der Ausrichtung im Team. Wer gewinnen kann, soll gewinnen."

Wie viel Wert die warmen Worte haben, wird sich erst noch zeigen müssen, denn Vettel hatte nicht seinen ersten Blackout. Die Szene des Rennens spielte sich bereits in der siebten Runde ab.

In der dritten Schikane leistete Vettel sich auf Rang vier liegend einen Dreher, direkt danach folgte der nächste große Patzer. Bei der Rückkehr auf die Strecke touchierte er das Auto von Racing-Point-Pilot Lance Stroll.

Lance Stroll beschimpft Vettel

"Er fährt wie ein Idiot auf die Strecke zurück", schimpfte der Kanadier per Funk. Vettel musste sich einen neuen Frontflügel holen und fiel ans Ende des Feldes zurück, zudem bekam er nach dem Manöver gegen Stroll eine zehnsekündige Stop-and-Go-Strafe.

"Eine kleine Unachtsamkeit, und schon hatte ich das Auto verloren. Da war klar, dass der Zug abgefahren ist", sagte Vettel: "Dann wollte ich zurück auf die Strecke. In der Situation habe ich nichts gesehen, das habe ich auch nicht gut gemacht."

Das Italien-Rennen galt für den 32-Jährigen als wegweisend: Eine erneute Niederlage im Teamduell vor den Augen Tausender Italiener und Piero Ferrari, dem Sohn des legendären Firmengründers, hatte sich Vettel nicht leisten dürfen. Das Zustandekommen der Pleite dürfte seine Rolle als Nummer zwei der ruhmreichen Scuderia nun letztlich zementiert haben.

Leclerc dürfte dagegen noch mehr Selbstvertrauen getankt haben. Seinen Status als Nummer eins untermauerte er mit der eigenen Leistung. Er lieferte sich packende und hart geführte Zweikämpfe mit den Mercedes-Piloten, zunächst mit Weltmeister Lewis Hamilton, später mit Valtteri Bottas - letztlich holte der Finne Rang zwei vor Hamilton. Nico Hülkenberg fuhr im Renault auf den starken fünften Platz.

Leclerc (182 Punkte) zog damit auch in der WM-Wertung an Vettel (169) vorbei. Spitzenreiter bleibt Hamilton (284), der auf seinen sechsten WM-Titel zusteuert. "Es war nicht ganz unser Tag, aber wir haben gute Punkte geholt", sagte er: "Ich denke noch nicht an den Titel, auch wenn die Führung beruhigend ist."

(sid/old)
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