Beginn der "Schumi-Mania" Schumachers erster WM-Titel jährt sich zum 25. Mal

Hamburg · 13. November 1994: Michael Schumacher gewinnt seinen ersten von sieben WM-Titeln und versetzt das Land in einen Freudentaumel.

 Michael Schumacher auf den Schultern von Flavio Briatore (r).

Michael Schumacher auf den Schultern von Flavio Briatore (r).

Foto: dpa/Harry Melchert

Michael Schumacher klammerte sich hilflos an einen Sicherheitszaun, starrte auf die Rennstrecke - und fing an zu zählen. All die anderen fuhren "einmal, zweimal und schließlich ein drittes Mal an dieser Stelle vorbei. Ich wartete auf Damon Hill, aber er kam nicht. Das waren die längsten drei Runden meines Lebens", sagte Schumacher einmal über die Momente des Hoffens, des Bangens, der Hilflosigkeit, der Erlösung.

Hinter dem Gitterzaun im australischen Adelaide wuchs bei "Schumi" nur langsam die Gewissheit, dass er als erster deutscher Formel-1-Weltmeister Geschichte geschrieben hatte. "Selbst nachdem mir dann der Streckenposten ins Ohr geflüstert hatte, ich wäre jetzt Weltmeister - ich konnte es irgendwie noch nicht glauben", sagte der damals 25-Jährige. Und im über 15.000 Kilometer entfernten Heppenheim jubelte der kleine Sebastian Vettel vor dem Fernseher über den Triumph seines Idols.

"Ich kann mich noch erinnern, als die zwei kollidierten und Michael ausfiel. Wie er gezittert hat, vor dem Ungewissen stand. Als dann klar war, dass Damon Hill einen Defekt hatte, waren mein Vater und ich zu Hause ganz aus dem Häuschen", sagte Ferrari-Star Vettel RTL.

Und in der Nacht von Adelaide fielen dann auch bei Schumacher alle Hemmungen. Mit einem schwarzen Cowboy-Hut auf dem Kopf, seinem bis zum Bauchnabel aufgeknöpften weißen Hemd, blauen Jeans und hellbraunen Cowboy-Stiefeln tanzte der neue Held der Nation bis 4.55 Uhr am nächsten Morgen. Beim Katerfrühstück gab es dann auch die Versöhnung mit dem geschlagenen Damon Hill. "Am Montagmorgen kam Damon Hill zu mir zum Frühstückstisch und hat mir gratuliert. Das ist der schönste Moment für mich gewesen", sagte Schumacher.

Mick Schumacher fährt im Auto von Vater Michael Schumacher
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Mick Schumacher fährt im Auto seines Vaters

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Foto: afp

Denn das Finale einer denkwürdigen Saison, in der Schumacher zweimal disqualifiziert und sogar für zwei Rennen gesperrt worden war, in der sein Vorsprung auf Hill vor Australien auf einen Punkt (92:91) zusammengeschrumpft war, war genauso spektakulär wie umstritten. Dann der ultimative Showdown, den RTL am Mittwochabend (ab 20.15 Uhr) zum Anlass für einen Themenabend über Schumacher nimmt.

In der 36. Runde kam der in Führung liegende Schumacher von der Strecke ab, touchierte eine Mauer und schleuderte vor Hill wieder auf die Strecke. Der Engländer wollte in der folgenden Rechtskurve innen überholen, doch Schumacher machte dicht. Hills Williams hebelte beim Auffahren Schumachers Benetton aus, der auf zwei Rädern Richtung Reifenstapel schleuderte. Hill rette sich mit einem platten Vorderreifen in die Box, doch eine gebrochene Vorderradaufhängung beendete alle Titelträume. Und ließen bei Hill bittere Tränen fließen.

Auch für Schumacher war es ein Tag der großen Gefühle. Er rang um Fassung und kämpfte mit den Tränen, als er seinen ersten Titel dem in der Saison verunglückten Brasilianer Ayrton Senna widmete. "Für mich war immer klar, dass Ayrton die WM gewinnen wird, er war der beste Fahrer im besten Auto. Sein tödlicher Unfall in Imola hat uns zutiefst betroffen gemacht", sagte Schumacher.

Der Beste - das sollte Michael Schumacher selbst in den kommenden Jahren werden. Der Kerpener ließ sechs weitere Titel folgen, davon fünf mit Ferrari, das der Deutsche aus dem Dornröschenschlaf weckte. Dazu schaffte er 91 Grand-Prix-Siege, 68 Pole Positions - Michael Schumacher stieg in den Olymp des deutschen Sports auf, verdiente Millionen über Millionen und löste die "Schumi-Mania" im Land des Automobil-Erfinders aus. Seine Rekorde schienen für die Ewigkeit, doch mittlerweile ist ihm Lewis Hamilton auf den Fersen. "Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals auch nur in seine Nähe kommen würde", sagte der Mercedes-Star und sechsmalige Titelträger.

Noch heute ist die Anteilnahme an Schumachers Schicksal ungebrochen, seit er am 29. Dezember 2013 im französischen Meribel bei einem Skiunfall ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten hat. In diesen Tagen werden sich viele Fans auch wieder an 1994 erinnern. Als Schumacher den Zaun umklammerte und zählte.

(eh/sid)
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