Mercedes patzt in Monaco „Wenn der Druck da ist, machen sie Fehler“

Monte Carlo · Mercedes und Lewis Hamilton erlebten in Monaco ein Wochenende zum Vergessen. Der Hauptkonkurrent bleibt Red Bull, doch auch Ferrari und McLaren werden immer gefährlicher.

 Lewis Hamilton im Mercedes.

Lewis Hamilton im Mercedes.

Foto: AP/Luca Bruno

Die Schimpftiraden ließ Lewis Hamilton im Rennwagen, seinen Frust trug der Formel-1-Rekordweltmeister nach dem Desaster von Monaco aber noch lange mit sich herum. "Als Team sind wir hinter unserer Leistungsfähigkeit zurückgeblieben", ärgerte sich der Mercedes-Star nach Platz sieben in seiner Wahlheimat und dem unerwarteten Verlust der Führung in beiden WM-Wertungen an Max Verstappen und Red Bull.

Hamiltons Boss Toto Wolff war gar "zum Heulen" zumute, doch der pragmatische Österreicher tat sogleich das, was er immer tut, wenn sein Dauersieger-Team auf Normalmaß gestutzt wird: Er betätigte entschlossen den Alarmknopf. "Morgen wird der Finger in die Wunde gelegt und umgerührt. Im wahrsten Sinn des Wortes", sagte Wolff bei ServusTV.

In der Vergangenheit waren derartige Ankündigungen für die Konkurrenz keine gute Nachricht. Mercedes kam stets stark zurück und erstickte jegliche Diskussion im Keim. Es stellt sich aber die Frage, ob dies in zwei Wochen in Baku so einfach gelingen wird.

Red Bull ist so stark wie seit den Weltmeisterjahren mit Sebastian Vettel nicht mehr, erstmals seit dem Ende der Saison 2013 führt der Bullen-Stall beide WM-Wertungen an. Der erst 23-jährige Verstappen zeigte sich unbeeindruckt vom noch ungewohnten Titeldruck und verwandelte den 14-Punkte-Rückstand auf Hamilton durch den souveränen Erfolg auf seiner bisherigen Angststrecke in eine 4-Punkte-Führung.

"Es ist schön, meinen Namen ganz oben in der WM-Tabelle zu sehen", sagte der Niederländer, "aber ich wäre glücklicher, wenn das am Ende der Saison so wäre." Überhaupt dürfe Monaco "nicht darüber hinwegtäuschen, dass Mercedes noch immer sehr stark ist".

Tatsächlich ist der Klassiker im Fürstentum ein Unikat im Kalender. Nirgends geht es enger zu, allenfalls in Singapur kommt dem Qualifying eine ähnliche Bedeutung zu. Und doch sollte Mercedes gewarnt sein, denn Red Bull darf nach derzeitigem Stand in Baku noch seinen flexiblen Heckflügel einsetzen, der auf den Geraden deutliche Vorteile bringt. Für Wolff ein Unding. Bei Sky UK rief er den Weltverband FIA dazu auf, "das Thema vor Baku zu regeln. Wenn nicht, wird es schmutzig."

Auch wird McLaren immer stärker, und zur allgemeinen Verwunderung sendete auch Ferrari mehr als ein Lebenszeichen. Scuderia-Star Charles Leclerc war bei seinem Heimspiel der eigentliche Mann des Wochenendes: Schnellster im Freitagstraining, Pole Position, dann der dramatische Nicht-Start am Sonntag wegen technischer Probleme.

Sein Teamkollege Carlos Sainz (26) sprang in die Bresche und überzeugte als Zweiter. Der 21-jährige Lando Norris im McLaren komplettierte das zweitjüngste Podium der Formel-1-Geschichte. Hamiltons Thronfolger klopfen bereits an.

Wie bei Mercedes muss man aber auch bei Ferrari die Frage stellen, wie aussagekräftig Monaco mit Blick auf die ausstehenden 18 Rennen ist. Auf eine schnelle Runde waren die Roten in der bisherigen Saison stärker als im Renntempo - das im Fürstentum wegen fehlender Überholmöglichkeiten nicht so sehr ins Gewicht fällt.

Dass in Monaco die Möglichkeiten im Rennen begrenzt sind, ist hinlänglich bekannt. Umso mehr verwunderte die Mercedes-Taktik, Hamilton mit einem Set-up auszustatten, das auf das Rennen ausgerichtet war.

Der Mann der 100 Poles bekam so im Qualifying seine Reifen nie ins richtige Temperaturfenster, startete nur von Rang sieben - und konnte trotz der Ausfälle von Leclerc sowie seines Teamkollegen Valtteri Bottas wegen einer nicht zu lösenden Radmutter (!) keine Position gutmachen, weil die Mercedes-Strategen sich beim Boxenstopp verzockten. "Was ist da passiert? Das darf nicht passieren", stauchte Hamilton seine Ingenieure via Funk zusammen.

In der Folge konnte der siebenmalige Weltmeister weder Sebastian Vettel im schwer zu beherrschenden Aston Martin noch den Franzosen Pierre Gasly aus Red Bulls B-Team Alpha Tauri gefährden. "Wenn der Druck da ist, machen sie Fehler", freute sich Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko bei Sky.

(sid/old)
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