Der „Iceman“ vor seinem letzten Rennen Räikkönen ist „glücklich, dass es bald zu Ende ist“

Abu Dhabi · Für Kimi Räikkönen ist am Sonntag Schluss. Beim Saisonfinale in Abu Dhabi bestreitet der Finne sein letztes Formel-1-Rennen. Vermissen wird er natürlich nichts. Sagt er.

Kimi Räikkönen nimmt ein letztes Mal als Formel-1-Fahrer seinen Helm ab, die Augen glasig, dann ein Schluchzen, ausgiebig winkt der Ex-Weltmeister den Zuschauern in Abu Dhabi zu. Ein realistisches Szenario? Natürlich nicht! "Warum sollte man emotional werden? Ich bin glücklich, dass es bald zu Ende ist", sagte der Iceman vor seinem 350. und letzten Rennen in der Königsklasse (Sonntag, 14.00 Uhr MEZ/Sky).

Ein Milchgesicht war er bei seinem ersten Grand Prix am 4. März 2001 in Melbourne, wenig erfahren in Formelserien noch dazu. Die Skepsis legte sich schnell. Nach einer starken Debütsaison bei Sauber holte ihn McLaren, der "Iceman" war geboren: Unfassbar schnell, kühl bis ans Herz. 2007 beerbte er Michael Schumacher bei Ferrari und wurde gleich im ersten Jahr bei den Roten Weltmeister. Seither wartet die Scuderia auf den Fahrertitel.

Mit 42 Jahren ist der zweimalige Familienvater mittlerweile der Senior in der Formel 1. Zwei Dinge haben sich über die Jahre nicht geändert: Räikkönen ist ein großer Schweiger - und genießt deswegen Kultstatus. Und: Um eine Party kann er nur schwer einen Bogen machen.

Seine schillerndste Eskapade wird auf neun Seiten in der Biographie "Der unbekannte Kimi Räikkönen" ausgebreitet. "16 Tage" heißt das Kapitel und handelt von einem regelrechten Alkoholmarathon. Darin geht es unter anderem um den Privatjet eines Scheichs und einen im Suff gestauchten Knöchel. An einem Montag hört Räikkönen auf zu trinken, am folgenden Sonntag wird er Dritter beim Großen Preis von Spanien. Einer von 103 Podiumsplätzen.

Keine schlechte Ausbeute sind auch Räikkönens 21 Grand-Prix-Siege, wobei er nur einen davon in den vergangenen acht Jahren errang (USA 2018). Tatsächlich ging es in Räikkönens Karriere nach seinem Fahrertitel etwas bergab, das Feuer im Iceman loderte nicht mehr so stark. Gut genug für die Formel 1 war er aber immer noch, sonst wird man nicht der Pilot mit den meisten Grand-Prix-Starts - auch wenn ihn Fernando Alonso (333) bald überholen dürfte.

Räikkönen wird das einerlei sein, wenn man seinen Worten glauben darf. Womöglich bekommt er es nicht mal mit, denn zum Stammzuschauer von Formel-1-Rennen will der Schweiger aus Espoo im Ruhestand nicht werden: "Ich denke, ich werde schon einige Rennen sehen. Vielleicht nicht in voller Länge. Mal schauen."

Die Formel 1 wird ihn in jedem Fall vermissen. Sparsame Mimik und pointierte, oft gelangweilt vorgetragene Aussagen sind sein Markenzeichen. Seine Antworten sind den Fans lieb gewordene Standardfloskeln, gegen die jeder noch so kritische Fragesteller keine Chance hat. "It's not my business" ("Das ist nicht mein Thema") oder "I expect normal stuff, as always" ("Ich erwarte das Übliche"). Keine weiteren Fragen mehr, danke.

(sid/old)
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