„Traurig für den Sport“ Alonso rechnet bei seinem Jubiläum mit der Formel 1 ab

Montreal · Fernando Alonso wird in Montreal für sein 300. Formel-1-Rennen gefeiert, doch der Spanier ist mit dem Kopf ganz woanders. Einer der besten und populärsten Fahrer seiner Generation hat die Liebe zur Königsklasse verloren.

Fernando Alonso ist bei den Autogrammjägern noch immer gefragt, aber um den Titel fährt der Spanier nicht mehr mit.

Fernando Alonso ist bei den Autogrammjägern noch immer gefragt, aber um den Titel fährt der Spanier nicht mehr mit.

Foto: AP/Tom Boland

Die große Zahl war allgegenwärtig. "300" auf dem Jubiläumsgebäck, "300" auf der großen Videowand, "300" auf zahlreichen T-Shirts und Basecaps im gesamten Fahrerlager von Montreal. Die Königsklasse feierte Fernando Alonso ausgiebig, nur der Jubilar selbst wollte sein 300. Rennen gerne so schnell wie möglich hinter sich bringen. Er hat zur Zeit besseres zu tun als die Formel 1.

"Ganz ehrlich", sagte der Spanier in all die Feierlichkeiten hinein, "ich fahre mit McLaren ja nicht um die WM. Deshalb ist Le Mans für mich die große Priorität in diesem Jahr." Beim legendären 24-Stunden-Rennen nämlich gibt Alonso am kommenden Wochenende sein Debüt. Und der Gedanke daran elektrisiert ihn, ganz anders als der Formel-1-Alltag beim Durchschnittsteam McLaren.

Das liegt zum einen daran, dass Alonso im Herbst seiner Rennsportkarriere noch einem großen Traum nachjagt. Er will die Triple Crown des Motorsports gewinnen, Triumphe beim Grand Prix von Monaco, in Le Mans und bei den Indy 500, wo er schon im vergangenen Jahr debütierte. Nur der Brite Graham Hill hat dies bislang geschafft.

Doch irgendwie ist die Formel 1 dem zweimaligen Weltmeister auch spürbar fremd geworden. Zwölf Jahre liegt sein letzter Titelgewinn zurück, fünf Jahre sein letzter Sieg. Seit seinem Wechsel von Ferrari zu McLaren hat Alonso kein gutes Auto mehr - und damit keine Waffe. Das Schattendasein frustriert ihn.

"Die Formel 1 ist eben eine Konstrukteurs-WM", sagt er, "keine Fahrer-WM." Hier könne er nicht zeigen, wozu er im Stande ist, alles sei zu vorhersehbar geworden: "Es gibt 21 Rennen im Jahr, und wir alle wissen, was passieren wird."

Was ihn so sehr stört, erklärt der Fußball-Fan am Beispiel der anstehenden WM in Russland. "Es gibt Favoriten, aber keine Garantie dafür, dass Deutschland, Spanien oder Brasilien gewinnen", sagt der 36-Jährige: "Hier in der Formel 1 weiß dagegen jeder, dass Mercedes oder Ferrari vorne stehen werden. Und das ist traurig für den Sport."

Kritik teilweise unsachlich

Positiver äußerte sich Alonso in Montreal übrigens zur ausgeglicheneren IndyCar-Serie. Und es ist durchaus vorstellbar, dass er schon im kommenden Jahr der Formel 1 den Rücken kehrt, um in den USA zu starten. Vielleicht gemeinsam mit McLaren. Geschäftsführer Zak Brown führt in dieser Sache bereits Gespräche in den Staaten.

Wer Alonsos Fundamentalkritik an der Formel 1 hört, hört allerdings auch die etwas unsachliche Kritik eines gekränkten Egos. Denn so ausgeglichen wie momentan war die Formel 1 an der Spitze seit Jahren nicht. In Ferrari, Mercedes und Red Bull liegen drei Teams annähernd auf Augenhöhe. Der Sieger ist keineswegs vorhersehbar.

Ganz anders liegen die Dinge übrigens an Alonsos Sehnsuchtsziel. Bei den 24 Stunden in Le Mans wird das Toyota-Werksteam des Spaniers am kommenden Wochenende das einzige mit realistischen Siegchancen sein. Nach dem Rückzug von Porsche kann sich kein anderes das komplexe Hybridsystem leisten. Auch hier kann der Fahrer also kaum einen Unterschied machen. Aber Alonso sitzt eben im richtigen Auto.

(SID)
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