Sicherheitsbedenken im Formel-1-Zirkus Die Angst in Bahrain wächst

Manama · Das erste Teammitglied reist schockiert ab, der erste Rennstall blieb gleich zu Hause: Schon im Vorfeld des Formel-1-Rennens in Bahrain waren die Unruhen und möglichen Gefahren im Goldstaat trotz anderslautender Versprechungen erstmals auch für Mitglieder des PS-Zirkus greifbar.

Formel-1-Proteste in Bahrain
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Die Angst vor Zwischenfällen am Wochenende wurde dadurch weiter geschürt.

Geradezu wie Hohn wirken vor diesem Hintergrund die Bemühungen der Regierung, Streckenbetreiber und nationalen Medien. Sie bezichtigten Menschenrechtsorganisationen und internationale Presse einer vermeintlichen Kampagne und mutwilliger Panikmache; zudem präsentierten sie den ehemaligen Oppositionsführer, um mit zweifelhaften Parolen alle Bedenken zu zerstreuen.

Die Versuche der Bahrainis, sich ihr prestigeträchtiges Rennen nicht "kaputtmachen" zu lassen, erscheinen spätestens seit Mittwochabend höchst zweifelhaft. Denn da wurden vier Mechaniker des Rennstalls Force India Zeugen eines Anschlages.

Bombe explodierte auf der Straße

Der Bus mit den Mitgliedern des Teams von Nico Hülkenberg musste auf dem Rückweg von der Strecke zum Hotel anhalten, da auf der Straße eine Benzinbombe detoniert war.

Von den Team-Mitgliedern wurde niemand verletzt, sie waren nach Aussage eines Force-India-Sprechers auch "am Donnerstag alle an der Strecke". Ein anderer Force-India-Angestellter zog daraus für sich aber die Konsequenz, nach Hause zu fliegen. Das bestätigte der Team-Sprecher dem SID. Zudem erklärte er indirekt, dass sich der Automobil-Weltverband FIA mit dem Zwischenfall beschäftigen werde: "Ich möchte nicht spekulieren, aber das Thema ist nun in der Öffentlichkeit."

Nachdem die Bombe ein Loch in die Straße gerissen hatte, hatte sich ein Stau gebildet. In diesem stand auch der Van der Force-India-Mitarbeiter, sodass die Mechaniker die Folgen des Zwischenfalls mit eigenen Augen sahen. Menschen liefen aufgeschreckt umher, ob und wie viele verletzt wurden, war zunächst nicht bekannt. Klar ist: Wenige Sekunden später hätten auch die Force-India-Angestellten Opfer des Anschlags werden können. Dies zeigt, dass die Beteuerungen, für die Mitglieder der "Formel-1-Familie" bestehe keinerlei Gefahr, nicht haltbar sind.

Doch während sich die Formel-1-Rennställe vertragsgetreu der FIA-Vorgabe beugten und Williams sogar eine Catering-Managerin entließ, die die Reise nach Bahrain verweigerte, zog der Deutsche Karsten Militor sein MRS-Team vom Rahmenrennen des Porsche Supercups zurück.

"Wir wollten damit keine Stellung beziehen, wir hatten schlicht und ergreifend Sicherheitsbedenken. Ich bin für die Teammitglieder verantwortlich und wollte nicht, dass etwas passiert", sagte Molitor dem SID: "Die Entscheidung ist eigentlich schon vor etwa zwei Wochen gefallen. Bekannt gegeben haben wir die Entscheidung dann erst jetzt, weil wir nicht für Aufsehen sorgen wollten."

Keine negativen Reaktionen

Mit dem Rückzug riskiert der Rennstall sogar, möglicherweise für den Rest der Saison nicht mehr nicht mehr punktberechtigt zu sein und auch kein Preisgeld mehr zu bekommen. "Ich gehe nicht davon aus, dass das passieren wird", sagte Molitor: "Wir respektieren, wenn jemand runtergeht, und wir möchten auch respektiert werden, wenn wir zu Hause bleiben. Das sollte eigentlich keine große Sache sein." Negative Reaktionen habe er seit dem Entschluss nicht bekommen.

Derweil attackierte das bahrainische Ministerium für Menschenrechte und soziale Entwicklung in einer offiziellen Mitteilung die Organisation Human Rights Watch und bezeichnete deren Statement als "ausgedacht, bewusst und vorsätzlich, um die Situation genau gegenteilig darzustellen als sie in Wirklichkeit ist".

Der Geschäftsführer der Rennstrecke, Fayaz Ramzy Fayez, sprach von einer "Nervosität, die durch unnötige Medienberichte" geschürt worden sei und erklärte: "Trotz allem ist die Vorfreude auf das Rennen genauso groß wie bei der ersten Auflage 2004." Die örtliche Zeitung Daily Tribune titelte in großen Buchstaben: "Die Anti-F1-Kampagne ist gescheitert."

Skurrilerweise trat auch der Ökonom Jasim Husain, fünf Jahre lang Spitzenvertreter der schiitisch-islamischen Gesellschaft Wifak, am Donnerstag vor die internationale Presse an der Strecke und versicherte: Die meisten Bahrainis freuten sich auf das Rennen, Sicherheit sei "kein großes Thema in Bahrain", die Bahrainis seien "ein tolerantes Volk, das Gewalt ablehnt". Einen Tag zuvor war er noch mit den Worten zitiert worden: "Ich habe durchaus Angst, dass es zu einigen Zwischenfällen kommen wird."

(sid)
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