Einzug ins Endspiel Welchen Lerneffekt das Halbfinale für Rhein Fire haben kann

Düsseldorf · Rhein Fire hatte im Halbfinale gegen Frankfurt Galaxy offensiv einen verhaltenen Start, kann und will aber daraus lernen. Wie es gelungen ist, das Spiel zu drehen und wie wichtig die Defense dafür war.

ELF Halbfinale: Rhein Fire gegen Frankfurt Galaxy: die Bilder des Spiels​
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Rhein Fire - Frankfurt Galaxy: die Bilder des Spiels

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Foto: Rhein Fire/Justin Alexander Derondeau

Zwei Drives ohne First Down zum Start des Spiels für Rhein Fire? Ungewöhnlich. Halbzeitrückstand? 2023 noch nie da gewesen. Bis Sonntag. Da stand es nach zwei Vierteln 16:14 für Frankfurt Galaxy. Und Fires Angriff, bislang in dieser Saison nicht zu stoppen, hatte noch nicht wirklich ins Spiel gefunden.

„Wir waren ein bisschen verkrampft. Das geht nicht. Es ist nur ein weiteres Footballspiel“, meinte Head Coach Jim Tomsula hinterher. Er lobte den Gegner aus Frankfurt für seine gute Leistung und kündigte an, mit dem eigenen Team auf der mentalen Ebene noch einmal durchzugehen, mit welcher Herangehensweise man in jedes Spiel gehen will und bisher gegangen ist. „Manchmal bekommt man diese Extra-Energie in den Play-offs. Dann ist die Frage, wie du damit umgehst“, sagte Tomsula. „Nachdem wir uns alle beruhigt hatten, waren wir bereit, loszulegen.“

In Hälfte zwei lief es bekanntlich deutlich besser, was Tomsula auch lobend erwähnte. Fire gewann am Ende mit 42:23 und steht im Finale am kommenden Sonntag gegen Stuttgart Surge. Einen weiteren so zurückhaltenden Start der Offensive sollte man dabei nicht erwarten, denn der aus dem Frankfurt-Spiel hat für Tomsula im Nachhinein auch etwas Gutes: „Das könnte sich als sehr guter Lerneffekt für uns herausstellen.“

Wie Rhein Fire das Spiel gedreht hat und weitere Notizen zum Halbfinale:

Langsamer Start: Von den Zahlen her sah das Laufspiel von Rhein Fire im ersten Durchgang gar nicht so schlecht aus mit sechs Läufen für 30 Yards. Aber es gab eben auch nur diese sechs, weil man zunächst keinen Rhythmus fand. Bis zum letzten Drive vor der Halbzeit, der recht rund lief, hatte Quarterback Jadrian Clark gerade einmal vier Pässe angebracht für 41 Yards. „Von allen Teams, gegen die wir gespielt haben, ist das die am besten gecoachte Defense. Sie haben unseren ursprünglichen Plan zunichtegemacht und uns so am Anfang aus der Balance gebracht“, bilanzierte Fires Offensive Coordinator Andrew Weidinger. Vor allem Frankfurts Tony Anderson habe einen guten Job gemacht, nach vorne in die Box zu kommen und sie gegen den Lauf zuzustellen. „Zum Glück haben wir rechtzeitig einen Weg gefunden“, sagte Weidinger: „Wir haben etwas mehr die Außen attackiert. Wir hatten eine Ahnung, dass wir das tun müssen. Im letzten Spiel hatten wir großen Erfolg durch die Mitte, also wussten wir, dass sie etwas anderes machen würden, um uns dort zu stoppen. Wir haben uns ein wenig angepasst und einen Rhythmus gefunden.“

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Foto: dpa, CA hpl

Sacks als Drive-Killer: Fires Defense brauchte nicht lange, um ins Spiel zu finden. Frankfurt erzielte zwar direkt im ersten Spielzug viel Raumgewinn, weil Till Janssen ein Foul beging. Danach aber wurde die Galaxy sofort gestoppt, Eric Adam gelang dabei im dritten Versuch ein Sack gegen Jakeb Sullivan (der in der offiziellen Statistik leider bis dato nicht auftaucht). Es war nicht der einzige Sack beim dritten Versuch: Gleich fünf von sechs gelangen in dieser Situation – und jedes mal waren die Drives der Galaxy damit beendet.

Es geht auch zu zehnt: Bei einem Spielzug im ersten Viertel hatte Rhein Fire einen Wechselfehler begangen und nur zehn Spieler auf dem Feld. Offenbar verwirrte das auch die Frankfurter, denn Fires Flamur Simon stürmte bei diesem Spielzug an der Offensive Line vorbei und brachte Running Back Samuel Shannon für drei Yards Raumverlust zu Boden.

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Foto: Rhein Fire/Justin Alexander Derondeau

Strafen: Der Spielzug mit zehn Mann ist gut gegangen, aber Fire leistete sich gegen Frankfurt weitere Aussetzer. Illegale Formationen, zwölf Spieler auf dem Feld (was im Gegensatz zu nur zehn Spielern zur Strafe führt), Fehlstart – insgesamt gab es neun Strafen für 139 Yards. Das liegt deutlich über dem Saisonschnitt (sechs für 59 Yards). Nicht gut.

Druck aus der zweiten Reihe: Fire musste gegen Frankfurt ohne Alejandro Fernandez und damit ohne den besten Quarterback-Jäger auskommen. Gleichzeitig war Druck auf Galaxys Jakeb Sullivan aber nötig: „Wenn er Zeit hat, dann ist er sehr gut. Wenn du nicht zu ihm durchkommst, dann kann er laufen und First Downs machen. Deshalb brauchten wir extra Druck“, erklärte Defensive Coordinator Richard Kent. Also schickte er immer mal wieder Safety Koi Freeman nach vorne in die Box auf Linebacker-Höhe sowie Flamur Simon und/oder Marius Kensy als zusätzliche Pass Rusher direkt an die Line of Scrimmage, mal außen, mal innen. Die Blitz-Quote erreichte ein neues Rekordhoch und lag bei über 50 Prozent. Mit Erfolg: Die beiden Linebacker verzeichneten am Ende gemeinsam drei Sacks und fünf Tackles für Raumverlust, dazu kamen wie bereits erwähnt drei weitere Sacks der Defensive Line.

Haare: Von Anfang an war das Spiel zwischen Fire und Galaxy von Galligkeit geprägt, es ist eben eine alte Rivalität. Am meisten erzürnte die Fire-Fans aber, als Running Back Glen Toonga von seinem Gegenspieler mit beiden Händen an den Haaren zu Boden gerissen wurde. Danach entstand auch auf dem Feld eine kleine Rangelei. Flaggen der Schiedsrichter flogen aber nicht; ein Tackle an den Haaren ist nicht verboten und ein bisschen Spielraum für Schubsereien (oder etwas mehr) nach einem solchen gibt es auch. In den sozialen Medien forderten manche eine Änderung der Regel, die in der NFL (die ELF hat die Regeln größtenteils übernommen) auch schon einmal diskutiert wurde. Stand heute ist das aber alles legal, so unsportlich und gefährlich es auch aussieht.

Glücksspiel: Rhein Fire wollte Galaxy die Big Plays von 20 oder mehr Yards wegnehmen, die man vor zwei Wochen noch reihenweise geschluckt hatte. Das klappte auch besser als noch zwei Wochen zuvor. Teil des Plans war es, den Gegner dazu zu bringen, vor allem die Mitte des Feldes zu attackieren, was dessen schlechteste Option wäre. „Wenn du Nummer 2 in der Mitte stehen siehst, dann wirfst du da nicht hin“, sagte Richard Kent. Mit „Nummer 2“ ist Omari Williams gemeint, gemeinhin einer der besten Verteidiger der Liga. Und einer, der harte Hits auspackt. „Sie haben es ein paar Mal versucht und wurden zerstört“, merkte Kent an. Wie zum Beispiel zu Beginn des dritten Viertels, als Galaxys Quarterback Sullivan zu seinem Wide Receiver Janez von Renesse warf, der den Ball zwar fing, dann aber sofort eine harte Schelle von Williams kassierte, sodass er danach erst einmal behandelt werden musste (aber später weitermachen konnte). Wegen eines Holdings war dann auch noch alles umsonst. Zudem ist Fires Safety immer auf Balljagd und hat bereits vier Interceptions auf dem Konto. „In die Mitte zu werfen ist Glücksspiel“, sagte Kent.

Alles wie immer: Jim Tomsula predigt seit Saisonbeginn, dass jedes Spiel gleich wichtig sei und man deshalb auch jedes auf die gleiche Art und Weise angehe. Da ist auch das Finale keine Ausnahme. Für Rhein Fire steht somit eine ganz normale Trainingswoche mit Vorbereitung auf eine Partie am Sonntag an. Gratulationen zum Einzug ins Endspiel nahm Tomsula deshalb nur widerwillig entgegen: „Wir haben es in ein weiteres Spiel geschafft“, entgegnete der Head Coach nüchtern. Nicht mehr, nicht weniger.

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