Finale der ELF Stuttgart Surge kann das Tempo von Rhein Fire nicht mitgehen
Duisburg · Stuttgart Surge konnte mit Rhein Fire im Finale der European League of Football (ELF) letztlich nicht ganz mithalten. Das lag auch daran, dass Fire sich weigerte, den Ball abzugeben und die gegnerische Offensive zumindest kurzzeitig abmeldete.

Stuttgart Surge - Rhein Fire: Bilder des Spiels
Zweifelsfrei ist er einer der Architekten und hat einen riesengroßen Anteil daran, dass Rhein Fire am Sonntag gegen Stuttgart Surge den Titel in der European League of Football (ELF) gewann: Jim Tomsula. Doch der Head Coach würde das nie über sich selbst sagen. Am Vorabend des Endspiels, als er als Trainer des Jahres ausgezeichnet wurde, nahm er den Preis nur stellvertretend für die gesamte Rhein-Fire-Organisation entgegen. Er hänge in seiner Position „von allen anderen ab, vom Staff, den Spielern, den Assistenztrainern“.
Es passte also ins Bild, dass Tomsula die ihm von Commissioner Patrick Esume überreichte Trophäe sofort an Patrick Poetsch weiterreichte, der sie dann als erster in die Höhe streckte. Zumindest lächelte er bei der Übergabe aber glücklich, denn natürlich bedeutet auch ihm dieser 53:34-Erfolg einiges.
Einige Beobachtungen zu Rhein Fires Sieg im Finale, der den Abschluss einer perfekten Saison darstellte:
Anfangs fehlt der Zugriff
Im ersten Ballbesitz des Spiels konnte Stuttgart Surge relativ einfach das Feld überqueren. Zwölf Spielzüge waren es für 70 Yards und Rhein Fire hatte noch überhaupt keinen Zugriff, die Run-Pass-Options des Gegners klappten nahezu perfekt. Von den zwölf Plays waren zwei Pässe unvollständig, ansonsten gab es nur positive Yards für Surge. Am Ende warf Reilly Hennessey einen Touchdown-Pass zu Louis Geyer.
Mehr Masse
Stuttgart spielt meistens mit lediglich drei Defensive-Line-Spielern, ansonsten attackieren unterschiedliche Spieler aus der Linebacker-Reihe. Bestimmt auch, um diesen numerischen Vorteil (fünf in der Offensive Line gegen drei) direkt an der Line of Scrimmage noch zu vergrößern, spielte Rhein Fires Angriff zu Beginn oft mit zwei Running Backs oder zwei Tight Ends. In der Saison zuvor waren die Formationen mit jeweils oder insgesamt nur einem davon öfter genutzt worden. Im ersten Ballbesitz klappte das noch nicht, das Laufspiel nahm trotz der Menge und Masse an Blockern keine Fahrt auf. Beim ersten Passversuch stand Quarterback Jadrian Clark unter Druck. „Da haben sie uns in einem Cover-Zero-Look erwischt“, sagte Clark hinterher. Heißt: Stuttgart deckte alle Passempfänger Mann-gegen-Mann, der Rest machte Druck. Danach lief es aber besser und beim ersten Touchdown durch Nathaniel Robitaille machten sich die vielen geübten Blocker bezahlt. „Wir haben als Team einen Weg gefunden, zu gewinnen, und das ist das Schöne“, sagte Clark.

Die Gewinner der „ELF Honors“
Abgewehrt
Rhein Fires Defense kam mit der Zeit besser mit Stuttgarts Spielweise zurecht. Zwar wurde weiterhin nicht wirklich geblitzt (Quarterback Hennessey stand kaum mal unter Druck), doch zumindest die Passverteidigung auf der Kurz- bis Mitteldistanz passte. Omari Williams und Till Janssen wehrten im zweiten Stuttgarter Ballbesitz jeweils einen Pass der Stuttgarter stark ab, im nächsten Drive war es Flamur Simon beim dritten Versuch und wiederum im nächsten Drive Soufyan Dardour bei einem vierten Versuch. So blieb Stuttgart dreimal ohne Punkte und Fire ging 21:6 in Führung. Surge probierte es daraufhin öfter tief, was dann besser klappte und das Spiel lange offen hielt.
Der Leichtathlet, der fangen kann
In seiner Jugend war Glen Toonga in der Leichtathletik unterwegs und zeigte seine Fähigkeiten in diesem Bereich, als er auf dem Weg zu seinem Touchdown einen Gegenspieler übersprang wie eine Hürde auf der Laufbahn. Zuvor hatte er einen Pass von Jadrian Clark gefangen. Seine Fähigkeiten als Passempfänger gelten eigentlich als Schwachpunkt. „Wenn es darauf ankommt, werde ich den Ball fangen“, schrieb Toonga allerdings bei X, vormals Twitter, als er ein Video davon teilte. Widersprechen kann man ihm an dieser Stelle nicht.
Surge kann nicht mithalten
Es ist ein Thema, das sich durch die gesamte Saison zieht: Teams wie die Munich Ravens oder auch Frankfurt Galaxy haben starke Angriffsreihen und punkteten gegen Rhein Fire, doch bis zum Schluss konnten sie nicht mithalten. Stuttgart Surge auch nicht. Dabei probierte man alles: Kurz vor der Pause ging man volles Risiko und spielte einen vierten Versuch nahe der Rhein-Fire-Endzone aus, statt ein Field Goal zu schießen. Es wurde belohnt mit einem Touchdown und Head Coach Jordan Neuman bestätigte, dass es nichts damit zu tun hatte, dass er Kicker zuvor zwei Extrapunkte vergeben hatte: „Wir hatten das Gefühl, wir mussten das Tempo mitgehen.“ Es gab aber eben die bereits angesprochene Phase mit drei Ballbesitzen ohne Punkte, im dritten Viertel sorgte Fires Soufyan Dardour mit seinem Superman-Sprung für einen weiteren Rückschlag. Somit wurde der Rückstand irgendwann zu groß.
Tight-End-Touchdown
Wenn bei Rhein Fires Offensive irgendetwas nicht funktioniert hat 2023, dann das Einbinden der Tight Ends ins Passspiel. Das mag auch an der längeren Verletzungspause von Florian Eichhorn gelegen haben. Bis zum Endspiel hatte Rhein Fire in den 13 Spielen lediglich sieben Pässe zu Tight Ends angebracht (drei zu Eichhorn, vier zu Tim Sauerland). Zumindest war die Touchdown-Quote aber gut: Bei vier dieser sieben stand der Tight End in der Endzone. Im Finale war die Quote nun bei 100 Prozent: Eichhorn fing einen Pass für drei Yards und einen Touchdown.
4th Downs
Ein Grund, warum die Stuttgarter das Tempo nicht bis zum Schluss mitgehen konnten, war auch Rhein Fires Entschlossenheit, den Ball nicht abzugeben. Es gab den Punt nach dem ersten Ballbesitz und eine Interception, ansonsten punktete Fire neun Mal. Dabei wurde insgesamt fünf Mal der vierte Versuch ausgespielt und jedes Mal klappte es. Dabei waren auch Distanzen von elf und sieben Yards zu überbrücken. „Sie hatten viel Selbstvertrauen, die vierten Versuche zu konvertieren“, sagte Stuttgarts Cheftrainer Neuman. „Wir hatten Schwierigkeiten, sie zu stoppen.“ Und so wurde Fire letztlich mit 53 Punkten der verdiente Champion.