Doha Florian Mayer meidet den Trubel

Doha · 2008 hatte der Bayreuther seine Karriere schon fast aufgegeben, er hielt dem öffentlichen Druck nicht stand. Nun überraschte der 30-Jährige beim ATP-Turnier in Doha, bleibt aber trotz allem zurückhaltend.

Florian Mayer neigt nicht zu Höhenflügen. Selbst nach seinem Sensationssieg gegen Wimbledonsieger Andy Murray zeigte sich der Bayreuther Tennisprofi angesichts seiner dann anstehenden Aufgabe im Halbfinale des ATP-Turniers in Katar nüchtern realistisch. "Gegen Monfils habe ich noch nie gewonnen, noch nie einen Satz gewonnen. Mal schauen, was passiert", kommentierte Mayer. Das sollte sich auch diesmal nicht ändern. Er war erneut chancenlos und verlor glatt mit 3:6, 2:6.

Gael Monfils, Franzose mit karibischen Wurzeln und 31. der Weltrangliste, hatte zuvor im Viertelfinale Mayers Landsmann Daniel Brands mit 6:2, 6:1 aus dem Turnier geworfen. Im Juli vergangenen Jahres traf er das letzte Mal auf Mayer. In Stuttgart entschied damals Monfils das Spiel mit 2:0 Sätzen für sich.

Mit Mayer und Monfils trafen gestern auf dem Hartplatz zwei völlig unterschiedliche Spielercharaktere aufeinander. Dem Deutschen, derzeit Platz 40 der Weltrangliste, ist der Rummel um seine Person eher unheimlich, 2008 erlitt er gar ein Burnout ob des medialen Drucks, kämpfte sich nur mühsam wieder zurück. Der Franzose, der sich selbst "La Monf" nennt, ist ein Showman, er genießt das Rampenlicht, flirtet mit dem Publikum, streckt nach jedem Punkt die Hand zur Faust und tanzt. Er ist Weltklassespieler und Weltklasse-Entertainer in einer Person.

Der zurückhaltende Mayer – Hobby laut Homepage: Lesen, mit Vorliebe politische Sachbücher – gehört seit seinem jüngsten Coup gegen Murray wieder zu einer der Hoffnungsfiguren im deutschen Tennis. Auch Tommy Haas bescheinigte ihm, eine "sehr gute Rolle" zu spielen. In der Weltrangliste ist er nach Haas und Philipp Kohlschreiber der dritte Deutsche. Allerdings kann auch Mayer mit seinen 30 Jahren beim besten Willen nicht mehr als Nachwuchstalent bezeichnet werden und wird wohl kaum den fünf Jahre älteren Haas als letzten noch verbleibenden deutschen Tennisstar beerben. Und es ist typisch Mayer, dass er das auch selbst so sieht. "Klar habe ich ein großes Potenzial – aber die Zeit von Becker und Stich ist vorbei, so etwas wird es in Deutschland auch so schnell nicht wieder geben", sagte er in einem Interview.

Seit drei Jahren vertraut Mayer im Training auf Coach Tobias Summerer, ehemaliger Profi und damals Platz 159 der Weltrangliste. Nach seinem Burnout war es für Mayer wohl eine bewusste Entscheidung, einen engen Vertrauten zum Trainer zu machen. Die beiden kennen sich seit ihrem elften Lebensjahr.

Sechs Jahre zuvor, mit fünf, hatte Mayer zum ersten Mal einen Tennisschläger in der Hand. Seine Eltern nahmen ihn mit in den Tennisclub, er spielte gegen die Ballwand. Den Durchbruch im Profizirkus feierte er 2004 bei den Australian Open, als er in die 2. Runde einzog und in Wimbledon im Viertelfinale stand. Nach erfolglosen Finals in Sopot (damals ebenfalls gegen Monfils), Stockholm und München gelang ihm in Bukarest 2011 der erste Turniersieg.

Mayers Landsmann Peter Gojowczyk sah sich gestern einer fast unlösbaren Aufgabe gegenüber: Er musste im Halbfinale gegen den Weltranglistenersten Rafael Nadal antreten und verlor in drei Sätzen. Überraschen konnte der 24-Jährige, der nur auf Platz 162 der Weltrangliste steht, dennoch. Er gewann den ersten Satz mit 6:4, blieb dem Weltstar auf den Fersen. Schließlich musste sich Gojowczyk aber der technischen Überlegenheit des Mallorquiners geschlagen geben, der die folgenden Sätze mit 6:2 und 6:3 gewann. Der Spanier zollte Gojowczyk seinen Respekt: "Peter hat ein großartiges Turnier gespielt."

(RP)
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