Finke fremdelt noch mit Köln

Der neue Sportdirektor des Fußball-Bundesligisten muss sich an den Rummel in der Domstadt gewöhnen. Über den Andrang bei seinem Dienstantritt zeigt sich der ehemalige Freiburger Trainer sehr erstaunt.

Köln Volker Finke kommt überpünktlich. Er trägt Jeans und eine blau-graue Strickjacke, einen Kaffeepott bringt er mit aufs Podium im großen Saal des Geißbockheims. Irritation und Belustigung sprechen aus seinem Blick auf zwölf Kamerateams und ein Heer von Journalisten. Zwei Kanäle übertragen das Pressegespräch live. "Ich bin ein bisschen überrascht, dass das Interesse so groß ist", gesteht der bisherige Trainer des japanischen Klubs Urawa Red Diamonds an seinem ersten offiziellen Arbeitstag als Sportdirektor des 1. FC Köln.

Er wolle eine Idee von Fußball bei dem Bundesligisten entwickeln, die passenden Spieler verpflichten und den Nachwuchsbereich voranbringen. Und das alles aus dem Hintergrund. "Dafür braucht man nicht so viel Aufmerksamkeit", meint er. Nebenbei verweist er auf sein Recht auf ein Privatleben und auf Dinge, "die die Öffentlichkeit nicht interessieren sollten".

Als Finke ein Plüsch-Geißböckchen in die Hand gedrückt bekommt, wirkt er irritiert. Er muss sich an die Umstände gewöhnen. Am Rummel erkennt der 62-Jährige, dass "der FC eine sehr interessante Fußballmarke" ist. Wer die Hoffnung der FC-Fans auf bessere Zeiten trägt, bekommt Aufmerksamkeit im Übermaß. Er wird durchleuchtet und begutachtet. Bei Christoph Daums Rückkehr war das so und auch bei Lukas Podolski.

Die Kritik von Kölner Medien, er habe in den vergangenen Wochen auf der faulen Haut gelegen, während der Klub dringend eine Führung im sportlichen Bereich brauchte, kontert er umständlich: "Alle Fantasien zu irgendwelchen ausgiebigen Urlaubssituationen behandele ich großzügig – so wie nicht gelesen." 80 Prozent seiner Zeit habe er zuletzt in den Fußball investiert, um ein Netzwerk von Informanten in Asien aufzubauen. Und bei den Wintertransfers habe er aus der Ferne mitgewirkt.

Finke versucht, den FC zu verstehen. Warum hat sich trotz prächtiger Rahmenbedingungen kein dauerhafter Erfolg eingestellt? Dazu will er viel lesen und sich schlau machen. Der Sportdirektor hat sich vorgenommen, einen Grundgedanken von Fußball zu entwickeln. So dass der FC eine Art von Fußball spielt, die erfolgreich und unverwechselbar ist und die auch funktioniert, wenn neue Spieler kommen und alte gehen. So wie beim FC Barcelona (den er freilich nicht erwähnt) oder beim SC Freiburg, den Finke in seinen 16 Trainerjahren zu einer markanten Größe machte.

"Doch im Moment haben wir ganz andere Sorgen", weiß Finke, der sich selbst als "Azubi" auf dem neuen Posten bezeichnet. Es geht für den Nachfolger von Michael Meier zunächst einmal weniger um Visionen, sondern einzig und allein darum, zusammen mit Trainer Frank Schaefer irgendwie den Klassenerhalt zu bewerkstelligen. Der Klub steht auf Rang 16. Am Samstag kommt Bayern München.

(RP)
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