Gelsenkirchen 3:1 – Schalke 04 setzt auf das Prinzip Boateng

Gelsenkirchen · Erneut übernahm der ghanaische Nationalspieler Verantwortung. Mit seinen Toren gegen Bremen wendete er das Blatt.

Es war ein trister Fußballnachmittag in der Arena auf Schalke. Und es gab nicht viele Anzeichen dafür, dass die sportlichen Kräfte der Königsblauen in der Lage sein würden, für eine allgemeine Verbesserung der Stimmung zu sorgen. Zur Pause lagen die Hausherren 0:1 gegen den SV Werder Bremen zurück, und es galt Grundsätzliches zu klären. Kevin Prince Boateng übernahm die Aufgabe gerne. Als ihn ein Zuschauer beim Gang in die Kabine anmuffelte, ging er erstmals während seiner Schicht in die Offensive. "Ich habe ihm gesagt, er soll den Mund halten und uns anfeuern", berichtete der 26-Jährige.

Die Zeit des Raunens und Stöhnens auf der Tribüne war allerdings auch im zweiten Durchgang noch längst nicht beendet. Hervorgerufen wurden die Unmutsäußerungen der Anhängerschaft durch eine Schalker Mannschaft, die sich in der Defensive zu viele Unachtsamkeiten leistete und nach vorne lange nicht den Nachweis gehobener Klasse erfüllen konnte. Als die Stimmung so richtig schön im Keller war, war plötzlich Boateng zur Stelle. Zwei Kopfballtore (64. und 85.) von ihm reichten aus, um das Publikum im Revier wieder in kollektive Verzückung zu versetzen. "Der Matchwinner bin nicht ich, sondern die ganze Mannschaft. Wir haben uns gegen diese Niederlage gewehrt und viel Leidenschaft gezeigt", gab er später brav zu Protokoll. "Wir wissen selbst, dass es Dinge gibt, die wir verbessern können. Aber wir wissen vor allem auch, was wir können." Farfan erzielte nach sechswöchiger Verletzungspause schließlich noch das 3:1 (90.+1).

Jens Keller konnte sich in der Aufarbeitung der Ereignisse ein Schmunzeln nicht verkneifen. Warum er Boateng, bei dem eine Knieverletzung noch immer nicht vollständig ausgeheilt ist, nicht aus dem Spiel genommen habe, wurde der Trainer gefragt. "Weil ich wusste, dass er noch zwei Tore macht", antwortete er. Boateng habe ihm angezeigt, "dass es noch geht". Und sein Wort hat beim FC Schalke Gewicht.

Das wird auch deutlich bei seiner Entscheidung, nächste Woche wieder mit der ghanaischen Nationalmannschaft auf Reisen zu gehen. In Istanbul stößt er zur Auswahl — eine Woche später geht es nach Kairo, um die Qualifikation für die Weltmeisterschaft in Brasilien im kommenden Jahr perfekt zu machen. "Ich freue mich, endlich wieder in der Nationalmannschaft zu spielen", sagte Boateng. Sein letzter Auftritt für die Black Stars war vor zwei Jahren. "Wir wollen unbedingt wieder zur WM. Das ist mein Traum." Die Verantwortlichen in der Führungsriege der Knappen sind nicht ganz so begeistert von den Reiseplänen ihres Angestellten. "Natürlich wäre es mir lieber, wenn er bei uns bleiben würde", sagte Sportvorstand Horst Heldt. Um eine optimale Pflege zu gewährleisten, nehme er, erzählte Boateng, einen eigenen Physio mit auf die Tour.

Heldt selbst würde am liebsten ebenfalls mitkommen. Denn Boateng ist eine Art Lebensversicherung. Die anderen hoch gelobten Kräfte sind derzeit vor allem mit sich selbst beschäftigt. Die Diskussionen um Marktwert und Perspektive von Julian Draxler und Max Meyer hat jedenfalls nicht dazu beigetragen, dass sie befreit aufspielen würden. Meyer hat immerhin noch einmal verkündet, ihn würde zwar das Interesse des FC Chelsea ehren, ein Wechsel nach London käme für ihn aber nicht in Frage. Die Engländer sollen dem Vernehmen nach bereit sein, rund 15 Millionen Euro für den 18-Jährigen zu zahlen.

(RP)
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