Duo überzeugt im zweiten EM-Spiel Etappensieg für das Beachvolleyball-Projekt Walkenhorst/Lippmann

München · Olympiasiegerin Kira Walkenhorst und Beachvolleyball-Neuling Louisa Lippmann spielen erstmals bei einem großen Turnier zusammen. In München zeigen sie mit ihrem 2:1-Sieg im zweiten Gruppenspiel, dass sie beide auf Topniveau spielen können.

 Die deutsche Beach-Volleyballerin Kira Walkenhorst jubelt. (Archivfoto)

Die deutsche Beach-Volleyballerin Kira Walkenhorst jubelt. (Archivfoto)

Foto: dpa/Sebastian Kahnert

Für Kira Walkenhorst und Louisa Lippmann ging es am Mittwochmorgen schon um alles oder nichts, als das Beachvolleyball-Duo auf Zeit vor der imposanten Kulisse der Staatlichen Antikensammlung in München die Treppe hinab zum Sandplatz lief. Der neoklassizistische Bau in der Anmutung eines Tempels bildet bei den European Championships den Postkarten-Hintergrund für das EM-Turnier der Beachvolleyballerinnen und Beachvolleyballer.

In dieser besonderen Atmosphäre spielten Walkenhorst/Lippmann nach ihrer Auftaktniederlage gegen die amtierenden Europameisterinnen aus der Schweiz Nina Brunner und Tanja Hüberli mit 0:2 (19:21, 9:21) ums Weiterkommen bei der Europameisterschaft. „Siegen oder Fliegen“, rief der Stadtionsprecher um 9.59 Uhr ins schon gut gefüllte Stadion. Eine Niederlage gegen die Litauerinnen Monika Paulkiene und Erika Kliokmanaite hätte für die Olympiasiegerin von 2016 und ihre Kurzzeitpartnerin bereits das Aus bedeutet. Die beiden konnten nur dank einer Wildcard des europäischen Verbandes dabei sein. Das hatte im Vorfeld für Unmut bei anderen deutschen Paaren gesorgt, die trotz vieler gemeinsamer Turniere in diesem Jahr nicht bei der EM sein dürfen.

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Foto: AP/Florian Schroetter

Die 27-jährige Lippmann war erst im April von der Halle in den Sand gewechselt. Vorher gehörte sie über Jahre zu Europas besten Volleyballerinnen. Nun steigt sie um. Mit Walkenhorst, die nach ihrem Comeback wieder den Anschluss an die Weltspitze schaffen will, ist es ihr erstes großes Turnier im Sand – und wohl das einzige. Im kommenden Jahr wird Lippmann zusammen mit Laura Ludwig, die mit Walkenhorst 2016 Olympiasiegerin wurde, um die Olympia-Qualifikation spielen.

Walkenhorst wird die deutschen Meisterschaften wieder mit ihrer eigentlichen Partnerin Anna-Lena Grüne spielen. Danach will sie entscheiden, ob ihr Körper fit genug ist, um Olympia 2024 in Angriff zu nehmen und mit welcher Partnerin sie dann antritt. 2019 hatte die 31-Jährige wegen anhaltender körperlicher Probleme und Schmerzen ihre Karriere schon beendet, kehrte dann 2020 zurück und spielt diese Saison wieder kontinuierlich Turniere.

Nur eigentlich nicht mit Lippmann. Genau das sorgte für Ärger bei der deutschen Konkurrenz, von der sich allerdings auch nur Walkenhorst/Lippmann um die Wildcard für die Heim-EM beworben hatten.

Umso gespannter waren also die Blicke in München auf das neue Duo gerichtet. Wie gut würde Lippmann das Spiel im Sand schon gelingen? Wie die Aufteilung und Abstimmung bei den beiden funktionieren, zumal beide eigentlich Blockerinnen sind? Schon im ersten Gruppenspiel gegen die Europameisterinnen zeigte das Duo, dass es keineswegs uneingespielt ist. Lippmann hatte vor allem bei Wind zwar etwas mit den Bedingungen im Freien zu kämpfen, zeigte sich aber nicht nur im Block stark, sondern auch im Zuspiel und der Übersicht im schnellen Spiel Zwei gegen Zwei. Gegen die Schweizerinnen reichte es dennoch nicht.

Das sah gegen die Litauerinnen schon ganz anders aus. Walkenhorst/Lippmann gingen direkt offensiv und mit viel Druck in das Spiel – Lippmann als Blockerin im Angriff, Walkenhorst in der Abwehr. Ihnen war anzumerken, dass ihnen die Bedeutung der Partie bewusst war. Lippmann konnte sich in zwei Szenen zwar am Netz nicht durchsetzen, fand dann aber schnell ins Spiel. Die Deutschen lagen von Beginn an vorn. Bei Walkenhorst war von fehlender Beweglichkeit nichts mehr zu spüren. Immer wieder hechtete sie noch zu Bällen, die fast schon verloren schienen, baggerte sie noch übers Netz oder zu ihrer Partnerin. Teilweise lag das deutsche Team fünf Punkte vorn, nach nicht mal 17 Minuten hieß es Satzball für Deutschland, den sie sicher zum 21:15 nutzten.

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Foto: AFP/ANDREJ ISAKOVIC

Im zweiten Satz kamen die Litauerinnen besser ins Spiel, machten weniger Fehler. Lippmann hatte mit der aufkommenden Hitze auf dem in der prallen Sonne liegenden Platz zu kämpfen, sagte sie später. „Der Kreislauf hat mir Probleme gemacht. Auch etwas zum Lernen. Aber Kira ist dann im Block eingesprungen“, sagte Lippmann. Und so konnte sie sich in der Abwehr etwas vom Angriffsspiel erholen. „Das ist der Vorteil, wenn beide Spielerinnen eigentlich Blockerinnen sind. Dann kann man ohne Probleme durchwechseln“, betonte Walkenhorst. „Blocker zu sein, ist auch echt der anstrengendere Part, von daher hat sich Louisa da gut durchgekämpft, sich immer wieder gut neu vorbereitet. Da durfte sie sich dann auch in der Abwehr etwas ausruhen.“

Beide Paare lieferten sich in dieser Phase ein enges Duell über 2:2., 5:5, 6:6 – immer wieder zwangen sie die Konkurrentinnen zu Fehlern. Lippmann kam einige Male nicht mehr an den Ball, Walkenhorst pushte sie immer wieder, schlug nach jedem Punkt mit ihr ab. Die Präzession fehlte aber etwas zu oft. Der zweite Satz ging trotz des starken Kampfes mit 17:21 an Paulkiene/Kliokmanaite. „Dass Kira mich so gepusht und durch das Spiel getragen hat, hat mir total geholfen. Danke dafür“, sagte der Beachvolleyball-Neuling und klatschte dankbar mit Walkenhorst ab.

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Foto: AP/Martin Meissner

Der dritte Satz musste also entscheiden. Walkenhorst motivierte Lippmann und die gut 3000 Fans noch mal. Der bessere Start gelang aber den Gegnerinnen. Walkenhorst/Lippmann steigerten die Intensität, machten jetzt deutlich mehr Druck. Routinier Walkenhorst strotze nur so vor Motivation, ballte kraftvoll die Faust, schrie die Freude über den Punktgewinn heraus, jubelte mit Lippmann, mit der sie immer wieder abklatschte. Die Chemie auf dem Feld schien zu stimmen. Walkenhorst übernahm nicht nur von der Körpersprache klar die Führung.

Die Essenerin legte alles in den Sand, was sie technisch und physisch zu bieten hatte. „Körperlich hatte ich bis auf kleine Wehwehchen gar keine Probleme, keine Schmerzen, das ging richtig gut. Toi, toi, toi – so kann es bleiben“, sagte die 31-Jährige strahlend.

Davon profitierte auch Lippmann, die die Zuspiele zu nutzen wusste. So spielten sich die Deutschen wieder nach vorne, lagen nach einer erfolgreichen Challenge 9:8 vorne. Die Litauerinnen hatten das Netz berührt. Danach zogen Walkenhorst/Lippmann schnell auf 12:9 davon. Beim 13:12 blockte Lippmann gekonnt zum 14:12 - Matchball. Das Stadion flippte aus und konnte direkt weiter jubeln: Walkenhorst verwandelte den Aufschlag eiskalt mit einem Ass zum Sieg. „Das war natürlich mega, aber der Ball war auch ganz schön knapp auf der Kante“, gab Walkenhorst zu.

„Es macht mega, mega viel Spaß hier, das ist echt Gänsehautstimmung, wie ihr uns durchs Turnier tragt, auch wenn es anstrengend ist“, sagte Walkenhorst nach dem Spiel Richtung Zuschauer. Sie habe schon viele große Spiele mit toller Atmosphäre erlebt, aber München sei jetzt noch mal was ganz Besonderes. „Für mich war es das erste Mal, dass ich das so aktive mitbekomme, ohne selbst als Zuschauerin am Rand zu stehen. Gerade wenn ich so zu kämpfen habe wie heute, gibt das noch mal die Extra-Kraft“, sagte Lippmann über die Atmosphäre in München.

Für das weitere Turnier wollen Walkenhorst/Lippmann von Spiel zu Spiel schauen. Ziel ihrer Zusammenführung ist es immerhin auch, dass beide internationale Punkte sammeln.

In der Zwischenrunde geht es für sie nun um den Einzug ins Achtelfinale der EM.

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