Heimliche WM-Heldin Schmidt beginnt die Emanzipation vom Social-Media-Star-Dasein

Update | München · Alica Schmidt ist bekannt als Social-Media-Star. Bei der Weltmeisterschaft in Budapest will sie den Schritt dahin gehen, um sich als Sportlerin von dieser Ansicht zu emanzipieren.

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Foto: AP/Martin Meissner

Sie strahlte in die Kamera, winkte ins Publikum und genoss den Moment: Alica Schmidt hat sich im Jahr 2022 bei den European Championships mit einer guten Leistung im Vorlauf über die 400 Meter ins Halbfinale gelaufen – in ihrem ersten Einzelstart bei einem Großereignis. Der deutsche Leichtathletik-Verband hatte sie neben Corinna Schwab nominiert, und ihre Entwicklung in diesem Jahr honoriert. Schmidt zahlte dieses Vertrauen zurück. „So etwas erlebe ich so schnell nicht noch einmal“, sagte sie. Bei der WM 2023 in Budapest dürfte das allerdings ungleich schwieriger werden.

Denn auch in diesem Jahr zählt Schmidt, die vom Deutschen Leichtathletik-Verband für die Einzelstarts und die Staffeln über 400 Meter nominiert wurde, von den Zeiten her zwar in Deutschland zu den schnellsten Athletinnen über die Stadionrunde – doch weltweit sind sehr viele Sportlerinnen noch deutlich schneller. Und dennoch werden auch in Budapest die Blicke auf sie gerichtet sein, die schon im vergangenen Jahr bei der Europameisterschaft in München länger als viele andere Athletinnen und Athleten in der Mixed Zone für Interview herhalten musste. „Ich liebe sowas. Das zeigt doch, dass ich erfolgreich bin“, sagte sie.

Dass Schmidt überhaupt solche Aufmerksamkeit zu Teil wird, hängt wohl mehr mit ihren Social-Media-Aktivitäten als mit den bisherigen sportlichen Erfolgen zusammen. 4,2 Millionen Menschen folgen ihr auf der Plattform Instagram, sie modelt für eine bekannte Mode-Marke, trägt deren Ausrüstung auch auf der Bahn und sprintete auch schon für eine Werbeaktion ihres Schuh-Ausstatters gegen den Fußball-Star Mats Hummels von Borussia Dortmund und wurde vor einigen Jahren von einem Boulevard-Blatt in England zum „Sexiest Athlete in the World“ ernannt. Nur darauf will sie aber nicht mehr reduziert werden.

„Ich bin dankbar, dass ich mit Social Media mein Geld verdiene und mir so einen anderen Nebenjob ersparen kann. Für andere Athleten, die dieses Glück nicht haben, ist es in Deutschland nicht so einfach“, sagte sie im vergangenen Jahr im Rahmen der European Championships in München. Dennoch würde sie auf viele Angebote an Sponsoren-Terminen verzichten, damit sie sich auf den Sport konzentrieren kann. „Der Sport ist mein Leben. Das ist meine absolute Priorität. Er gibt mir wahnsinnig viel und ich bin dankbar, dieses Leben führen zu können“, sagte sie.

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Foto: dpa/Sven Hoppe

Die Medienbekanntheit hilft ihr dennoch – damals in München und sicherlich auch jetzt in Budapest. Das Publikum jedenfalls grölte letztes Jahr, als sie ihr Startritual mit Klapsen ins Gesicht, auf die Brust und auf die Oberschenkel vollführte, während andere Deutsche bei ihren Vorstellungen diese Lautstärke lange nicht erreichten. „Normalerweise bekomme ich nicht viel von der Atmosphäre mit“, sagte sie später in den Katakomben des Olympiastadions von München. „Heute war es aber besonders. Ich wollte trotzdem bei mir bleiben, weil ich wusste, dass das Rennen super eng wird.“ Ob das in Budapest auch so sein wird? Man darf gespannt sein.

Bei der EM reichte es am Ende bekanntlich fürs Halbfinale. In Budapest wird es schwieriger. Aber die hat noch viel vor. „Ich stehe erst am Anfang meiner Karriere. Ich weiß, dass ich noch viele Sachen verbessern kann. Ich habe auch schon einen Plan“, so Schmidt. In dieser Saison geht das bislang durchaus auf. Ihre Zeiten werden immer besser.

 Verteilte Küsschen nach dem Halbfinal-Einzug: Alica Schmidt.

Verteilte Küsschen nach dem Halbfinal-Einzug: Alica Schmidt.

Foto: AFP/INA FASSBENDER

Vielleicht gelingt ihr dann in den kommenden Jahren wirklich, dass sie in erster Linie als Sport-Star bekannt ist. Einen weiteren kleinen Schritt dahin könnte sie in Budapest zumindest mit guten Zeiten machen.

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