NHL-Talent vom Niederrhein Tim Stützle ist bei der Eishockey-WM der deutsche Hoffnungsträger

Düsseldorf · Gerade mal 20 Jahre ist Tim Stützle alt – und dennoch ist der Tönisvorster bei der Eishockey-Weltmeisterschaft in Finnland bereits der wichtigste Stürmer des deutschen Teams.

 NHL-Spieler Tim Stützle feierte am vergangenen Sonntag im Testspiel gegen Österreich seine Debüt im deutschen  A-Nationalteam. Jetzt startet für ihn die WM.

NHL-Spieler Tim Stützle feierte am vergangenen Sonntag im Testspiel gegen Österreich seine Debüt im deutschen A-Nationalteam. Jetzt startet für ihn die WM.

Foto: City-Press GmbH/Marco Leipold

Man musste schon zweimal hinhören, um es wirklich glauben zu können. Aber es stimmte, das Wort „Länderspieldebüt“ war in einem Satz mit dem Namen Tim Stützle gefallen. Auch Stützle selbst kam das irgendwie komisch vor, erzählte er bei „Magentasport“. Er sei schon darauf angesprochen worden, wie es denn sein könne, dass ausgerechnet er noch nie für die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft gespielt habe. Aber bis zum Sonntag war das wirklich so, lediglich für die Jugendteams war er aufgelaufen, doch nie für den A-Kader: „Ich bin halt super jung, die Möglichkeit hat sich nie ergeben.“

Das ist er in der Tat, gerade mal 20 Jahre alt. Was man ebenfalls nicht so recht glauben mag, seit Jahren gilt der gebürtige Viersener, der das Schlittschuhlaufen in Krefeld lernte, ja als die große Hoffnung des deutschen Eishockeys. Als eins der weltweiten Toptalente. Und das ist der Grund, warum es bislang nicht klappte mit der Nationalmannschaft. Stützle war nicht etwa zu schlecht, er war zu gut.

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Das klingt kurios, aber im Eishockey geht das. Nachdem der Stürmer 2020 bei der jährlichen Talenteziehung der NHL als Dritter ausgewählt wurde, ging er bereits mit 18 Jahren von Mannheim in die stärkste Liga der Welt. Die nimmt traditionell keine Rücksicht auf den internationalen Spielverkehr, nicht mal für Olympia pausierte die NHL. Nur bei der WM 2021 hätte es klappen können, aber da war Tim Stützle verletzt. Nun ist das anders. Weswegen er nicht nur am Sonntag gegen Österreich (3:1) sein erstes A-Länderspiel erlebte, er flog am Dienstag auch mit nach Helsinki. Dort beginnt an diesem Freitag die WM, Deutschland trifft zum Auftakt um 19.20 Uhr auf Kanada. Und auch das wird dann logischerweise ein Debüt werden.

Wie ein 20-Jähriger, der zum ersten Mal bei den Großen mitspielen darf, wird Stützle dann aber nicht auftreten. Im Gegenteil: Der Stürmer der Ottawa Senators ist die große Offensivhoffnung im Team von Bundestrainer Toni Söderholm, für das es darum geht, die Olympia-Enttäuschung vergessen zu machen.

Einfach wird das nicht, zwar spielt den Deutschen die auf dem Papier einfacherer Gruppe A mit nur einem Topteam (Kanada) in die Karten, aber die Vorbereitung war holprig. Mehrere Spieler sagten nach harten Monaten mit ihren Klubs ab, andere kamen wegen der verlängerten DEL-Saison erst diese Woche zum Team, da waren alle Testspiele schon vorbei.

Auch Stützle und seine NHL-Kollegen Philipp Grubauer und Moritz Seider sind erst wenige Tage dabei. (Das ist der deutsche WM-Kader.) Dennoch werden sie Schlüsselrollen haben: Grubauer im Tor, Seider als Abwehrchef, Stützle als Mittelstürmer einer Topreihe. Und wenn er so weitermacht wie zuletzt in Ottawa, dürfen sich die Eishockeyfans auf Spektakel freuen.

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Allein in den letzten 27 Saisonspielen war der Mann vom Niederrhein an 31 Toren beteiligt, insgesamt kam er nach 82 Spielen auf 22 Treffer und 36 Vorlagen – erst als vierter Deutscher in der langen NHL-Geschichte knackte er die 20-Tore-Marke. Was seine 58 Punkte angeht, waren nur Leon Draisaitl und Marco Sturm besser. Aber wie das häufig so ist bei deutschen Sportlern in Nordamerika, bekommt das die Heimat kaum mit. In Kanada ist er dagegen ein gefeierter Jungstar, war schon auf dem Titel des ehrwürdigen Fachblatts „The Hockey News“, die NHL hat sogar extra für Stützle die Schreibweise auf Trikots geändert, als erster Spieler überhaupt bekam er über dem „U“ zwei Punkte.

Wer hingegen ganz genau weiß, was Stützle in seiner zweiten NHL-Saison leistete, ist der Bundestrainer, der ihn im Winter besuchte: „Es ist nicht leicht, über 80 Spiele regelmäßig zu punkten, sich von Spiel zu Spiel zu steigern“, sagt Söderholm, „vor allem in einer Mannschaft, die relativ früh die Play-off-Chancen verloren hat.“ Das taten die Senators, weil zu Beginn wenig klappte, auch Stützle hatte einen „schweren Start“, wie er sagt. Bis er vom Flügel auf die Mittelstürmer-Position wechselte und immer besser wurde. Und weil das irgendwann auch für sein Team galt, wuchs das Selbstvertrauen.

Söderholm sieht Stützle bei der WM nun ebenfalls in der Mitte: „Dann bekommt er mehr Scheiben aus der defensiven Zone, Tim ist mit seiner Schnelligkeit eine Waffe“, sagt der Bundestrainer, der aber mahnt: nicht die Defensive vergessen. Die ist für Mittelstürmer ebenso wichtig, und an der hat Stützle gearbeitet. Defensiv besser zu werden, sei sein Ziel für diese Saison gewesen. Aufregende Offensivtalente gibt es ja viele, ob es zur Weltkarriere reicht, entscheidet sich häufig erst später – wenn es darum geht, ein Allrounder zu werden.

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Stützle ist auf dem besten Weg dahin. Er hat zuletzt auch ordentlich an Masse zugelegt, bringt mit seinen 1,84 Meter mittlerweile 89 Kilo auf die Wage. Das macht ihn stabiler in Zweikämpfen in der rauen NHL. Und das soll er nun auch bei der WM zeigen. Seiner ersten. Aber sicher nicht seiner letzten.