Eishockey-WM Deutschland ist nur noch ein Eishockey-Zwerg

Düsseldorf · Die Nationalmannschaft ist bei der WM von Norwegen 4:12 deklassiert worden. Der DEB hält noch an Bundestrainer Kölliker fest. Die Mannschaft könnte heute (16.15 Uhr/Sport1) mit einem Sieg gegen Tschechien immerhin die direkte Olympia-Qualifikation schaffen.

Eishockey-WM 2012: Deutschland - Norwegen 4:12
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Eishockey-WM 2012: Deutschland - Norwegen 4:12

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Eine Bewegung hat man nach dieser peinlichen Vorstellung immer wieder gesehen: das Achselzucken. Jakob Kölliker, der deutsche Eishockey-Bundestrainer, hatte gleich in Dauermodus geschaltet. Frage: Wie konnte es zur 4:12-Blamage bei der Weltmeisterschaft gegen Norwegen kommen? Kölliker: "Darauf habe ich keine Antwort" — dazu zucken die Schultern immer und immer wieder melodisch nach oben. Nachfrage: Ist keine Antwort nicht etwas wenig? Kölliker: "Ich weiß es nicht."

Seine Spieler ziehen vorbei. Einige haben die Kräfte verlassen, so dass sie ihre Hilflosigkeit nicht einmal gestenreich unterstreichen können. Sie sprechen von einer "Frechheit" (Philip Gogulla), einem "Desaster" (Patrick Reimer) und einer "der größten Peinlichkeiten in der Geschichte des deutschen Eishockeys" (Christoph Schubert). Man kann den Eindruck gewinnen, Unbeteiligte würden über irgendein Spiel urteilen. Aber es war eine der schlimmsten Darbietungen einer Auswahl des DEB bei einem internationalen Turnier.

Die erste zweistellige Niederlage seit dem 1:10 vor vier Jahren gegen Kanada — wobei man Norwegen sportlich ein paar Schubladen unter die Nordamerikaner einsortieren muss. Deutschland ist von einem Zwerg der Branche ziemlich unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt worden. "Wir können uns nur entschuldigen", sagt Marcel Goc (28/Florida Panthers). Er ist der einzige NHL-Profi im Kader, alle anderen hatten ihre Teilnahme abgesagt. In Andre Rankel ist zudem nur ein Vertreter des deutschen Meisters Eisbären Berlin dabei, die Kollegen haben von sich aus abgewinkt — "Erschöpfung" gehörte noch zu den kreativsten Begründungen. Ihr Fehlen ist ein herber Verlust.

Uwe Harnos, der Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB), war um so etwas wie Schadensbegrenzung bemüht. Doch er machte die Situation nur noch schlimmer. Statt eines klaren Bekenntnisses zu Kölliker (58) eierte er munter herum. Immerhin ließ er dann doch noch wissen: "Schnellschüsse sind in solchen Situationen fehl am Platz." Die mittelfristige Planung könnte so aussehen: Der Schweizer Kölliker, seit dem vergangenen Jahr erst im Amt, wird wohl künftig nur noch als Sportdirektor wirken. In der vordersten Linie ist er vermutlich nicht zu halten. Er ist mit seinem Spielsystem grandios gescheitert.

Im letzten Spiel bei dieser WM kann Deutschland, das keine Chance mehr auf ein Weiterkommen hat, immerhin die direkte Qualifikation für Olympia 2014 schaffen. Angesichts des Gegners Tschechien (16.15 Uhr/Sport1) muss man dieses Vorhaben allerdings als ziemlich ambitioniert bewerten. Deutschland ist zum Eishockey-Zwerg geschrumpft.

(RP/can/csi)
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