„Geht um wirtschaftliche Zwänge“ Gehaltsverzicht heikles Thema im deutschen Eishockey

Düsseldorf · Erst vor gut einer Woche hatte die Deutsche Eishockey Liga die Pläne öffentlich gemacht, dass die Spieler auf 25 Prozent ihres Gehalts verzichten sollen. Am Sonntag lief die Frist für die Lizenzunterlagen ab. Es liegen nicht alle Unterschriften vor.

 Symbolbild.

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Foto: dpa/Bernd Thissen

Der erforderliche Gehaltsverzicht bleibt in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) auch nach dem Stichtag für die Lizenzanträge ein heikles Thema. In Spielerkreisen regt sich bei allem Verständnis für die Probleme in der Coronavirus-Krise auch Widerstand. Und auch wenn alle 14 Clubs ihre Lizenz-Unterlagen nach DEL-Angaben vom Montag fristgerecht abgegeben haben, müssen notwendige Unterschriften der Spieler noch nachgereicht werden.

„Wir Haie-Spieler sind im engen Austausch mit dem Verein. Gemeinsam suchen wir nach fairen Lösungen, wie wir uns gegenseitig helfen können“, sagte der Kölner WM-Kapitän Moritz Müller der Deutschen Presse-Agentur. „Denn wir Spieler sind uns unserer Verantwortung durchaus bewusst. Aber es ist ein Prozess, der Zeit braucht.“ Kritisch sieht der Verteidiger allem den Zeitdruck und die Art und Weise der Kommunikation.

Streitpunkt ist die pauschale Voraussetzung, dass die Spieler zustimmen sollen, auf 25 Prozent ihres Gehalts zu verzichten. Dieser Anteil soll von einer garantierten Zahlung zu einer variablen werden.

Die Auszahlung der 25 Prozent hängt von den Einnahmen der Vereine ab, deren Höhe in der Coronavirus-Krise ungewiss ist. Die Spieler sollen das variable Gehalt erhalten, sobald die Clubs „zwischen 75 und 100 Prozent der Umsatzerlöse des Vorjahres erreichen“, wie DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke sagte. Selbst wenn die Clubs auch ohne Gehaltssenkung einen ausgeglichenen Haushalt nachweisen könnten, würde die Lizenz ohne die Zustimmung der Spieler verweigert werden.

Es hat sich auf die Schnelle ein brisantes Thema entwickelt, über das gar nicht oder nur ungern öffentlich geredet wird. Tripcke wehrte sich jedoch gegen Worte wie „Erpressung“ und „Nötigung“. „Die Begriffe sind unangebracht. Es geht hier um wirtschaftliche Zwänge“, sagte der DEL-Geschäftsführer der „Eishockey News“.

Erst vor gut einer Woche war die Bedingung öffentlich gemacht worden, am Sonntag lief die Frist für die Lizenzunterlagen ab. Es sei nicht möglich gewesen, sofort alle neuen Anforderungen aufgrund der Coronavirus-Pandemie zu erfüllen, sagte der Geschäftsführer der Eisbären Berlin, Peter John Lee, der „Berliner Morgenpost“. Bisher seien nur Basisunterlagen eingereicht worden. Auf die Rückmeldung seiner Spieler warte der Club noch. „Bis jetzt haben wir von niemandem ein Nein bekommen“, sagte Lee.

Grundsätzlich gibt es die Bereitschaft zum Gehaltsverzicht. Die Einsicht bei den Spielern bestätigte auch Bremerhavens Geschäftsführer Hauke Hasselbring der „Nordsee-Zeitung“. Ob alle Vereine die Gehaltskosten wie erfordert senken können, wird sich womöglich erst in einigen Wochen zeigen. „Wir starten jetzt mit dem Prüfungsverfahren. Dies wird wie immer bis voraussichtlich Ende Juni dauern“, sagte Tripcke.

Hintergrund der neuen Regelungen sind die wirtschaftlichen Nöte, die sich aus der Coronavirus-Krise für die Clubs ergeben. Die Saison 2019/20 war ohne Playoffs und ohne eine Meister-Kür abgebrochen worden. Hinter der kommenden Saison mit dem geplanten Start am 18. September stehen noch viele Fragezeichen. Geisterspiele kommen nur für einen begrenzten Zeitraum infrage, die DEL-Clubs sind besonders von Zuschauereinnahmen abhängig. Unsicherheit herrscht auch darüber, ob Sponsoren ihre Zusagen einhalten können.

Spieler wünschen sich vor allem eine bessere Kommunikation und genauere Informationen über die jeweilige Situation bei ihren Clubs. „Ich würde mir wünschen, dass man erkennt, wie sehr wir die Hand reichen wollen und man das Angebot annimmt, sich mit uns an einen Tisch zu setzen“, sagte Moritz Müller der „Eishockey News“. „Dann können wir gemeinsam versuchen, die beste Lösung zu finden - fernab von zeitlichen Begrenzungen und Drohungen.“

Unabhängig von der Corona-Krise verfolgt Müller gemeinsam mit dem Nürnberger Nationalmannschaftskollegen Patrick Reimer die Gründung einer Spielergewerkschaft. Gerade jetzt sollen die Interessen der Profis zum Dialog mit den Clubs und der Liga gebündelt werden.

(pabie/dpa)
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