Klub-Bosse schlagen Alarm DEL bangt um Existenz

Köln · Eishockey war schon vor Corona meist ein Zuschussgeschäft, doch ohne zumindest halbvolle Hallen kann kaum ein Klub überleben. Der jüngste Beschluss in der Zuschauer-Frage schürt große Sorgen.

 Szene aus dem Spiel: Kölner Haie gegen die Düsseldorfer EG. (Archivbild)

Szene aus dem Spiel: Kölner Haie gegen die Düsseldorfer EG. (Archivbild)

Foto: dpa/Roberto Pfeil

Was "König" Fußball als Schritt in Richtung Normalität feiert, bringt das Eishockey in arge Existenznot: Die bundesweite Begrenzung auf eine 20-prozentige Auslastung der Stadien und Hallen ist für die Deutsche Eishockey Liga (DEL) ein "Schlag in die Magengegend", wie Geschäftsführer Philipp Walter vom Traditionsklub Kölner Haie es ausdrückt. Ohne deutlich mehr Zuschauer oder staatliche Finanzhilfen dürften im deutschen Eishockey bald die Lichter ausgehen.

"Dann gibt es kein Profi-Eishockey mehr in Deutschland, dann gibt es auch keine Nationalmannschaft mehr. Dessen müssen sich alle bewusst sein", sagte Walter mahnend in der ARD. Der Haie-Boss ergänzte im SID-Gespräch: "Man muss kein Mathe-Genie sein, um zu merken, dass es nicht hinhaut. Unser Geschäftsmodell wird gerade verboten."

Dieses düstere Bild ist keineswegs überzogen. Der Aufschrei in der DEL, die in der Vorsaison im Schnitt 6523 Zuschauer pro Partie in die Hallen lockte, ist nicht umsonst deutlich lauter als im Basketball (4189 in der Saison 2018/19) oder Handball (4803). Das Budget der DEL-Klubs hängt in der Regel zu zwei Dritteln an den Einnahmen rund um ein Heimspiel.

Zu den Kölner Haien zum Beispiel kamen in der Vorsaison im Schnitt 13.333 Besucher, nach der neuesten Bestimmung dürfen aber nur noch Tickets an 3700 Fans verkauft werden. Damit wären noch nicht einmal die Kosten ohne Spielergehälter gedeckt. "So können wir nicht spielen", sagte Walter und sprach von einem "wirtschaftlichen Szenario, das einem die Blässe ins Gesicht treibt". Beim Kölner Gesundheitsamt hatten die Haie ein Hygienekonzept mit einer Zuschauerauslastung von 7500 bis 9000 Zuschauer eingereicht.

Die Hoffnung lautet: Die sechswöchige Testphase verläuft sportartenübergreifend ohne größere Coronafälle und die Politik lässt sich vor dem anvisierten DEL-Saisonstart am 13. November auf eine Aufstockung auf 40 bis 60 Prozent Auslastung ein. "Selbst diese Marke", sagte DEL-Aufsichtsratsmitglied Lothar Sigl, "liegt schon nah an der roten Linie zur Wirtschaftlichkeit."

Auf dieser vagen Hoffnung den Saisonstart zu planen, sei "ein heißer Ritt", gab Walter zu bedenken: "Der Kostenapparat fängt irgendwann an zu laufen, dieses Zeitfenster ist brutal klein." Es ist nicht ausgeschlossen, dass die DEL bei ihrer Gesellschafterversammlung am kommenden Montag den Saisonstart ein zweites Mal nach hinten verlegt.

Ungeachtet dessen forderte die DEL von der Politik Planungssicherheit in Form von Ausgleichszahlungen. Die Bundesregierung hat zwar in ihrem Konjunkturpaket eine Hilfszahlung von bis zu 800.000 Euro pro Klub vorgesehen, doch bei der Umsetzung gibt es Probleme. So besagt zum Beispiel eine EU-Richtlinie, dass bei einer solchen Hilfe der Antragsteller bis zum 31. Dezember 2019 kein negatives Eigenkapital aufweisen dürfe. Diese Bestimmung soll zwar nicht für Kleinunternehmen gelten, doch gerade größere Klubs zählen aufgrund ihres Umsatzes und ihrer Mitarbeiter-Anzahl nicht dazu.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet hat bereits signalisiert, das Konjunkturpaket entsprechend anzupassen. Den Versprechungen der Politiker vertraut Walter aber nicht mehr sonderlich, vor dem jüngsten Zuschauer-Beschluss seien auch "andere Hoffnungen geschürt" worden. Jetzt fordert der Haie-Geschäftsführer im Namen aller Klubs Taten von der Politik. "Es geht darum, es schnellstmöglich anzupacken", sagte er, "denn uns läuft die Zeit davon."

(sid/old)
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