Überraschungsteam der DEL Kleine Straubinger verblüffen Eishockeyszene

Straubing · Nicht Meister Mannheim, nicht Ex-Serienchampion Berlin: Erster Verfolger von Spitzenreiter München sind die Straubing Tigers. Das kleine Team aus Niederbayern steht nicht unverdient so weit oben in der Tabelle. Die Tigers machen gerade viel richtig.

 Das Team der Straubing Tigers feiert den 5:1-Sieg gegen Spitzenreiter München.

Das Team der Straubing Tigers feiert den 5:1-Sieg gegen Spitzenreiter München.

Foto: dpa/Armin Weigel

Straubing hat nur ein Achtzigstel der Einwohner Berlins, fast zehn Millionen Euro weniger Geld als Red Bull München und im Gegensatz zu den Adlern Mannheim noch keinen Meisterpokal im Schrank. Und dennoch lehren die kleinen Tigers aus Niederbayern der Konkurrenz in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) das Fürchten.

Die Außenseiter gehen als Zweitplatzierte nach dem ersten Viertel der Saison in das Spitzenspiel bei Titelverteidiger Adler Mannheim am Freitag (19.30 Uhr/Magentasport). „Wir haben ein gutes Gefühl“, sagte Trainer Tom Pokel vor der Partie beim achtmaligen Meister, den die Straubinger vor knapp eineinhalb Wochen daheim ebenso geschlagen hatten (3:1) wie wenige Tage später Tabellenführer München (5:1).

„Es macht sehr viel Spaß“, resümierte US-Coach Pokel nach dem besten Saisonstart der Vereinsgeschichte und fand: „Die Mannschaft hat sich das verdient.“ Stürmer Mitchell Heard sagte zuletzt selbstbewusst zur Situation im Klassement: „Wir gehören dort oben hin.“

Tatsächlich ist der Siegeszug des Teams aus Ostbayern kein Produkt aus Zufall und Glück. Mit seinem aggressiven Eishockey-Stil samt offensivem Pressing treibt das Team die namhaften Gegner zur Verzweiflung. „Sehr viel Respekt“, zollte Münchens Nationalspieler Yasin Ehliz dem Rivalen jüngst nach der Niederlage bei Magentasport. „Die haben eindeutig besser gespielt als wir, und das von Anfang an.“

Es gibt mehrere Erfolgsfaktoren des Höhenflugs: Zum einen ging das Team nach dem überraschenden Aus in der ersten Playoff-Runde im Frühjahr sauer und motiviert in die neue Saison. Dann gelang es dem Verein, die Mannschaft um die wichtigsten Akteure wie Liga-Topscorer Jeremy Williams zusammenzuhalten. Die Spieler blieben bislang weitgehend von Verletzungen verschont. Und im zweiten Jahr unter Coach Pokel werden dessen taktische Vorgaben ideal umgesetzt, auch gegen deutsche Eishockey-Schwergewichte wie Mannheim oder München.

„Wir stehen in der Tabelle da, wo wir es uns verdient haben“, meinte der Trainer, der im Sommer nicht nur seine Leistungsträger behalten, sondern den Kader auch weiter ergänzen durfte. Nun ist die Truppe über die vier Reihen noch ausgeglichener besetzt, Profis wie Williams und Top-Vorlagengeber Michael Connolly bekommen mehr Pausen.

Dass ein Akteur wie Williams, der in der Saison 2018/19 mehr Punkte in der Hauptrunde machte als jeder andere DEL-Profi, bei den Tigers geblieben ist, liegt am einmaligen Charakter in Straubing: Der 35 Jahre alte Kanadier blieb nicht trotz, sondern wegen der Provinz.

Der ehemalige Stürmer aus der nordamerikanischen Eliteliga NHL schätzt das Umfeld in der Kleinstadt an der Donau. Mit seiner Frau, der kanadischen Schauspielerin Ashley Leggat, und den zwei Kindern genießt er Straubing und die relative Anonymität. Sorgenfrei und unerkannt in den Zoo gehen zu können, das wäre anderswo schwieriger. Und Geld habe er bereits genug verdient, sagte der Routinier.

„Wir sind eine Familie“, unterstrich Trainer Pokel. Und mit dieser Familie haben sich bislang schon einige Teams erfolglos angelegt.

(ako/dpa)
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