Eishockey Keine Fans, kein Geld, keine Saison

Die Absage der Eishockey-Saison ist nicht ausgeschlossen. Die DEG kämpft um Hilfen und Zuschauer. Manche Spieler versuchen, in anderen Ligen unter zu kommen, um die Zeit zu überbrücken. Daheim wird wegen der Kurzarbeit ja noch nicht mal trainiert. Stürmer Max Kammerer ist bereits nach Österreich verliehen.

 Spielt bereits auf Leihbasis beim Villacher SV in der österreichischen Eishockey-Liga: Maxi Kammerer.

Spielt bereits auf Leihbasis beim Villacher SV in der österreichischen Eishockey-Liga: Maxi Kammerer.

Foto: Rheinische Post/Birgit Haefner

Die Nacht auf Mittwoch könnte historisch werden für das deutsche Eishockey. Zum ersten Mal könnten beim Draft der nordamerikanischen Eliteliga NHL gleich drei Deutsche in der ersten Runde gezogen werden. Der Mannheimer Tim Stützle gilt gar als größtes Talent Europas. Rechnet man die herausragenden Leistungen von NHL-Star Leon Draisaitl und die Silbermedaille bei Olympia 2018 hinzu, könnte man ja denken, das deutsche Eishockey nehme gerade richtig Fahrt auf. Doch aktuell ist nicht mal genug Geld da, um eine Saison spielen zu können.

Ende vergangene Woche verschob die Deutsche Eishockey Liga ihren Start erneut. Weil die geforderten Garantien aus der Politik für Staatshilfen und mehr als 20 Prozent an Zuschauerkapazität ausgeblieben waren. Ursprünglich sollte es am 18. September losgehen, dann am 13. November, nun ist offiziell lediglich von der „zweiten Hälfte des Dezembers“ die Rede. Zwar schrieb das Fachblatt „Eishockey News“, die Klubs peilten den 18. Dezember an, was Recherchen unserer Redaktion bestätigen. Aber ob bis dahin Hilfsgelder geflossen sind? Ob dann mehr Zuschauer erlaubt sind? Weiß niemand. Aktuell kann DEL-Chef Gernot Tripcke nicht mal eine Saisonabsage ausschließen.

Noch versuchen alle, den Worst Case zu verhindern. „Wir alle wollen Eishockey spielen und die Saison endlich beginnen. Das hat höchste Priorität“, sagt Stefan Adam, Geschäftsführer der Düsseldorfer EG. „Aber ein Start ohne verlässliche Perspektive auf Zuschauer ist für die DEG fahrlässig und existenzbedrohend.“ Sein Klub verdiene „mehr als ein Drittel unseres Gesamtbudgets“ mit Tickets, sagt Adam, „da kann sich jeder ausrechnen, was das bedeutet“. Keine Fans, kein Geld, keine Saison.

Kritik gibt es dennoch. Von den Spielern: „Wie viel Zeit ist verstrichen ohne ein klares Konzept, wie man einen geregelten Spielbetrieb aufstellen kann? Was tut man gerade im Moment dafür? Was sind Alternativen?“, schrieb der Kölner Nationalspieler Moritz Müller, der Chef der neuen Spielergewerkschaft (SVE), der auch die DEG-Profis Alexander Barta und Marco Nowak angehören. Müller wurde auch grundsätzlich, die DEL habe es „in der Vergangenheit verpasst, den Sport auf gesündere, breitere Füße zu stellen“.

Falsch ist das nicht. Die Liga ist in der Tat zu abhängig von Fans in den Hallen, weil sie zu wenig Einnahmen über TV-Vertrag oder Sponsoren generiert. Zudem gibt es kaum Rücklagen. Was rein kommt, geht raus, meist sogar mehr, am Ende gleichen Mäzene oder Konzerne das Minus aus. Ligachef Tripcke leugnete das gegenüber der „Eishockey News“ nicht: „Die Klubs geben doch immer jeden Cent, den sie einnehmen können, aus – insbesondere für die Spieler.“ Auch das stimmt, die Gehälter machen mit Abstand den größten Posten aus. Wenn sich Liga und SVE bald treffen, könnte es auch darum gehen. Zwar sind die Spieler bereits in Kurzarbeit gegangen und verzichten auf 25 Prozent der Gehälter, aber das dürfte nicht reichen. Ohne weiteren Verzicht ist der Start wohl nicht machbar.

Bei der DEG gibt es aktuell noch ein anderes Thema. Manche Spieler versuchen, in anderen Ligen unter zu kommen, um die Zeit zu überbrücken. Daheim wird wegen der Kurzarbeit ja noch nicht mal trainiert. Stürmer Max Kammerer ist bereits nach Österreich verliehen. Ausländische Spieler könnten in ihren Heimligen spielen. Zudem versucht DEG-Manager Niki Mondt, zumindest die Jüngeren innerhalb Deutschlands unter zu bekommen, beim Kooperationspartner aus Dresden. Doch das ist gar nicht so einfach. „Wir können das nicht wie sonst per Arbeitnehmerüberlassung machen. Die Spieler sind bei uns in Kurzarbeit, spielen sie für einen anderen Klub, müssten wir sie voll bezahlen. Aber dafür fehlen uns aktuell die finanziellen Mittel“, sagt Mondt. Eine andere Lösung wäre, dass Dresden die Gehälter übernimmt. Aber kann sich das ein Zweitligist, der selber zu kämpfen hat, leisten? Unklar. Wie derzeit so vieles im deutschen Eishockey.

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