Dortmund Dortmund startet in die Partywochen

Dortmund · Am drittletzten Spieltag der Fußball-Bundesliga machte der BVB die Titelverteidigung perfekt. Nach dem 2:0-Sieg gegen Borussia Mönchengladbach feierte die Mannschaft ausgiebig auf dem Feld. Die anschließende Party in der Stadt blieb weitgehend friedlich.

Um kurz nach halb neun bricht Jubel auf der Nordtribüne im Dortmunder Fußballstadion aus. Tor! Tor für Dortmund! Dabei ist die Partie gegen Borussia Mönchengladbach schon gut eine Viertelstunde vorbei, die Titelverteidigung perfekt, der 32. Spieltag passé. Doch Kehl genießt noch einmal die Ovationen. Nicht Sebastian, der Kapitän des BVB, sondern Luis, sein fünfjähriger Sohn. Er ist aufs leere Tor zugestürmt und hat mit traumwandlerischer Sicherheit verwandelt. Später nimmt der Papa seinen Luis in den Arm.

Die Stunde nach dem Spiel ist auch die Stunde der Familienzusammenführung auf dem vom Flutlicht beleuchteten Rasen. Die familiäre Atmosphäre, von der sie in Dortmund immer so gern reden, findet hier ihren unverkrampften Ausdruck. Die Söhne und Töchter, die Frauen und Freundinnen der Meisterspieler kommen nach und nach von den Rängen herunter. Nationalspieler Mats Hummels macht Erinnerungsfotos. Trainer Jürgen Klopp und seine Frau Ulla knutschen selbstvergessen wie Teenager.

Die Dortmunder streifen sich schwarze Meister-T-Shirts über. Die bei diesen Gelegenheiten unvermeidlichen überdimensionierten Biergläser machen die Runde. Der Inhalt fließt in durstige Kehlen oder endet in den Frisuren von Spielern, Betreuern oder Fernsehleuten. Sebastian Kehl führt eine Krabbelgruppe an, die vor den Fans auf die Knie geht. In der Hand hält er eine Meisterschale aus Pappe. Die echte bekommt er erst nach dem letzten Spieltag in die Finger.

Ein unangefochtener 2:0-Sieg durch Treffer des Kroaten Ivan Perisic und des Japaners Shinji Kagawa führt zum achten Dortmunder Meistertitel. Am Samstagnachmittag war die Südtribüne bereits voll besetzt. Per Radio und Smartphone verfolgten die Fans das Spiel in Bremen. Bei einem Remis an der Weser wären die Dortmunder schon vor dem Borussen-Gipfel Meister gewesen. Doch Münchens Franck Ribéry verlangte dem BVB mit seinem 2:1-Siegtreffer in der 90. Minute noch einmal eine ernsthafte Schicht ab.

"Ich freue mich, dass die Bayern in Bremen gewonnen haben, sonst hätten wir das heute so nicht erlebt", sagt später Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der sich zuletzt eine verbale Auseinandersetzung mit Münchens Präsident Uli Hoeneß geliefert hatte, "ein perfekter Samstag. So eine perfekte Leistung zu bieten, zeigt die Qualität der Mannschaft."

Kevin Großkreutz konnte nicht mitspielen. Er hatte sich im Training die Nase gebrochen. Bei den Feierlichkeiten aber übernimmt er die Führungsrolle. Dabei bekommt er noch einen Schlag ab. "Jetzt ist die Nase richtig durch, das ist aber auch egal. Ich spüre jetzt keine Schmerzen mehr." Großkreutz grölt ins Mikrofon, und er stürzt das Bier in den Rachen. Dortmund berauscht sich an sich selbst. "Und schon wieder deutscher Meister, BVB", heißt der Hit des Tages. Auch das von Stadionsprecher Norbert Dickel gesungene "Borussia, schenk mir die Schale" zur Melodie "Schatzi, schenk mir ein Foto" schallt immer wieder durchs Stadion.

Es herrscht eine ausgelassene Atmosphäre. So wie im vergangenen Jahr, als der BVB ebenfalls am 32. Spieltag den Titel holte. Als Großkreutz sich eine Glatze schneiden ließ, Klopp in der Pressekonferenz die Bierdusche bekam und der Torwart ein Interview auf Weidenfeller-Englisch gab ("We have a grandios Saison gespielt").

Schon während des Spiels sind an diesem Samstag die Kneipen der Stadt voll. Die Wirte haben sich besser auf die vorzeitige Meisterfeier vorbereitet als im vergangenen Jahr. Damals reichte das Bier nicht. Um die Verletzungsgefahr zu verringern, hat die Verwaltung ein Glasverbot für die Innenstadt verhängt. Mit dem Schlusspfiff versinkt Dortmund im Verkehrschaos. In der Nacht bleibt es friedlich. Der Polizei kommt zugute, dass kalte Regengüsse die Straßen am früheren Sonntagmorgen leer spülen. Die Bilanz fällt mit acht Festnahmen kaum anders aus als bei einem üblichen Bundesligaspiel.

Die Mannschaft trifft sich am späten Abend im Restaurant "Piazza Navona". Anschließend gehen die Profis auf die Piste. Abwehrspieler Neven Subotic tanzt dabei auf dem Dach eines Autos. So sieht das aus, wenn Watzke seinen Profis aufgibt, "für zwei Tage die Seele baumeln zu lassen". Die offizielle Meisterfeier mit echter Meisterschale, offenen Lastwagen und jeder Menge Bier folgt am 13. Mai, am Tag nach dem Pokalfinale gegen Bayern München im Berliner Olympiastadion. Um 18.09 Uhr soll der Corso am Borsigplatz im Norden der Stadt beginnen. Früher geht nicht. Dortmund sorgt sich, dass die Beteiligung an der Landtagswahl an diesem Tag doch arg gering ausfiele.

(RP)
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