Hoffenheim-Mäzen wird seit Jahren attackiert Warum Hopp zur Zielscheibe der Ultras wurde

Sinsheim · Seit Jahren attackieren die organisierten Fan-Szenen in Deutschland Dietmar Hopp. Er ist für sie das Gesicht der zunehmenden Kommerzialisierung im Fußball. Der Protest läuft jedoch immer mehr aus dem Ruder.

 Dietmar Hopp und Karl-Heinz Rummenigge umarmen sich.

Dietmar Hopp und Karl-Heinz Rummenigge umarmen sich.

Foto: dpa/Revierfoto

Vor ein paar Jahren hatte Dietmar Hopp eine Fehde mit der Anhängerschaft von Fortuna Düsseldorf. Und manche Sätze wird man einfach nur ganz schwer wieder los. Mai 2008. Damals stellte der Gründer der Software-Firma SAP in einem Interview, als er seine TSG Hoffenheim gegen die Fußball-Traditionalisten verteidigen wollte, die rhetorische Frage: „Oder wollen wir jetzt Fortuna Düsseldorf zurück in die Bundesliga holen?“ Hopp hat sich für diesen Satz mehrfach entschuldigt, und Fortuna ist sogar schon zweimal in die Bundesliga zurückgekehrt. Damit ist die Geschichte aber nicht beendet gewesen. Hopp ist für die Ultras in Deutschland zum Gesicht der zunehmenden Kommerzialisierung im Fußball geworden – der Protest läuft indes immer mehr aus dem Ruder.

Am vergangenen Wochenende haben die Attacken gegen ihn einen traurigen Höhepunkt erreicht. Das kam wenig überraschend. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hatte Borussia Dortmund dazu verurteilt, in den kommenden zwei Jahren ohne Fans zum Auswärtsspiel nach Sinsheim zu reisen. Diese Art von Kollektivstrafen sollte es eigentlich nicht mehr geben. Hernach nahm das Thema wieder Fahrt auf. Die organisierten Fanszenen hierzulande haben sich in großen Teilen zusammengeschlossen: gegen den DFB, die DFL und Hopp.

Dietmar Hopp saß schon lange nicht mehr auf der Ehrentribüne, er stand neben Karl-Heinz-Rummenigge an der Seitenlinie - im Regen. Allein gelassen brauchte sich der 79-Jährige in seiner schwersten Stunde als Mäzen der TSG 1899 Hoffenheim nicht fühlen. „Dietmar Hopp! Dietmar Hopp!“-Rufe hallten durch das Stadion in Sinsheim. Und nach dem Fan-Eklat im Spiel gegen den FC Bayern mit den Hass-Plakaten gegen Hopp erhielt der Milliardär Zuspruch von vielen Seiten. Von einer Hassfigur der Ultra-Szene ist er spätestens am Samstag zum Symbol eines Machtkampfs im deutschen Fußball geworden. Warum nur?

„Herr Hopp hat viel Vermögen verdient, ja, durch harte Arbeit. Aber er gibt das ganze Vermögen für Sport, für soziale Projekte, für Medizin aus, und dafür wird man an den Pranger gestellt in diesem Land?“, klagte DFB-Präsident Fritz Keller am Samstag im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF. „Wo sind wir hingekommen in diesem Land? Was soll das? Das geht nicht mehr, wir müssen ein Zeichen setzen gegen Hass und gegen Neid in dieser Gesellschaft.“

Reaktionen zum Skandalspiel von Sinsheim
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Foto: dpa/Tom Weller

Hopp selbst äußerte sich erst am Tag nach der denkwürdigen Bundesliga-Partie, die nach einer 6:0-Führung der Bayern mit zwei Spielunterbrechungen und einem demonstrativen Ballgeschiebe beider Teams endete. „Ich warte jetzt gespannt ab, wie das jetzt alles ins Rollen kommt“, sagte er in einem Sport1-Interview. „Wenn ich nur im Entferntesten wüsste, was diese Idioten von mir wollen, dann würde es mir alles leichter fallen, das zu verstehen. Ich kann mir nicht erklären, warum die mich so anfeinden. Das erinnert an ganz dunkle Zeiten.“

Der Mehrheitseigner sei „extrem aufgewühlt“ gewesen, berichtete TSG-Geschäftsführer Peter Görlich in Sinsheim. Das sei ja auch verständlich: „Dietmar Hopp wird seit Jahren beleidigt.“ Das erste Plakat mit seinem Konterfei im Fadenkreuz tauchte bereits 2008 auf und war der Beginn einer Dauerfehde zwischen den Fans vom BVB und Hopp. Daraus wurde ein Lagerkampf, der den Fußball mehr denn je spaltet.

Unabhängig von Finanzgeflechten bei den eigenen Vereinen sagt ein harter Kern der Fans: Hopp hat den Erfolg gekauft. Mit seinem Geld hat der einstige SAP-Mitbegründer - dem US-Wirtschaftsmagazin „Forbes“ zufolge derzeit mit einem Vermögen von 10,2 Milliarden Dollar (ca. 9,2 Milliarden Euro) auf Platz 15 der reichsten Deutschen - den Dorfclub Hoffenheim zu einem Bundesligisten gemacht. Von einem klassischen Investor unterscheidet sich Hopp dennoch: Der gebürtige Heidelberger kickte einst selbst bei der TSG, der Klub ist ihm eine Herzensangelegenheit. Dank hoher Transfereinnahmen ist Hoffenheim seit einigen Jahren von Hopp finanziell unabhängig.

Borussia Mönchengladbach: Ultras zeigen Plakate gegen Dietmar Hopp
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Borussia-Anhänger zeigen Schmähplakate gegen Hopp

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Foto: Dirk Päffgen/Dirk Päffgen (dirk)

Eine Zeit lang drängten die Proteste gegen die Emporkömmlinge von RB Leipzig die Causa Hopp/Hoffenheim in den Hintergrund. Nach dem DFB-Urteil mit einer zweijährigen Stadion-Sperre gegen die Wiederholungstäter aus dem Fanlager des BVB vor zehn Tagen ist die Auseinandersetzung wieder neu entflammt. Hopp geht schon länger auch zivilrechtlich gegen Fans vor, die ihn beleidigen.

Bayern-Trainer Hansi Flick kennt Hopp wie kaum jemand in der Liga: Der frühere Co-Trainer von Joachim Löw trainierte die Hoffenheimer vor dem furiosen Durchmarsch ins Oberhaus. Er wohnte immer im benachbarten Bammental und war vor zwei Jahren für kurze Zeit einer der Geschäftsführer bei der TSG. „Jeder von diesen Chaoten hat wahrscheinlich jemanden in der Familie, der von Dietmar Hopp schon einmal profitiert hat“, sagte der wütende Flick an die Adresse der Übeltäter im Bayern-Block.

In der Rhein-Neckar-Region gilt Hopp als der große Wohltäter: Mit seiner Stiftung hat „Vadder Hopp“, wie er oft genannt wird, nach eigenen Angaben bisher rund 800 Millionen Euro ausgegeben - für Kindergärten, Altenheime, Krebsforschung, Bildung, Jugendsport und mehr. Deshalb begleiten Hopp schon lange Solidaritätsbekundungen, auch aus dem Bayern-Lager: Mit der Münchner Führungsriege pflegt der Golffreund von Franz Beckenbauer ein freundschaftliches Verhältnis. Bayern-Vorstandschef Rummenigge nahm den Mäzen am Samstag schon auf der Tribüne tröstend in den Arm. Und ließ ihn dann nicht alleine im Regen stehen.

(gic/dpa)
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