Kunstrad-WM in Böblingen: Deutscher Goldrausch im Tollhaus

Böblingen (sid). Die deutschen Hallenradsportler sitzen weiter auf dem hohen (Stahl-) Ross. 13.500 Zuschauer verwandelten die an allen drei Tagen ausverkaufte Böblinger Sporthalle in ein Tollhaus, als die Brüder Michael und Sandro Lomuscio vom ausrichtenden RV Gärtringen bei den Weltmeisterschaften den Goldrausch abschlossen. Im Radball-Finale entthronten sie mit 6:4 Titelverteidiger Schweiz und sorgten für den vierten Triumph in fünf Wettbewerben.

Für Manfred Böhmer, den Präsidenten des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), der im Frühjahr nicht mehr kandidiert, war es ein schönes Abschiedsgeschenk. "Nur für meine Nachfolgerin Sylvia Schenk tut es mir leid, denn die Messlatte liegt für sie sehr hoch", scherzte er. Selbst im Zweier-Kunstfahren der Frauen blieb der Titel eigentlich im Lande, denn die portugiesischen Schwestern Ivone und Carmen Carvalho leben im westfälischen Lieme.

Für den BDR war es der glänzende Abschluss eines großen Radsport-Jahres. Es begann mit Hanka Kupfernagel (Berlin) als erster Querfeldein-Weltmeisterin überhaupt und führte über drei Olympiasiege in Sydney bis zum Weltcupgewinn von Erik Zabel.

Im Kunstradfahren hatte man sich im Vorjahr mit zwei Titeln begnügen müssen, und auch diesmal verlief der Auftakt nicht nach Plan. Im Zweier der Frauen reichte es für Sandra Steegmüller und Katrin Ludwig (Magstadt) nur zu Bronze. Bundestrainer Kurt-Jürgen Daum: "In dieser Disziplin müssen wir uns an die Aufbauarbeit machen, aber alles in allem haben wir überall eine gute Basis und können zufrieden sein."

Danach wurde der Heimvorteil vor den jeweils 4.500 Fans zum zusätzlichen Ansporn. Astrid Ruckaberle (Weil im Schönbuch) gewann nach zweimal Bronze ihren ersten WM-Titel mit Weltrekord (332,57 Punkte), während Sandra Schlosser (Gärtringen) Dritte wurde. Martin Rominger (Tailfingen) sammelte sein viertes Gold in Serie vor Klubkamerad Martin Letsch ein. Stefan Raaf/Michael Roth (Kirchdorf) holten ebenso überlegen ihren sechsten Titel und verwiesen die Titelverteidiger Michael und Heiko Rauch (Langenprozelten) auf Rang zwei.

Schließlich vergoldeten die Lomuscio-Brüder Bundestrainer Hans Krämer im Radball den Abschied. In 18 Jahren hat der Mainzer seine Teams zu acht Titeln geführt. Sein Nachfolger wird der dreimalige Weltmeister Jürgen King (Lauterbach im Schwarzwald). "Die Konkurrenz bei uns ist groß. Wir haben einige hungrige Paare, die genau so offensiv spielen wie die neuen Weltmeister", meinte King zu seiner neuen Aufgabe.

Rundum zufrieden war auch Ausrichter Hartmut Kimmerle vom RV Gärtringen: "Der Etat von 850.000 Mark ist ausgeglichen worden." Zahlreiche ehrenamtliche Helfer und die große Publikumsresonanz hatten das ermöglicht. BDR-Präsident Böhmer: "Es war goldrichtig, diese Weltmeisterschaft nach Württemberg zu geben, in die Wiege des Hallenradsports."

Der Medaillenspiegel:

Gold Silber Bronze

1. Deutschland 4 2 2 2. Portugal 1 - - 3. Tschechien - 2 2 4. Schweiz - 1 - 5. Österreich - - 1

(RPO Archiv)
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