„Corona-Bombe“ in London Untätiger Darts-Verband in der Kritik – Stars fordern WM-Abbruch

London · Bei der Darts-WM wird quasi täglich ein neuer Spieler positiv auf das Coronavirus getestet. Topspieler rufen nach einem vorzeitigen Abbruch. Und der von einem positiven Test gestoppte Michael van Gerwen erzählt schonungslos über die Schutzmaßnahmen.

Fordert den Abbruch der Darts-WM: Gary Anderson.

Fordert den Abbruch der Darts-WM: Gary Anderson.

Foto: dpa/Zac Goodwin

Topstars wie Weltmeister Gerwyn Price oder Ex-Champion Gary Anderson rufen nach einem vorzeitigen Abbruch der WM, der von einem positiven Corona-Test gestoppte Michael van Gerwen deckt schonungslos die Mängel des bereits eingestürzten Hygienekonzepts auf: Der Darts-Weltverband PDC befindet sich nach den heftigen Corona-Turbulenzen in seiner wohl schwersten Krise und muss nun in einem Themenfeld ran, in dem es mal nicht um Sport, Show und großes Entertainment geht. Es geht tatsächlich um die Frage, ob dieses mit knapp drei Millionen Euro dotierte Turnier mit dem geplanten Finale am 3. Januar aus Gründen der sportlichen Fairness beendet werden kann.

Primus Price und Vorjahresfinalist Anderson sind da skeptisch. „Das Turnier sollte verschoben werden“, hatte Price via Instagram gefordert. Dies sei zwar wahrscheinlich nicht die beste Option, „aber eine Option, mit der ich einverstanden wäre“. Am Abend legte der schottische Routinier Anderson nach, nachdem er gegen Englands Ian White einen 0:3-Rückstand in ein 4:3 verwandelte. „Für mich ist das nicht richtig. Es wird so viel Durcheinander in der Weltrangliste geben in den nächsten Monaten“, kommentierte „The Flying Scotsman“.

Die PDC - eher Firma als Verband - schließt derweil sinnbildlich die Augen und hofft, die restliche WM trotz des großen Chaos und immer heftigerer Kritik durchziehen zu können. Dass nun auch die Stars der Szene das Wort erheben und sich gegen den Preisgeldgeber wenden, ist für den Weltverband ein ungewohntes Gefühl. Mehr als die Rufe nach einer Unterbrechung treffen die PDC dabei die heftigen Worte des ausgeschiedenen van Gerwen, der das Hygienekonzept massiv anprangerte.

„Die PDC wird immer sagen, dass sie sich an die Regeln der Regierung gehalten hat, aber sie hätte mehr machen können. Die Kontrollen waren nicht stark genug. Es ist jetzt einfach eine große Corona-Bombe“, sagte der dreimalige Weltmeister dem niederländischen Portal „AD Sportwereld“. Damit hat van Gerwen durchaus einen Punkt: Die Macher handelten mit ihren Konzepten rechtmäßig und auf Basis der minimalen Standards, die von der britischen Regierung vorgegeben werden.

Ein wirklich strenges Hygienekonzept, wie bei anderen internationalen Sportevents, suchte man aber vergeblich. Hört man, dass Spieler nach erfolgter Einreise zunächst keine weiteren Tests vor ihren jeweiligen Matches brauchten, erinnert dies eher an eine Bezirks-Veranstaltung, die bei der örtlichen Apotheke nicht mehr genug Kapazitäten für eine regelmäßige Testung auftreiben konnte. Nach Informationen von „ntv“ reichten dann sogar Selbsttests ohne Aufsicht. Eine sogenannte Blase, wonach Kontakte zur Außenwelt verboten sind, gab es nicht. Das ist in anderen Sportarten Standard.

Bei der WM waren seit Weihnachten van Gerwen, Raymond van Barneveld, Vincent van der Voort (alle Niederlande) sowie der Engländer Dave Chisnall positiv auf das Virus getestet worden. Am Donnerstagabend berichtete auch Danny Noppert (ebenfalls Niederlande) von einem positiven Test, er ist zuvor aber ausgeschieden. Drei Spielausfälle waren die Folge. Die PDC kommunizierte dazu stets nur das Nötigste. Weitere Maßnahmen? Fehlanzeige. Ein paar Spieler kamen fortan mit Maske auf die Bühne, doch eine Vorgabe oder gar Pflicht war dies nicht.

Wie geht es weiter? Die PDC scheint bislang nicht daran zu denken, das Turnier zu unterbrechen. Das sportliche Spektakel mit dem Weltklasse-Duell zwischen Englands Michael Smith und Jonny Clayton aus Wales (4:3) vom Donnerstag half den Veranstaltern, mal wieder ein paar andere Darts-Schlagzeilen zu bekommen. Es ist bemerkenswert, wie die übertragenden Sendeanstalten wie Sky Sports auf dieser Linie mitziehen und den Sport stets über die Turbulenzen stellen. Selbst wenn es keine weiteren Fälle und eine reibungslose Finalwoche gibt, wird der Imageschaden groß bleiben.

(dör/dpa)
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