„Ich werde jede Zeitung kaufen“ Darts-Welt feiert Sherrock

London · Der 17. Dezember 2019 geht in die Darts-Geschichte ein: Die 25 Jahre alte Friseurin Fallon Sherrock erringt den ersten WM-Sieg einer Frau - und widmet diesen allen Mitstreiterinnen. Promoter Barry Hearn kann sich vorstellen, die Frauen noch stärker einzubinden.

 Fallon Sherrock.

Fallon Sherrock.

Foto: dpa/Steven Paston

Nach ihrem geschichtsträchtigen Triumph für die Darts-Welt freute sich Fallon Sherrock auf ein kühles Guinness. Der erste Sieg einer Frau rührte die 25 Jahre alte Engländerin auf der ganz großen Bühne von London zunächst zu Tränen, dann wühlte er sie komplett auf. Erst kurz vor Mitternacht endete ihr Interviewmarathon, am Morgen war sie dann schon wieder Gast beim Radio. Dazwischen lagen die wohl turbulentesten Stunden ihrer Sport-Karriere. „Ich werde jede Zeitung kaufen“, kündigte die gelernte Friseurin an. Der Tag, an dem sie die Darts-Historie veränderte, will gut dokumentiert sein.

Ihren 3:2-Sieg über Landsmann Ted Evetts am Dienstag sah Sherrock nicht nur als persönlichen Triumph, sondern widmete ihn allen weiteren Frauen auf der Tour. „Es gibt Spielerinnen, die so spielen können wie ich - oder sogar besser. Wir müssen nur die Chancen haben, uns zu beweisen. Dieser Sieg wird uns helfen. Sie können jetzt nichts mehr sagen, weil wir die Männer besiegt haben“, sagte Sherrock.

Fest umarmt von ihrem Papa Steve stand sie in der Mitte des Alexandra Palace und rang nach Worten. „Ich kann nur „wow“ sagen. Oh mein Gott! Ich bin einfach froh, was ich für den Darts-Sport erreicht habe“, sagte sie, während das Publikum jubelte und johlte. Ihr fünfjähriger Sohn Rory saß vor dem Fernseher. „Ich bin sehr glücklich und freue mich, wenn er stolz ist. Er kann jetzt sagen: Meine Mama hat das geschafft.“

Sherrock ist jung, schlank und blond und damit der Gegenentwurf vieler Darts-Spieler, die ihre Plauze an die Scheibe schleppen. Boss Barry Hearn hatte wohl genau solche Bilder im Kopf, als er vor einem Jahr mit dem Weltverband PDC die beiden Qualifikationsplätze für Frauen einführte. „Es ist eine Leistungsgesellschaft, es zählen also nur die Ergebnisse. Wenn die Frauen das Level der Männer erreichen, können sie eine Menge Geld verdienen“, sagte Hearn der Deutschen Presse-Agentur in London. Wie Sherrock, für die schon die 15 000 Pfund für einen Erstrundensieg ein echter Quantensprung sind.

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Foto: dpa/Ina Fassbender

Das Duell zwischen Frau und Mann elektrisierte die Zuschauer so sehr, dass sie Evetts von Anfang an ausbuhten. „Ich habe jede Minute genossen“, sagte Sherrock zum Ally-Pally-Spektakel. „Super Ted“, wie Evetts genannt wird, dankte sie explizit für sein faires Verhalten auch in der Stunde der Niederlage. „Danke für die lieben Worte nach dem Match, er hatte 3000 Menschen gegen sich und ich habe mit ihm gefühlt. Aber ich musste meinen Job machen.“

Sherrock kommt aus Milton Keynes und trainiert normalerweise erst abends, wenn Sohn Rory nach 19.00 Uhr im Bett liegt. „Ich kann es wagen zu träumen“, sagte sie auf die Frage, ob jetzt auch der ganz große Wurf bei der WM möglich sei.

Am Samstagabend (22.00 Uhr/Sport1 und DAZN) wartet das Zweitrundenduell mit Österreichs Mensur Suljovic auf Sherrock. Die 3000 Fans werden wohl auch am Samstag ganz auf Sherrocks Seite sein.

„Was für ein Tag für Fallon Sherrock! Was für ein Tag für Darts! Was für ein Tag für den Frauen-Sport! Was für ein Tag für den Sport!“, fasste Ex-Profi und Experte Wayne Mardle das Geschehene zusammen. Die eigene Frauen-WM der „British Darts Organisation“ (BDO), bei der die Engländerin schon einmal das Finale erreichte, sei zwar nett, sagte Sherrock: „Aber ich spiele eigentlich lieber gegen Männer. Insofern würde ich es begrüßen, wenn man uns bei der nächsten WM mehr Startplätze geben würde. Mindestens vier.“ Die besten Argumente für so eine Ausweitung hat Sherrock dem Weltverband mit ihrem Sieg schon geliefert.

(eh/dpa)
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