Biathlon: Neben Ruhm und Ehre gibt es auch Geld zu verdienen Bundestrainer Ullrich: "Spitzenathleten können mittlerweile ordentlich verdienen"

Ruhpolding (sid). Die ehemaligen Armenhäusler des Wintersports lernen das Kassieren. Allein sein Auftakt-Sieg beim Biathlon-Weltcup in Ruhpolding brachte Ricco Groß neben Ruhm und Ehre 30.000 Mark ein. "Ein gutes Beiwerk", findet der dreimalige Olympiasieger, während Bundestrainer Frank Ullrich einräumt: "Unsere Spitzenathleten können mittlerweile schon ganz ordentlich Geld verdienen."

In den letzten Jahren hob die Internationale Biathlon-Union (IBU) die Siegprämien um satte 600 Prozent an. Statt einst läppischer 1.500 Mark sind für den Tagessieg bei einem Weltcup inzwischen 9.000 Mark ausgelobt. Das Gesamtpreisgeld pro Wettbewerb ist auf 21.000 Mark fixiert und liegt damit auf dem Niveau der Langläufer und Nordisch-Kombinierten.

"Wir haben im Vorjahr beim Weltcup-Finale in Oslo Forderungen aufgestellt", schildert Groß als Mitglied der Athleten-Kommission den Druck der Sportler auf den Verband. Laut Groß wird die in den letzten Jahren erheblich gesteigerte Anzahl der Weltcup-Wettbewerbe "von den Sportlern prinzipiell begrüßt."

Die IBU gibt über die erhöhten Sieg- und Platzprämien zumindest einen Teil des neuen Reichtums an die Hauptdarsteller des telegenen Winterzweikampfes weiter. Die Einnahmen des Verbandes durch Fernsehgelder haben sich in den letzten drei Jahren verdoppelt. Bereits jetzt ist zum Leidwesen der privaten Konkurrenz ein von 2002 bis 2006 laufender Vierjahres-Vertrag mit den in der EBU vereinten öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ausgehandelt, der 27 Millionen Mark in die Verbandskasse schwemmt. Inbegriffen waren dabei laut IBU-Generalsekretär Peter Bayer "Nachbesserungen beim laufenden Vertrag", aus dem die IBU nun etwa fünf Millionen Mark pro Jahr erwirtschaftet.

Für die deutschen Asse aber sind die IBU-Tausender nur ein Zweitverdienst. Aufgrund des neuen Vertrages des Deutschen Skiverbandes (DSV) mit RTL sind auch die internen Prämien im Biathlon drastisch erhöht worden. 15.000 Mark buttert der DSV für einen Weltcup-Erfolg zu, 50.000 für einen WM-Titel. Die Oberhoferin Andrea Henkel, Siegerin beim Weltcup von Pokljuka, stellte nach dem ersten großen Zahltag ihrer Karriere fest: "Ich wusste zuerst gar nicht, was ich mit dem Geld machen sollte. Ich bin gleich auf meine Bank gegangen und habe mich mit der Anlageberaterin unterhalten."

Die neue Macht des Geldes hat laut Uwe Müssiggang "den Charakter der Truppe noch nicht verdorben." Der Damen-Bundestrainer räumt aber ein, dass es weit schwerer geworden ist, "taktische Spielchen" zu betreiben. So war es lange üblich, die Spitzenkräfte vor den Saisonhöhepunkten zu schonen. "Heute wollen die Mädchen ihre Einsatzchancen wahrnehmen."

Top-Biathleten wie Groß oder die Oberhofer Sven Fischer und Frank Luck können mittlerweile von Prämien, Preisgeldern und Privatsponsoren leben. Der größere Rest der aktuellen deutschen Mannschaft ist durch das im Schnitt bei 2.500 Mark liegende Nettogehalt eines Sportsoldaten sowie Sporthilfe abgesichert.

(RPO Archiv)
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