Boxer Mildenberger wird 75 "Karl der Große" — zwölf Runden gegen Ali

Kaiserslautern · Er bot dem großen Muhammad Ali über zwölf Runden Gegenwehr, ehe ihn eine Platzwunde aus allen Träumen riss. Wahrscheinlich erhält Karl Mildenberger am Freitag zu seinem 75. Geburtstag wieder ein Glückwunschtelegramm vom "Größten".

 Karl Mildenberger (l.) gemeinsam mit Patricia Reich und Axel Schulz als Boxfan am Ring.

Karl Mildenberger (l.) gemeinsam mit Patricia Reich und Axel Schulz als Boxfan am Ring.

Foto: dpa, Kay Nietfeld

Selten wurde ein Verlierer so gefeiert wie Karl Mildenberger. Nach seiner K.o.-Niederlage am 10. September 1966 gegen Muhammad Ali trugen die Zuschauer den Pfälzer durch den Ring und ernannten ihn kurzerhand zu "Karl, dem Großen". Am Freitag feiert der einstige Ali-Rivale im familiären Kreis seinen 75. Geburtstag.

Mitglied des FCK

"Er ist trotz seiner Erfolge immer auf dem Boden geblieben. Seine Menschlichkeit zeichnet ihn aus", sagt Walter Freitag, Abteilungsleiter der Box-Abteilung des 1. FC Kaiserslautern. Dem FCK gehört Mildenberger noch heute an und hält trotz gesundheitlicher Probleme Kontakt. Freitag: "Er hat uns nie vergessen."

Vor gut 46 Jahren, im Spätsommer 1966, schlug die Stunde von Mildenberger. 35.000 Zuschauer - unter ihnen auch die Ex-Weltmeister Max Schmeling und Joe Louis - hatten sich im Frankfurter Waldstadion auf einen kurzen Kampf von drei bis vier Runden eingestellt. Das Fernsehen verzichtete auf eine Live-Übertragung, da weder ARD noch ZDF eine Million Mark für die Übertragungsrechte an den US-Sender View Sports zahlen wollten.

Abbruch nach Platzwunde

Doch Mildenberger wuchs über sich hinaus. Der deutsche Amateurmeister von 1958 ärgerte Ali mit seiner ungewohnten Rechtsauslage und erkämpfte sich in den Runden sechs und sieben Vorteile. Mit seiner Linken kam er mehrfach durch. Schließlich machte jedoch eine Platzwunde am linken Auge alle Titelträume zunichte. In der zwölften von 15 Runden brach Ringrichter Teddy Waltham den Fight ab. Ali hatte eine Serie von Kopftreffern gelandet.

"Es war richtig, dass der Ringrichter den Fight beendet hat", sagte Mildenberger hinterher. Er konnte nichts mehr sehen, eine Fortsetzung hätte verheerende Folgen für den Herausforderer haben können. Am Ende konnte der Verlierer mit dem Ausgang gut leben. Mildenberger: "Ich bin glücklich, dass ich gegen ihn boxen konnte und ihm so lange das Leben im Ring schwer machen konnte. Muhammad Ali ist und bleibt der beste Boxer aller Zeiten." Die höchste Anerkennung erhielt "Milde" vom Weltmeister selbst. "Es war mein schwerster Kampf seit dem Titelgewinn gegen Sonny Liston", sagte Ali nach dem Fight.

Ali befand sich zu der Zeit gezwungenermaßen auf Europa-Tour. Kurz nach seinem WM-Triumph gegen Liston 1964 war er zum Islam konvertiert und wetterte seitdem lauthals gegen die Politik der US-Regierung. Kein Bundesstaat wollte mit dem "Staatsfeind" einen Kampf ausrichten. Wenige Monate vor seiner Wehrdienstverweigerung im April 1967, die Ali endgültig eine dreijährige Sperre einbringen sollte, suchte der Weltmeister seine Gegner im Ausland. Kurz vor seinem Besuch in Frankfurt boxte er in London gegen Henry Cooper und Brian London.

"Karl der Flache"

Mildenberger erhielt den Ali-Kampf nicht zufällig. Der 1,87 m große und damals 86 kg schwere Modellathlet war die Nummer vier der Weltrangliste. 1964 war er Europameister geworden und verteidigte den Titel im Anschluss sechsmal. Mit der guten Serie machte er auch seine peinliche Niederlage aus dem ersten EM-Kampf von 1962 wett. Damals ging er in Dortmund gegen Dick Richardson in der ersten Runde K.o. und erhielt den Spitznamen "Karl der Flache".

1967 zog sich Mildenberger mit gerade mal 31 Jahren vom Boxsport zurück und arbeitete bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2002 als Bademeister in seiner Heimatstadt Kaiserslautern. Nach privaten Problemen fasste er durch seine zweite Ehe wieder Fuß. Der Kontakt zu Ali blieb erhalten. Mehrmals sahen sich die beiden Rivalen von einst bei Boxveranstaltungen wieder. Zu seinem 70. Geburtstag im November 2007 erhielt "Milde" ein Glückwunsch-Telegramm von Ali. Und wahrscheinlich wird es am Freitag wieder so sein.

(sid)
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