"Tiger" Michalczewski wird 50 "Erstaunlich, was der dumme Pole aus sich gemacht hat"

Berlin · Der ehemalige Box-Weltmeister Dariusz Michalczewski blickt vor seinem 50. Geburtstag auf ein bislang sehr ereignisreiches Leben zurück. Und der "Tiger" bereut nichts.

 Dariusz Michalczewski kämpft gegen Graciano Rocchigiani.

Dariusz Michalczewski kämpft gegen Graciano Rocchigiani.

Foto: dpa, Rainer Jensen

An diesen einen Satz seines einstigen Rivalen Graciano Rocchigiani wird sich Dariusz Michalczewski wohl ewig erinnern. "Es gibt schlaue Deutsche und schlaue Polen, aber du bist ein dummer Pole" - mit dieser Beleidigung heizte "Rocky" die Revanche gegen den "Tiger" im April 2000 ordentlich an. "Das war doch bestes Ballyhoo", sagt Michalczewski 18 Jahre später: "Und ist es nicht erstaunlich, was der dumme Pole aus sich gemacht hat - sowohl als Boxer als auch danach?"

Kurz vor seinem 50. Geburtstag am Samstag blickt der ehemalige Halbschwergewichts-Weltmeister mit Stolz auf sein bisheriges Leben zurück. Sportliche Triumphe, drei Scheidungen, reichlich Skandale, Mega-Erfolge als Geschäftsmann - "was ich in meinen ersten 50 Jahren erlebt und durchgemacht habe, passt in zehn und mehr Leben", sagte der Deutsch-Pole im Interview mit der Tageszeitung Die Welt.

Als junger Mann setzte sich der gebürtige Danziger 1988 nach Deutschland ab, hier boxte er sich mit viel Talent und noch mehr Willensstärke nach oben. Trainer-Ikone Fritz Sdunek formte Michalczewski zum Weltmeister, seinen Titel verteidigte er 23-mal erfolgreich. Neun Jahre lang hielt sich der "Tiger", wie Michalczewski wegen seines aggressiven Kampfstils genannt wurde, auf dem Box-Thron.

Unvergessen sind vor allem seine beiden Duelle gegen Rocchigiani. Im ersten Kampf im Millerntor-Stadion auf St. Pauli war der nach Punkten zurückliegende Michalczewski nach einem Trennungskommando zu Boden gegangen. Der gedemütigte Weltmeister wurde zum höchst umstrittenen Disqualifikationssieger erklärt. Schnell kamen Vorwürfe auf, er habe den Schwächeanfall nur vorgetäuscht.

"Es war sicherlich kein Treffer, der Dariusz im Normalfall zu Boden gestreckt hätte. Aber er wusste, dass er sich mit etwas Glück einen Vorteil verschaffen würde, wenn er liegen blieb und eine Verletzung vorgab", schrieb der vor drei Jahren verstorbene Trainer Sdunek in seiner Autobiografie. Das zweite Duell gegen "Rocky", für das sich Millionen Fans interessierten, gewann der "Tiger" klar.

"Für die Polen war ich nach meiner Flucht ein Verräter"

Weil er anders als RTL-Frontmann Henry Maske seine Kämpfe von einem Bezahlsender ausstrahlen ließ, genoss Michalczewski hierzulande nie die ganz große Popularität, obwohl er bis 2002 unter deutscher Flagge boxte. Deutschland ist er dennoch dankbar, Hamburg bedeutet für ihn nach wie vor Heimat. "In Polen hätte ich niemals diesen Weg gehen können", sagt er: "Für die Polen war ich nach meiner Flucht ein Verräter."

Das hat sich inzwischen geändert, in seiner Heimat hat sich Michalczewski als erfolgreicher Geschäftsmann etabliert. Mit dem Energiedrink "Tiger" macht sein Unternehmen nach eigenen Angaben jährlich rund 30 Millionen Euro Umsatz, außerdem verdient der frühere Boxprofi mit Immobilien sein Geld. Seine Fitnesskette "Tiger-Gym" mit zwölf Studios hat er erst kürzlich gewinnbringend verkauft.

Ein Teil seines Geldes geht zwar für seine Ex-Frauen und Kinder drauf, aber Michalczewski bereut nichts. Auch nicht, dass er in Danzig mal einen Schwulen-Hasser verprügelt hat. Manche seiner Landsleute "schauen nicht auf ihre eigene Scheiße, sondern lieber in die Schlafzimmer der anderen", sagte Michalczewski einmal der "Süddeutschen Zeitung": "Mir ist völlig egal, ob einer schwarz ist, weiß, Türke, Pole, Deutscher, schwul, lesbisch oder hetero."

(sid)
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