Boxen Pianeta will Schmeling beerben

Seit 83 langen Jahren hat Deutschland keinen Schwergewichts-Weltmeister im Profi-Boxen gestellt. Das kann sich am Samstag ändern.

 Francesco Pianeta (r.) fordert den Usbeken Ruslan Chagaev zum WM-Kampf heraus.

Francesco Pianeta (r.) fordert den Usbeken Ruslan Chagaev zum WM-Kampf heraus.

Foto: dpa, jew jai

Historischer Moment für das deutsche Profi-Boxen? Erstmals seit Max Schmeling und nach 83 langen Jahren kann es am Samstag wieder einen deutschen Box-Weltmeister im Schwergewicht geben.

Francesco Pianeta, Europameister aus Gelsenkirchen, greift in seinem 34. Profikampf (31 Siege) nach dem Titel der WBA. Sein Gegner in Magdeburg (22.45 Uhr/Sat.1) ist der durchaus schlagbare Usbeke Ruslan Chagaev.

Pianeta, Sohn italienischer Einwanderer, ist die historische Tragweite des Fights bewusst. Der 30-Jährige kennt den Mythos Schmeling, hat die Kämpfe des "Schwarzen Ulan" bei Youtube studiert. "Es ist eine Ehre für mich, mit so einem Mann verglichen zu werden", sagte der Herausforderer, räumte aber auch ein: "Viele Gedanken verschwende ich nicht daran. Für mich ist es zunächst wichtig, diesen Kampf überhaupt zu gewinnen."

Die historisch günstige Konstellation ist kein Zufall und hat viel mit der Cleverness von Pianetas Promotor Ulf Steinforth zu tun. Der Magdeburger Manager sorgte mit dafür, dass der gebürtige Italiener vor vier Monaten einen deutschen Pass erhielt. Bis dahin stieg Pianeta für sein Heimatland Italien in den Ring und verlor so auch seinen ersten WM-Kampf. Im Mai 2013 schickte ihn WBA-Superchampion Wladimir Klitschko in der sechsten Runde auf die Bretter.

Schulz scheitert gleich dreimal

Ohne die nötige Überzeugung blieben Deutschlands schwere Jungs bislang in der langen Historie der WM-Fights aller vier wichtigen Verbände (WBC, WBO, WBA und IBF). Axel Schulz scheiterte Mitte der 1990er Jahre gleich dreimal, auch Luan Krasniqi (2005), Marco Huck (2012) und Manuel Charr (2012) mussten sich in ihren WM-Fights geschlagen geben.

Bislang schaffte es aus Deutschland nur Volksheld Schmeling auf den Thron, als er am 12. Juni 1930 in New York den US-Amerikaner Jack Sharkey durch Disqualifikation bezwang. Nach der sehr umstrittenen Niederlage im Rückkampf zwei Jahre später musste der 1995 verstorbene Schmeling den Gürtel wieder abgeben. Seinen berühmtesten Kampf bot der "Schwarze Ulan" am 19. Juni 1936, als er in New York den als unschlagbar geltenden "Braunen Bomber" Joe Louis zu Boden schickte. Allerdings ging es dabei nicht um einen WM-Titel.

Nun kann Pianeta in die Fußstapfen des großen Schmeling treten, auch wenn seine Wurzeln nicht in Deutschland liegen. Geboren wurde der 1,92 m große Europameister im süditalienischen Corigliano Calabro. Im Alter von sechs Jahren kam er mit seiner Familie nach Gelsenkirchen und wurde ein echtes Kind des Ruhrgebiets. Das Boxen erlernte er beim Traditionsklub BC Erle, seine Liebe zum Fußball pflegt er als Präsident des Gelsenkirchner Kreisligisten Grün-Weiß Heßler. 2009 erkrankte der Rechtsausleger an Krebs, doch sein großer Wille und der liebe Gott, den der gläubige Christ nahezu in jedem Satz erwähnt, gaben ihm die Kraft zur Heilung.

Dass er irgendwann ein zweites Mal um den WM-Titel kämpfen würde, ist für Mehrfach-Champ Wladimir Klitschko keine Überraschung. Nach dem Duell der beiden 2013 in Mannheim bezeichnete der seit elf Jahren ungeschlagene Ukrainer Pianeta als den Gegner, "der mit den stärksten Schlägen geschlagen hat, die ich je erlebt habe". Dr. Steelhammer zeigte großen Respekt vor dem damaligen Verlierer und sagte: "Francesco wird eines Tages Weltmeister".

(sid)
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