Nach Kampfabsage Timo Rost – ein Boxprofi im Wartestand

Düsseldorf · Am Samstag wollte Boxprofi Timo Rost in Velbert um wichtige Ranglistenpunkte kämpfen. Stattdessen erfüllt er sich einen lang gehegten Traum und legt seinen eigenen Kartoffelacker an.

 Timo Rost.

Timo Rost.

Foto: Michael Wandrey

Von Haus aus ist Timo Rost ein sehr aktiver Mensch. Still zu sitzen liegt ihm überhaupt nicht, und selbst wenn der Düsseldorfer Boxprofi gerade einen harten Zehn-Runden-Kampf hinter sich gebracht hat, springt er in der Umkleidekabine meist noch herum wie ein Gummiball. Umso härter muss ihn doch jetzt die Zwangspause treffen, die die Corona-Krise ihm auferlegt hat; schließlich darf er nicht einmal zum Training in das Sportzentrum seines Coachs Rüdiger May, denn das ist, wie alle Sportanlagen im Land, vorübergehend geschlossen.

In dieser Situation weiß der 28-Jährige allerdings zu überraschen. Wie sehr ihn, auf einer Skala von eins bis zehn, die Untätigkeit denn nerve? „Wenn ich ehrlich bin, im Moment sogar null“, sagt Rost und schiebt gleich eine Erklärung nach: „In der Schule war Philosophie mein Lieblingsfach, und manchmal habe ich fast buddhistische Züge. Wenn ich etwas nicht ändern kann, nehme ich die Dinge eben hin. Würde ich mich jetzt auch noch jeden Tag ärgern, brächte das ja doch nichts.“

Ganz so tiefenentspannt, wie diese Sätze klingen, ist der Gerresheimer aber dann doch nicht. Beim Gedanken an den kommenden Samstag wird er schon ein wenig traurig. Dann hätte Rost in Velbert gegen den Esten Pavel Semjonov um wichtige Ranglistenpunkte kämpfen sollen. Im Siegfall hätten ihn diese auf dem Weg zu seinem großen Traum, dem Kampf um den Weltmeistertitel im Supermittelgewicht, wieder ein kleines Stückchen weitergebracht. Lang genug ist dieser Weg ohnehin noch, doch immerhin hatte sich der Düsseldorfer mit dem Gewinn des Internationalen Titels des Verbandes WBF, der dritthöchsten Stufe des Weltrankings, schon einmal in Position gebracht.

Gegen Semjonov sollte es weitergehen, doch in Velbert kann am Samstag ebenso wenig geboxt werden wie anderswo in Deutschland. Ein kleines Schlupfloch schien es in der vergangenen Woche noch zu geben. Rosts Managerin Eva Dzepina telefonierte rund um die Uhr, weil sich die Möglichkeit abzeichnete, gegen den Ukrainer Ruslan Shchelev um Ranglistenpunkte zu kämpfen – in Berlin oder in Wuppertal. Alles war vorbereitet, doch dann scheiterte es an Querelen mit dem ukrainischen Verband. „Die Absage hatte letztlich nicht einmal etwas mit Corona zu tun“, erklärt Rost und lächelt mit Galgenhumor. Drei Monate intensive Vorbereitung mit zwölf Trainingseinheiten pro Woche waren für die Katz.

Jetzt scheint die nächste Option tatsächlich erst ein für Ende September geplanter Boxabend zu sein, ein Heimspiel in der Classic Remise an der Harffstraße. „Ob wir vorher noch einen anderen Kampf hinbekommen, hängt nicht zuletzt von der Lage um Corona ab“, berichtet Dzepina. Bis dahin bleibt Timo Rost nur, sich zu Hause fitzuhalten, bis wenigstens die Trainingshalle wieder öffnen darf.

„So lange erfülle ich mir einen Traum, den ich schon sehr lange hege und für den ich nie Zeit hatte“, sagt der Düsseldorfer. „Ich ernähre mich ja vegan und esse sehr gern Kartoffeln. Deshalb wollte ich mir immer, wie mein Vater, einen eigenen Kartoffelacker anlegen. Das mache ich jetzt, denn die Gartenarbeit hält mich auch fit.“ Und Ehefrau Laura Katharina bekommt ihren Timo endlich auch einmal ein bisschen häufiger zu sehen.

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