Karlsruhe/Düsseldorf Box-Hoffnung Feigenbutz gewinnt durch umstrittenes Urteil

Karlsruhe/Düsseldorf · Weit nach Mitternacht steht die größte Hoffnung des deutschen Boxsports im Schweinwerferlicht der Karlsruher Arena. Zunächst herrscht Stille. Dann reißt der Ringrichter den Arm des 20-jährigen Lokalmatadors in die Luft: Punktsieg und Titelverteidigung im Super-Mittelgewicht für Vincent Feigenbutz. Vor 4200 Zuschauern und einem Millionen Publikum am Fernseher wird der Traum wahr. Doch anstatt ausgelassen zu feiern, müssen Feigenbutz (20) und sein Management Rechtfertigungen für diesen Erfolg finden, der höchst umstritten ist und den das Publikum mit einem gellenden Pfeifkonzert bestraft.

Zum ersten Mal hatte der Privatsender Sat.1 den 20-Jährigen zum Hauptkämpfer einer Box-Übertragung gemacht. Der Kampf bescherte auch das gewünschte Spektakel. Die Interims-Weltmeisterschaft des Boxverbandes WBA war umkämpft, war eng und intensiv. Auch deswegen, weil der Italiener Giovanni De Carolis mindestens auf Augenhöhe boxte. Die fragwürdige Entscheidung der Ringrichter und das unglückliche Auftreten der deutschen Nachwuchshoffnung aber zeigten, dass der Karlsruher noch nicht bereit zu sein scheint, diese Last der Verantwortung zu schultern.

Denn die Erwartungen der deutschen Box-Welt an den 20-Jährigen sind enorm. Als "Prince Vince" oder "Iron Junior", in Anlehnung an den Box-Star "Iron" Mike Tyson, wird er bezeichnet. Ein Grund dafür ist, dass die beeindruckende Siegesserie, die er bereits vorweisen kann, großen Eindruck hinterlassen hat: 21 Siege in 22 Kämpfen. Die Karrierepläne wurden längst für ihn geschmiedet: Der Karlsruher soll zum jüngsten deutschen Weltmeister aller Zeiten aufsteigen. Bisher hält Graciano Rocchigiani diesen Rekord. Mit 24 Jahren stellte er ihn auf. Dass die Stimmung trotz der Titelverteidigung am Wochenende so umschlagen würde, war nicht abzusehen. Feigenbutz' Wortwahl nach dem Kampf zeigt, dass er noch weit entfernt ist von einem Box-Champion: "Ich war letzte Woche noch krank, hatte eine Grippe. Aber ich hab' ihm Tausend Jabs in die Fresse geballert, daher habe ich klar gewonnen."

Diese Einschätzung quittierten Fans in den sozialen Netzwerken mit einem ebenfalls eindeutigen Urteil: "Schwach, arrogant, überheblich" und "Wenn #feigenbutz die deutsche Hoffnung ist, dann ist der Boxsport in Deutschland am Ende" waren die harmloseren der Kommentare. Die Sat.1-Experten teilten die Kritik: Feigenbutz habe sich "durchgeschummelt", sagte Axel Schulz. "Er ist noch nicht bereit für große Kämpfe", sagte Weltmeister Arthur Abraham.

Bis der Feinmechaniker-Azubi so weit ist, dass seine forsche Herausforderung an Felix Sturm ernst genommen wird, sollte er noch lernen, dass auch Schweigen manchmal Gold sein kann.

(RP)
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