Bewegungsgipfel Bundesregierung setzt auf Entwicklungsplan Sport

Berlin · Nancy Faeser, Karl Lauterbach und der organisierte Sport haben ein gemeinsames Ziel ausgerufen: Die Gesellschaft soll nachhaltig in Bewegung versetzt werden.

Karl Lauterbach (SPD, l), Bundesgesundheitsminister, und Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin.

Karl Lauterbach (SPD, l), Bundesgesundheitsminister, und Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin.

Foto: dpa/Jörg Carstensen

Nancy Faeser und Karl Lauterbach kamen in Turnschuhen, der Bundesgesundheitsminister trug außerdem blaue Trainingsjacke zu pinkem Pullunder. Der Rahmen für den sogenannten Bewegungsgipfel, den der organisierte Sport in Deutschland so nachdrücklich eingefordert hatte, er sollte betont locker sein.

Dabei ging es in der Berliner Max-Schmeling-Halle zwischen Pauschenpferd, einem halben Dutzend Basketbällen, zwei Pylonen und einer Frisbee um ein durchaus ernstes Thema: Deutschland leidet unter Bewegungsmangel. Nicht erst seit, aber erst recht durch den Corona-Stillstand.

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Nun zumindest der erste Schritt. Unter anderem Vertreter von acht Bundesministerien und mehreren Sportverbänden saßen an einem Tisch - und waren sich einig: Der Sport muss in der Gesellschaft einen deutlich höheren Stellenwert erhalten.

„Wir starten heute einen Prozess“, kündigte die zuständige Bundesinnenministerin Faeser an. Gemeinsam wolle man „Deutschland wieder in Bewegung bringen“, erklärte die 52-Jährige und sagte insbesondere dem „Bewegungsdefizit bei Kindern und Jugendlichen“ den Kampf an.

In einer fünfseitigen Gipfelerklärung mit dem Titel „Bewegung und Sport für Alle“ verpflichteten sich die Beteiligten der rund 90-minütigen Veranstaltung zu konkreten Maßnahmen, um Bewegung und Sport für alle Bürgerinnen und Bürger einfacher zugänglich zu machen.

Eine gesunde Gesellschaft - diese Gleichung ist allerdings keine revolutionäre Erkenntnis - ist schließlich gut für alle. Sport sei „das beste Medikament, das wir jemals erfunden haben“ und „aus medizinischer Sicht durch nichts ersetzbar“, lobte etwa Faesers SPD-Parteikollege Lauterbach.

Um dies zu unterstreichen, kündigte der Mediziner eine Novellierung des Präventionsgesetzes an, die Wirksamkeit des Sports soll darin stärker gewürdigt werden.

Vor allem aber soll im kommenden Jahr ein Entwicklungsplan Sport erarbeitet werden, der laut des Bundesministeriums des Innern (BMI) „den Sport als gemeinschaftliche Aufgabe aller begreift“.

Karl Lauterbach (l-r, SPD), Bundesgesundheitsminister, Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin, und Ex-Fußballprofi Philipp Lahm im Gespräch.

Karl Lauterbach (l-r, SPD), Bundesgesundheitsminister, Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin, und Ex-Fußballprofi Philipp Lahm im Gespräch.

Foto: dpa/Joerg Carstensen

Zentrale Handlungsfelder sollen die Ertüchtigung von Sportstätten, Nachhaltigkeit, Integration, Inklusion, Sport in Schulen und Kinderbetreuung sowie die Stärkung des Ehrenamtes sein. Ziel sei es, bis Ende 2023 konkrete Vereinbarungen zu treffen, wer welchen Beitrag zur Bewegungsförderung leisten kann.

„Wir wollen noch mehr Angebote schaffen, noch inklusiver, noch integrativer werden“, sagte Vizepräsidentin Kerstin Holze vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Faeser, Mutter eines siebenjährigen Jungen, wünschte sich ganz konkret, die Kinder frühzeitig zum Schwimmen zu bringen. „Schwimmunterricht ab der 3. Klasse ist zu spät aus meiner Sicht“, erklärte die Ministerin.

Die Mängel werden also erkannt, nun geht es um die Behebung, hinweg über Ressortgrenzen. Der Bewegungsgipfel solle einen „Kulturwandel“ markieren, forderte Holze, denn Sport sei „nicht nice to have, sondern unverzichtbar“.

Wie nachhaltig die Ankündigungen vom Dienstag sind, bleibt abzuwarten. Ein Teilnehmer etwa nahm die Position des Gesundheitsministeriums im nicht-öffentlichen Teil als zurückhaltend wahr.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Johannes Steiniger beklagte unterdessen bei Twitter, dass beim Bewegungsgipfel „offensichtlich nur Bundestagsabgeordnete der Ampel anwesend“ gewesen seien. Dass niemand aus der Opposition eingeladen gewesen sei, wertete er als „unverschämt“, „skandalös“ und schädlich für das „Anliegen des Gipfels“.

Dessen Qualität wird - ganz passend für den Sport - an seinen (Zwischen-)Ergebnissen gemessen werden. Dabei kann es eigentlich nur besser werden: Fast jede/r Zweite treibt kaum Sport, lediglich rund ein Viertel der Kinder und Jugendlichen und nur ein Fünftel der Erwachsenen in Deutschland erreichen die Bewegungsempfehlungen der Weltgesundheitsorganisation.

(dpa/stja)
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