LeBron James führt Lakers zum NBA-Titel Der König siegt für Kobe

Orlando · Der vierte NBA-Titel ist für Superstar LeBron James eine Genugtuung. Die Meisterschaft mit den Lakers widmet er der tragisch verstorbenen Klublegende Kobe Bryant.

 LeBron James mit der NBA- und MVP-Trophäe.

LeBron James mit der NBA- und MVP-Trophäe.

Foto: AP/Mark J. Terrill

Kobe Bryant war ein legendär schlechter Verlierer, aber als LeBron James ihn zu Jahresbeginn in der ewigen Scorerliste der NBA überholte, gratulierte Bryant ihm mit den Worten: „Du entwickelst das Spiel stetig weiter. Respekt, mein Bruder!“ Es war der letzte Tweet von Bryant; kurz darauf starb er, gemeinsam mit seiner Tochter Gianna und sieben weiteren Menschen, bei einem Helikopterabsturz. In der Nacht auf Montag nun widmeten die Los Angeles Lakers ihren just errungenen 17. NBA-Titel Bryant. Dieser hatte dort seine gesamte 20-jährige Weltkarriere verbracht, bevor er 2016 abtrat. Das erfolgsverwöhnte Team hatte seine letzte Meisterschaft 2010 gewonnen.

Der Sportdirektor der Lakers, Rob Pelinka, war lange Bryants Agent gewesen. Er erinnert sich: „Als ich diesen Job übernahm, sagte Kobe: ‚Ich gebe dir zwei, drei Jahre, dann bekommst du das hin: Du bringst das Team wieder ganz nach oben!’“ Mit einem Blick gen Himmel sagte Pelinka unter Tränen: „Da hattest du wohl Recht, Mann. Du hast mir die Energie gegeben, es zu schaffen!“

Schlüsselfigur für den aktuellen Erfolg ist LeBron James. Mit 2,03 Metern und 115 Kilo ist „King James“ größer und stärker, aber dennoch schneller als seine Idole Michael Jordan und auch Kobe Bryant. Die beiden populärsten Spieler der Liga-Geschichte waren Punktesammler, die sich auch zu bärenstarken Verteidigern entwickelten. James ist ihnen darin ebenbürtig – und darüber hinaus als kluger Passgeber und wuchtiger Center gefürchtet. Als erster Spieler der Basketballgeschichte ist er problemlos auf allen fünf Positionen einsetzbar. „James wirft Pässe wie ein Spielmacher, rennt wie ein Sprinter, springt wie ein Hochspringer und teilt aus wie ein Footballer“, heißt es im Standardwerk „The Art of a Beautiful Game“.

Doch trotz seiner Fähigkeiten, die sich in diversen statistischen Meilensteinen widerspiegeln, ist James keineswegs unumstritten. Kritikpunkte betreffen vor allem einen unterstellten Mangel an sportlichem Killerinstinkt sowie Selbstverliebtheit. Besonders Letzteres traf tatsächlich lange zu, hat allerdings auch Gründe: Bereits als Schüler hatte man ihn zum kommenden Superstar stilisiert, irgendwo zwischen dem Nachfolger von Michael Jordan und Jesus.

„Der Auserwählte“ nannte ihn die „Sports Illustrated“ - Auflage: 3,2 Millionen - wortwörtlich auf ihrer Titelseite noch vor James’ erstem Spiel als Profi. „Ich sorgte mich“, sagte der Autor später, „dass wir damit das Leben dieses Jungen ruinieren würden“. Zunächst sah es ganz danach aus: noch vor seinem 18. Geburtstag ließ sich James „Der Auserwählte“ quer über den Rücken tätowieren. Zur Verkündung eines Mannschaftswechsels beraumte später er eine TV-Show zur Hauptsendezeit an.

Die Hybris rächte sich: Trotz beeindruckender individueller Leistungen blieb James, der 2003 unter großem Hype in die Liga kam, die ersehnte Meisterschaft beinahe ein Jahrzehnt lang verwehrt. 2011 war es Dirk Nowitzki, der sich im direkten Duell gegen den verfrüht siegessicheren James und die Miami Heat durchsetzte.

Vor der nun zu Ende gegangenen Saison hatte James neun Final-Serien erreicht, sieben davon hintereinander, aber nur drei Trophäen geholt. Jetzt sind es vier von zehn, und kein Ende ist in Sicht. Mehr als vier Meisterschaften und dazu vier Auszeichnungen als wertvollster Spieler („Finals-MVP“) hat nur der große Michael Jordan gesammelt – nämlich jeweils sechs. Das ist auch James’ Ziel.

LeBron James: Ein Porträt in Bildern
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Foto: AP/Jae C. Hong

„Ich will meinen verdammten Respekt“, sagte James in seiner ersten Rede als Champion, und es klangt nicht säuerlich, sondern erfrischend ehrlich. Verdient hat er ihn. Erstens wegen seiner unheimlichen Konstanz; auch im Alter von beinahe 36 Jahren, nach insgesamt mehr als 2500 Spielen und einer überstandenen Leistenverletzung zeigt James keine Anzeichen von Müdigkeit.

Zweitens hat er sein neues Team zu einer echten Mannschaft geformt, und das in der verrücktesten, schwierigsten Saison aller Zeiten. Nach der Zwangspause wegen der Corona-Pandemie hatte die NBA ihre Play-offs in einem abgeschotteten Sporthotel ausgespielt. Die strenge, experimentelle Quarantäne für die Finalteilnehmer, Trainer, Schiedsrichter sowie einige ausgewählte Reporter im „Goldenen Käfig“ dauerte rund 100 Tage.

Drittens und vor allem aber hat sich der Mann, der mit seinem ins Auge stechenden Backenbart an Abraham Lincoln erinnert, abseits des Feldes etabliert – als gewichtige Stimme für soziale Gerechtigkeit und eine Bildungsoffensive gegen Rassismus und Polizeigewalt in den USA. Diese Themen hatte ein gewisser Michael Jordan stets weiträumig umschifft – aus Angst, wichtige Werbepartner zu verprellen.

(tojo)
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