Deutsche Basketballerin Satou Sabally „Ich finde, Trump ist ein Diktator“

Düsseldorf/Dallas · Satou Sabally ist das größte deutsche Basketball-Talent aller Zeiten, seit diesem Jahr spielt sie in den USA in der stärksten Liga der Welt. Die 22-Jährige macht aber nicht nur auf dem Feld auf sich aufmerksam, sie erhebt auch die Stimme gegen Rassismus – in aller Deutlichkeit.

 Satou Sabally spielte Basketball an der Universität von Oregon.

Satou Sabally spielte Basketball an der Universität von Oregon.

Foto: dpa/Foto: Eric Evans/dpa

Was sind das für Zeiten im Leben von Satou Sabally. Mitte April erhielt die 22-Jährige, die als weltweites Basketball-Ausnahmetalent gilt, ihren ersten Vertrag in der amerikanischen Profiliga WNBA. Ausgerechnet Dallas wählte die junge Deutsche an zweiter Stelle der jährlichen Talentziehung in die beste Basketball-Liga der Welt. Sabally wird also in der Stadt spielen, in der schon Dirk Nowitzki deutsche Sportgeschichte schrieb. Seit März hält sie sich in der texanischen Metropole fit, wenn sie nicht gerade an der Seite von Nowitzki in der Corona-Krise hilft und Bedürftige mit Essen versorgt oder sich öffentlich für die schwarze Gesellschaft und gegen Rassismus einsetzt. So wie am Samstagabend, als die Tochter eines Gambiers und Tochter einer Deutschen vor einem Million-Publikum im ZDF-Sportstudio sprach. So viel Aufmerksamkeit bekam eine Basketballerin hierzulande noch nie.

Doch „nur“ als Basketballerin will sich Sabally ohnehin nicht verstanden wissen. Gesellschaftliches Engagement und politische Äußerungen sind für die junge Frau, die in New York und Berlin aufwuchs, eine Selbstverständlichkeit. „Ich finde es wichtig, sich um Menschen zu kümmern. Im Sport mache ich das in Form von Unterhaltung, aber ich möchte meine Stimme nutzen, um die Situation von noch mehr Menschen zu verbessern“, sagt Sabally im Gespräch mit unserer Redaktion und weiteren Medienvertretern. Deshalb ist sie bereits vor ihrem ersten Profispiel in der WNBA Unicef-Partnerin geworden, deshalb engagiert sie sich gemeinsam mit Nowitzki in Dallas für die ärmere Bevölkerung, deshalb bezieht sie politisch klar Stellung.

Seit drei Monaten ist sie jetzt in den USA, bekam zunächst die Coronakrise und dann die Aufstände gegen Polizeigewalt hautnah mit. Besonders letzteres beschäftigt die junge Frau mit afrikanischen Wurzeln. Wenn Schwarze angegriffen und getötet würden „fühlt man sich persönlich angegriffen“, sagt sie, „denn es könnte meinen Vater, meine kleinen Brüder betreffen.“ In Dallas nahm sie an einem Protestmarsch der „Black Lives Matter“-Bewegung teil, „nur an einem kleinen Marsch, denn ich habe immer noch ein bisschen Angst vor Corona“, sagt sie, „aber ich finde es wichtig, dass man sein Gesicht zeigt.“

Sabally wirbt dafür, dass Sportler ihre Stimme erheben können, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. „Bei mir ist es immer noch so, dass mein politisches Engagement als etwas Besonderes angesehen wird“, sagt die deutsche Basketball-Hoffnungsträgerin. „Aber ich möchte nicht, dass es eine Besonderheit ist, wenn Athleten sich aussprechen. Es sollte normal sein, dass Athleten sich für die richtigen Dinge einsetzen. Wir sind auch nur normale Menschen.“ Doch diese geforderte Normalität ist noch längst nicht Realität. Die Charta des Olympischen Komitees sieht politischen Protest weiterhin als Grund für eine Olympia-Sperre, auch im Fußball wurde zuletzt wieder über Sperren für vermeintlich politische Gesten diskutiert. Und es ist gerade mal vier Jahre her, dass in den USA Football-Spielmacher Colin Kapernick seinen Job verlor, weil er während der Nationalhymne gekniet hatte, um auf Polizeigewalt gegen Schwarze aufmerksam zu machen. US-Präsident Donald Trump bezeichnete derart protestierende Spieler damals als „Hurensöhne“.

Auch deshalb macht Sabally den Präsidenten für Gewalttaten gegen Schwarze, wie jüngst den Tod von Georg Floyd durch einen Polizisten, mitverantwortlich. „Ich denke, dass Trump sehr gefährlich ist. Er erlaubt Rassismus und Gewalt und stachelt beides noch aggressiv an“, sagt die 22-Jährige. Trump hatte über die Jahre immer wieder öffentlich Stimmung gegen Minderheiten gemacht und Schwarze unter anderem als „Hunde und Gangster“ bezeichnet. „Es ist einfach nicht okay, dass so jemand an der Macht ist“, sagt Sabally, für sie geht das Problem mit Trump aber über Rassismus hinaus. „Ich finde, er ist ein Diktator. Er versucht wahrscheinlich die Wahlen zu beeinflussen. Er stand vor Gericht, weil er ein kleines Mädchen vergewaltig haben soll. Jemand, dem solche Sachen vorgeworfen werden, sollte nicht Präsident sein.“

Für eine klare politische Haltung gibt es als junge Sportlerin freilich nicht nur Applaus. Im Nachgang an ihren Auftritt im Sportstudio habe sie neben viel Lob auch Kritik und negative Kommentare zu hören und lesen bekommen – auch aus ihrem aktuellen Aufenthaltsland. „Hier in den USA ist es so, dass ich nicht als Amerikanerin angesehen werde und man mir deshalb sagt, ich solle mich nicht einmischen und lieber um Deutschland kümmern.“ Doch solche Grenzen wolle sie für ihr Engagement gar nicht erst ziehen, sondern „überall helfen“ und sich für Gleichberechtigung und Bildung einsetzen. Anfeindungen oder gar rassistische Ausfälle habe sie selbst schon seit frühster Kindheit erlebt: Rempeleien im Bus, Affenlaute im Zoo oder Aufforderungen in ihr Heimatland zurückzukehren. „Man sollte es persönlich nehmen, aber man kann manche Menschen nicht ändern. Die, die ihren Rassismus voller Hass leben, die kann man nicht ändern.“ Bei allen anderen wolle sie es zumindest versuchen.

Ab Ende Juli wird Sabally ihre sportlichen Ausnahmefähigkeiten endlich auf der größten Bühne des Basketballs zeigen dürfen. Durch die Corona-Pandemie wurde der Start ihrer Premieren-Saison um mehr als zwei Monate verschoben. Sobald es losgeht, will Sabally ihren Worten sportliche Taten folgen lassen – und im Fall der Fälle auf die Hilfe ihres Mentors zurückgreifen: „Ich habe Dirk Nowitzkis Handynummer und kann ihn jederzeit anrufen. Das werde ich auch tun, sobald ich Fragen habe.“ Im Umgang mit den an sie gerichteten hohen Erwartungen wird es die Hilfe des Superstars jedoch nicht brauchen: „Ich mache mir keinen Druck. Mein alter Trainer hat immer gesagt: Druck ist, wenn man kein Essen auf dem Teller hat und sich um seine Kinder und die nächste Miete kümmern muss. Ich hingegen werde dafür bezahlt, mein Hobby zum Beruf zu machen.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort