Youtube-Dokus zur Basketball-WM Ganz nah dran an Gordies Gold-Jungs

Düsseldorf · Mit „Schwarz. Rot. Gold!“ zeigt Magentasport einen emotionalen Film zur Basketball-WM 2023 bei Youtube. Besser noch: Ausführliche Blicke hinter die Kulissen des Gold-Triumphs der deutschen Nationalmannschaft um Dennis Schröder erlaubt auch eine komplette Doku-Serie.

Basketball-WM: So emotional feiern die deutschen Basketballer den WM-Titel
23 Bilder

So emotional feiern die deutschen Basketballer WM-Gold

23 Bilder
Foto: dpa/Aaron Favila

Der Bundestrainer muss ein Zauberer sein, oder wenigstens ein Zeitreisender. Kurz vor dem Auftaktspiel der Basketball-WM 2023 des deutschen Nationalteams gegen Co-Gastgeber Japan nämlich, bei einem letzten Wurftraining, läuft aus einer tragbaren Lautsprecherbox Coldplays uralte, schwer schnulzige Stadionpop-Hymne „Viva la Vida“. Athletik-Coach Arne Greskowiak ringt sich ein gequältes Lächeln ab: „Hat sich der Trainer gewünscht...“. Zu einer Begründung gedrängt, sagt Bundestrainer Gordon Herbert nur zwei Worte: „Great show!“. Dabei grinst er so breit, als wüsste er genau, dass auch seine Jungs eine großartige Show abliefern werden, zweieinhalb Wochen lang, zu deren Schlusspunkt sie den WM-Pokal gen Hallendecke strecken werden.

Es ist eine der schönsten Szenen von „Schwarz. Rot. GOLD!“, dem Film von Magentasport zum sensationellen WM-Titel im Basketball, dem ersten für Deutschland überhaupt. Immer wieder im Bild ist natürlich Dennis Schröder, der Kapitän und spätere MVP, also wertvollste Spieler der WM. Etwa in Abu Dhabi, wenige Tage vor jenem Auftaktspiel, kurz nach der Generalprobe, einem Testspiel gegen die USA, das mit 91:99 nur erstaunlich knapp verloren ging. Er lobt die Physis, die Verteidigung, die mannschaftliche Geschlossenheit auf und neben dem Feld. Was im Laufe des Turniers dazu kommt: Immer größere Spielfreude. Wie es der Bundestrainer fordert („Genießt diese Momente!“) und wie es aus Moritz Wagners Lautsprecherbox schallt, sobald er wieder den DJ-Job übernimmt: „Freed from desire, mind and senses purified... Na-na-na-na-na, na-na...“ In der allerletzten Szene, noch nach dem Abspann, sagt Wagner: „Ich bin richtig müde vom happy sein... weißte, was ich mein‘?“

Ein toller Film ist Martin Gräfe und Benedikt Raquet da gelungen: Ausgewogen zusammengefasst ist diese Reise mit allem Auf und Ab, Zittern und Bangen – Schröders lautstarker Streit mit Daniel Theis und dem Trainer, Franz Wagners frühe Verletzung, Schröders schlechtes Spiel gegen die Letten, die das Viertelfinale deshalb mit dem letzten Wurf um ein Haar für sich entscheiden.

Der Film entstand unter großem Zeitdruck: In einer knappen Woche wurde er produziert, nach einigen Tagen exklusiv für Magentasport-Kunden ist er längst auch gratis bei Youtube zu sehen – einen Haken aber hat „Schwarz. Rot. GOLD!“ ganz zweifellos: Mit 28 Minuten ist er viel zu kurz. Auf Anfrage erklärt die Telekom, dass sie zumindest bis auf Weiteres „kein weiteres längeres Film- oder Serien-Projekt rund um das DBB-Team bei der WM“ plane.

Dennoch gibt es eine gute Nachricht für alle, die mehr sehen wollen, länger hinter die Kulissen blicken und dabei Profis entdecken, die oft auf beste Weise wirken wie Jungs auf Klassenfahrt, und wie Pfundskerle sowieso. Gordies Gold-Jungs.

Auch der Deutsche Basketball Bund (DBB) nämlich hat seine Leute mit Kameras losgeschickt und eine Doku-Serie für Youtube produzieren lassen. Der Quasi-Geheimtipp „Ein Sommer“ besteht aus sechs Folgen mit insgesamt 155 Minuten Länge. Rund zweieinhalb Stunden also – und was für welche!

Die Episoden „Teamfindung“, „Familie“ und „Feinschliff“ spielen in den Wochen vor dem Turnier, zeigen Trainingslager und Testspiele und das schmerzhafte Zusammenstreichen des Kaders. Die Folgen „Herausforderungen“ und „Vertrauen“ behandeln die Gruppenspiele gegen Japan, Australien und Finnland, den souveränen Zwischenrunden-Sieg gegen Slowenien sowie den Umgang mit der Knöchelverletzung von Unterschiedsspieler Franz Wagner. Zu Wort kommen neben den Spielern und dem klugen, klaren Kommunikator Gordon Herbert unter anderem auch die Physiotherapeutin Lindsey Elizondo, der Teamarzt Oliver Pütz, Co-Trainer wie Bret Brielmaier sowie der Betreuer und Wäsche-Beauftragte Ben Meftah.

Wie stocksteife, ungelenke Eigenwerbung des Verbands wirkt die Serie von DBB-Pressemann Lucas Kröger und dem Filmemacher Basti Sevastos absolut nicht – im Gegenteil. Sie ist produktionstechnisch (meist) auf der Höhe und inhaltlich absolut authentisch. Herrlich erfrischend etwa, wie sich Daniel Theis, Schröders bester Freund seit Jugendzeiten, über eine Kamera beschwert, die an der ohnehin schon niedrigen Decke des Teambusses befestigt worden war: „Seid Ihr noch ganz dicht oder was?“, flucht er. „Du kannst doch hier nicht so ’ne Scheiße hinhängen!“ Im Interview schwört Theis, er hätte die GoPro „aus’m Fenster geworfen“, wenn seine Laune schlechter gewesen wäre, sprich: Wenn das Spiel zuvor verloren gegangen wäre.

Ist es aber nicht. Acht WM-Spiele, acht Siege. Und damit, acht Jahre nach dem Rücktritt von Dirk Nowitzki aus dem Nationalteam, die so langersehnte Goldmedaille. Das Viertelfinale, den Halbfinal-Triumph gegen die USA sowie das Meisterstück im Finale gegen Serbien rekapituliert die sechste und letzte Folge „Am Ziel“, die seit Montag online ist. (Wer danach immer noch nicht genug hat: Im Podcast „What’s the Story“ berichten die Macher der Doku zweieinhalb Stunden lang über ihr Mammutprojekt.)

WM-Gold im Basketball: Einzelkritik der deutschen Spieler
14 Bilder

Die Beiträge der Spieler zum WM-Titel

14 Bilder
Foto: dpa/Aaron Favila

Deutschland ist Basketball-Weltmeister 2023. Wie dieses Stück Sportgeschichte Gegner möglich war, versteht man nach dem Film „Schwarz. Rot. GOLD!“ und vor allem nach der Serie „Ein Sommer“ sehr viel besser. Und ist geneigt, dem Bundestrainer zuzustimmen, der den ultimativen Ritterschlag aussprach: „Ihr seid noch bessere Menschen als Spieler.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort