Ligen-Wirrwarr im europäischen Basketball Wie bei Hempels unterm Sofa

Düsseldorf · In keinem Sport ist der europäische Wettbewerb so unübersichtlich wie im Basketball. Der Kölner Euroleague-Spieler Tibor Pleiß erklärt, warum für Spitzenspieler nur eine Liga zählt.

 Tibor Pleiss im Trikot der Utah Jazz in der NBA. (Archiv)

Tibor Pleiss im Trikot der Utah Jazz in der NBA. (Archiv)

Foto: AP/Marco Garcia

Im Fußball ist das Bild, das die Bundesliga in diesem Jahr abgibt, kläglich. Eintracht Frankfurt spielt im Viertelfinale der Europa League gegen Benfica Lissabon. Mehr ist nicht mehr los. Viel besser sieht das im Basketball aus: Gleich drei deutsche Mannschaften haben in dieser Saison die Chance, einen europäischen Titel zu gewinnen. Heute Abend spielt Alba Berlin gegen Valencia Final-Spiel eins um den Eurocup (20.15 Uhr, Magenta Sport). Brose Bamberg ist ins Final Four der Champions League vorgestoßen, und Würzburg steht im Halbfinale des Europe Cups. Nur in der Euroleague hat es der einzige deutsche Teilnehmer FC Bayern München nicht in die Finalrunde geschafft. Blicken Sie noch durch?

In keiner anderen Sportart ist das europäische Geschäft so unübersichtlich wie im Basketball. Das hat mit seinem Streit zweier Akteure zu tun: Auf der einen Seite steht die Euroleague, eine privatwirtschaftliche Klubvereinigung mit Sitz in Barcelona, auf der anderen Seite der europäische Ableger des Weltbasketball-Verbands Fiba in München. Die Euroleague organisiert seit 2000 die beiden höchsten europäischen Klubwettbewerbe, die gleichnamige Euroleague und den Eurocup. Bis 2017 tat sie das gemeinsam mit der Fiba, dann aber entschied die Euroleague, künftig nicht mehr zu pausieren, wenn Länderspielpausen angesetzt sind. Die beste Liga der Welt, die NBA, müsse das ja auch nicht. Wegen der fehlenden Möglichkeiten, dagegen vorzugehen, führte die Fiba zwei eigene Wettbewerbe ein: die Champions League, in der auch der einzige NRW-Verein, die Telekom Baskets Bonn antraten, und den Europe Cup. Vier Ligen mit 108 teilnehmenden Teams gibt es auf europäischer Ebene.

„Die Euroleague ist klar die stärkste europäische Liga“, erklärt der Kölner Basketballer Tibor Pleiß, der mit Anadolu Istanbul als Tabellenvierter in die Top-acht-Runde eingezogen ist. „Hier spielen die besten Teams des Kontinents, mit den höchsten Budgets aus den Ländern, in denen Basketball eine große Tradition hat. Jeder weiß: Wer ganz nach oben will, muss in die Euroleague. Pleiß darf die Liga mittlerweile sein Zuhause nennen. Schon mit seinen ehemaligen Klubs Brose Bamberg, Laboral Kutxa, dem FC Barcelona und Galatasaray Istanbul trat der heute 29-Jährige dort an. „Jedes Jahr wechseln gute Spieler aus der Euroleague in die NBA. Im letzten Jahr war es Luka Doncic, der jetzt in Dallas für Furore sorgt und höchstwahrscheinlich bester Nachwuchsspieler des Jahres werden wird.“ Pleiß selbst wechselte 2015 aus Barcelona in die NBA zu den Utah Jazz.

Der Kölner schwärmt vom hohen Niveau der Euroleague, als 105-maliger Nationalspieler übt er aber auch deutliche Kritik. „Wir Euroleague-Spieler wollen alle für die Nationalmannschaft spielen, dürfen aber nicht. Und dann bei einer EM oder WM im Sommer, können wieder alle dabei sein. Das bringt Unruhe. Zusätzlich fehlen im November und Februar ja schon die NBA-Spieler. Das kann alles nicht im Sinne des Zuschauers sein“, sagt er. Das Problem ist leicht skizziert: Fehlen einer Nation die besten Spieler, kann das die Qualifikationswettbewerbe für EM und WM beeinflussen.

Die Euroleague lässt trotz großer Widerstände bislang wenig mit sich reden. Sie hat offensichtlich das Bestreben, eine europäische Superliga zu werden. Elf Teams der Liga, in der ab kommender Saison 18 statt 16 Teams spielen, haben eine sogenannte A-Lizenz. Sie müssen sich nicht für den Wettbewerb qualifizieren, sondern haben dank ihrer wirtschaftlichen Strahlkraft ein ständiges Teilnahmerecht.

Und wo ordnen sich die Wettbewerbe der Fiba sportlich ein? „Momentan sehe ich die Champions League noch hinter dem Eurocup. Aber die Champions League ist noch jung und muss für die Teams noch attraktiver werden. Schon allein die Tatsache, dass mit Bamberg ein ehemaliger Euroleague-Klub sich für diesen Wettbewerb entschieden hat, zeigt, dass sich etwas tut“, sagt Pleiß.

Der deutsche Serienmeister Bamberg hat die Euroleague allerdings nicht ganz freiwillig verlassen. Der Klub spielte jahrelang dort mit, weil er sich als Deutscher Meister stets qualifiziert hatte. In der vergangenen Saison holte aber der FC Bayern München den Titel. Bamberg war damit nur für den Eurocup qualifiziert. Der FC Bayern München erhielt von der Euroleague hingegen eine Wildcard für zwei Jahre, also ein für diesen Zeitraum gültiges Teilnahmerecht. Offensichtlich war die Metropole München für die Euroleague interessanter als die fränkische Provinz. Bamberg zog sich vergrämt in die Champions League zurück, wo der Klub für fünf Jahre zugesagt hat.

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