Ticket-Ärger bei Basketball-EM Hunderte Deutsche Fans hatten Karten für das falsche Spiel

Berlin/Düsseldorf · Weil der Basketball-Weltverband FIBA unter anderem das Viertelfinale der deutschen Mannschaft gegen Griechenland kurzfristig verlegte, kauften mehrere Hundert Fans Tickets für das falsche Spiel. Zurück blieben Enttäuschung, Kosten - und ein Streit um die Verantwortlichkeit.

Basketball-EM 2022​: Deutschland gegen Griechenland - die Bilder des Spiels​
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Deutschland - Griechenland: die Bilder des Spiels

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Foto: dpa/Soeren Stache

Deutschland besiegt Griechenland im EM-Viertelfinale - eine Sensation. Für Peter K. und seinen 14-jährigen Sohn hätte es der perfekte Basketball-Tag sein sollen, und eigentlich hatte der 35-Jährige auch alles richtig gemacht: Schon im Mai hatte er den Spielplan der Basketball-Europameisterschaft studiert, die Chancen des deutschen Teams kalkuliert und anschließend Tickets für jenes Spiel gekauft, in dem Deutschland im optimalen Fall im Viertelfinale antreten würde. 31 Euro pro Karte ließ sich W. die Hoffnung auf ein deutsches Länderspiel bei der Heim-Europameisterschaft kosten. Günstigere Tickets gibt es für die EM-Endrunde in der Berliner Arena nicht, die teuerste Kategorie liegt bei 91 Euro.

Für Vater und Sohn kam zunächst alles wie erhofft: Die Auswahl des deutschen Basketball-Verbands (DBB) zog zunächst als Vorrunden-Zweiter ins Achtelfinale ein, besiegte dort am Samstag Montenegro (85:79) und traf nun in der Runde der letzten Acht auf Griechenland. Im ursprünglichen Turnierbaum der FIBA, auf den auch der Ticket-Vorverkauf ausgerichtet wurde, war das Spiel für Dienstagnachmittag 17.15 Uhr in Berlin angesetzt. „Sieger Spiel #61 vs. Sieger Spiel #62“, so steht es auf den Tickets. Spiel #61, das war das deutsche Achtelfinale, Spiel #62 war Griechenlands Sieg gegen Belgien am Sonntagabend.

 W61-W62 - das Ticket von Peter W. für das Basketball-Viertelfinale.

W61-W62 - das Ticket von Peter W. für das Basketball-Viertelfinale.

Foto: Privat

Das begeisternd aufspielende deutsche Team gegen Griechenland mit Giannis Antetokounmpo, einem der besten Basketballer der Welt - gute Aussichten auf einen tollen Basketball-Tag in Berlin. Entsprechend groß war der Jubel bei Peter K. und seinem Sprössling, der die Tickets als Geburtstagsgeschenk bekommen hatte. „Wir haben uns richtig gefreut als diese Paarung feststand“, sagt Peter K.

Beim Blick auf die Spielansetzung am Montag folgte die Enttäuschung: Das Duell Deutschland gegen Griechenland war nun für den Abend-Slot um 20.30 Uhr angesetzt, die Tickets von Familie K. sollten stattdessen für das Duell Spanien gegen Finnland (100:90) gültig sein. Oder um im FIBA-Sprachgebrauch zu bleiben: „Sieger Spiel #63 vs. Sieger Spiel #64“ statt #61 gegen #62.

Ein Anruf beim Ticket-Anbieter Eventim bestätigte die Änderung. „Nach 50 Minuten in der Warteschlange hat man uns an der Telefon-Hotline zu verstehen gegeben, dass unsere Karten nicht für die Paarung, sondern für die Uhrzeit gültig sind“, erzählt K.

Der Grund für die Änderung: Schon im Achtelfinale hatte der Weltverband kurzerhand die vermeintlich attraktiveren Begegnungen mit Beteiligung von Griechenland und Litauen auf die Abendstunden verlegt und somit den gesamten Turnierbaum durcheinander gewirbelt - mit daraus folgenden Konsequenzen für frühzeitige Ticketkäufer.

Beim DBB, der für die Organisation des Ticketverkaufs verantwortlich ist, wurde man von diesen Änderungen überrascht. Dort teilte man auf Anfrage mit: „Ursprung der Situation war der Sessionwechsel im Achtelfinale, der unabgestimmt von der FIBA vorgenommen wurde und von dem weder der DBB noch Eventim wussten.“

Dass Verband und Ticketpartner verärgert sind, kommt nicht von ungefähr. Alle Beteiligten hatten bereits vor zwei Jahren mit der Planung des Ticketverkaufs begonnen, Eventim hatte sich beim Verkauf schließlich an den vorab von der FIBA geplanten Turnierbaum mit seinen „Sessions“, also Spielpaarungen am Mittag und Abend, gehalten und entsprechende Pakete verkauft. „Wenn wir mit einem kompletten Sessionwechsel hätten rechnen müssen, wäre ein koordinierter Ticketverkauf im Vorfeld unmöglich gewesen“, hieß es am Dienstag von Seiten Eventims und des DBB.

Die FIBA ihrerseits verteidigt die Umsortierung auf Anfrage, schiebt die Verantwortung für die Probleme wiederum Eventim und DBB zu: „Der im Vorfeld veröffentlichte Spielplan sah für die Spiele nach der Gruppenphase ausdrücklich eine noch ‚zu bestätigende Reihenfolge’ vor“, teilte der Verband auf Anfrage mit. Ein entsprechendes PDF, das sogar noch auf der Website des DBB zu finden ist, bestätigen das. Es sei entsprechend ein Fehler des „lokalen Organisationskomitees der Gastgeberländer“, wenn nun frühzeitig Paarungen mit konkreten Uhrzeiten kommuniziert und entsprechende Tickets verkauft worden seien. „Die Strategie und der Verkauf von Eintrittskarten liegen in der Verantwortung der lokalen Organisationskomitees der Gastgeberländer“, so die FIBA.

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Foto: AP/Michael Sohn

Für Peter K. ist der gesamte Vorgang enttäuschend: „Da werden Wochen im voraus Tickets für vermeintlich festgelegte Spielpaarungen angeboten und diese dann kurzfristig geändert. Es ist einfach frustrierend.“ Zum Zeitpunkt des Ticketkaufs seien keinerlei Hinweise zu etwaigen kurzfristigen Anpassungen der Partien auf der Eventim-Website zu finden gewesen. Entsprechende Screenshots der Buchungsseite, die unserer Redaktion vorliegen, belegen das. Mittlerweile weist Eventim in einem farblich unterlegten Kasten prominent auf die möglichen Änderungen hin.

Für viele Fans kommt das zu spät. Zu den Verlegungen im Achtelfinale schrieb ein Fan auf Twitter: „Wir hatten Tickets gestern für die erste Session, da laut Turnierbaum der Sieger aus C1 dort spielen sollte, sprich Griechenland. Bekannterweise wurde das auf Session 2 gezogen. 89 Euro also in den Sand gesetzt und ein Tag eher abgereist.“ Das Portal eurohoops.net berichtet, dass verärgerte griechische Fans vor dem Achtelfinale ihre Tickets umtauschen bzw. stornieren und erstatten ließen. Auch für den Dienstagnachmittag - das ursprüngliche Deutschland-Spiel - wurden mindestens 250 Stornierungsanfragen von Eventim erfasst und „kulant bearbeitet, die meisten Wünsche konnten erfüllt werden“, teilte das Unternehmen mit.

Laut der Berliner Verbraucherzentrale ist das Vorgehen aller Beteiligten rechtlich nicht eindeutig zu bewerten. Aus Sicht des Ticketverkäufers könne man argumentieren, dass er vor allem ein EM-Viertelfinale um 17.15 Uhr verkaufe, so ein Sprecher der Verbraucherzentrale gegenüber unserer Redaktion. Aus Sicht der Fans ließe sich dagegenhalten, dass man - wie auf den Ticket gedruckt - das Spiel zwischen den Siegern der Achtelfinale #61 und #62 gekauft habe und es sich um eine Verlegung der gekauften Veranstaltung handeln - dann bestünde ein Anrecht, die Tickets für den neuen Termin - um 20.30 Uhr - zu nutzen.

Griechische Fans bekamen das Ticket-Problem bereits im Achtelfinale zu spüren.

Griechische Fans bekamen das Ticket-Problem bereits im Achtelfinale zu spüren.

Foto: dpa/Soeren Stache

Selbiges wurde aber laut Peter K. und anderen betroffenen Fans jedoch nicht angeboten. Auch die Stornierungsmöglichkeit sei nicht kommuniziert worden. Als einzige Option, den sensationellen deutschen Sieg doch in der Halle zu sehen, blieb für viele Fans: Ein zweites Ticket für die Abend-Session kaufen. „Wir haben gestern noch Tickets für das Deutschlandspiel nachgekauft, aber wir sind zu fünft und gehen jetzt zu beiden Spielen, aber haben knapp 250 Euro in den Sand gesetzt“, berichtete ein User auf Twitter unter einem Posting des Basketball-Journalisten André Voigt.

Für Peter K. war das keine Option. „Die Tickets für den Nachmittag waren teuer genug und ein Tipp-Off um 20.30 Uhr ist für Kinder auch einfach zu spät.“ Stattdessen sah er mit seinem Sohn den spanischen Sieg gegen Finnland und ärgert sich über die unzuverlässigen Vorgehen der FIBA: „Ein vorab veröffentlichter Turnierbaum sollte einfach verbindlich sein. Dann vermeidet man auch diesen Frust unter Basketball-Fans.“

Daran ändert auch der Deutsche Sieg am Dienstagabend wenig - den verfolgte Peter K. später vor dem Fernseher.

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