Luka-Magic, Heimvorteil und deutsche Teamleistung Die Erkenntnisse der Vorrunde bei der Basketball-EM

Köln · Nach fünf Spieltagen ist die Gruppenphase der Basketball-EM in Köln zu Ende. Als Zweiter ziehen die deutschen Basketballer ins Achtelfinale ein. Nun geht es in Berlin weiter. Die Erkenntnisse der EM-Vorrunde.

Dennis Schröder und Franz Wagner helfen Maodo Lo beim aufstehen.

Dennis Schröder und Franz Wagner helfen Maodo Lo beim aufstehen.

Foto: dpa/Marius Becker

Vier Siege und eine Niederlage: Deutschlands Basketballer haben die Gruppenphase bei der Heim-EM erfolgreich gemeistert. Hinter Europameister Slowenien qualifizierte sich das Team von Bundestrainer Gordon Herbert als Zweiter der Gruppe B für das Achtelfinale. Dort wartet nun Montenegro. Wir ziehen eine Zwischenbilanz – die Erkenntnisse der EM-Vorrunde.

Luka Doncic versprüht Magie: Schon jetzt gehört Doncic zu den klaren MVP-Favoriten. Der NBA-Star ist kaum zu stoppen wenn er aufdreht. Auch die deutschen Basketballer bekamen die Magie eines wie entfesselt aufspielenden Doncic zu spüren – und konnten genau wie die Fans nur den Hut ziehen. „Luka Doncic war unfassbar, wirklich unfassbar“, sagte Maodo Lo nach der Niederlage gegen Slowenien. Man könne den Ausnahmespieler nicht ausschalten, sondern lediglich „versuchen, ihn zu limitieren“.

36 Punkte machte der 23-Jährige von den Dallas Mavericks, hinzu kamen zehn Rebounds und vier Assists. Doch damit nicht genug. Nur einen Tag nach seinem Gala-Auftritt gegen Deutschland legte Doncic 47 Punkte auf und erreichte damit die zweithöchste Punktzahl, die ein Spieler jemals in einem EM-Spiel erzielt hat (nach Belgiens Eddy Terrace, der 1957 63 Punkte gegen Albanien verbuchte). Insgesamt ist Doncic nun für mehr als die Hälfte der Gesamtpunkte seines Teams, dass er zum Gruppensieg führte, bei diesem Turnier verantwortlich (53,4 Prozent).

Deutsche Teamleistung: Das deutsche Team tritt bei der EM als verschworene Einheit auf, Egoismen werden hinten angestellt. Sinnbildlich dafür steht das Auftreten von Dennis Schröder, der als neuer Kapitän anführt und Verantwortung übernimmt. Auch wenn nicht immer alles klappt, gerade die Wurfquote ist noch steigerungsbedürftig. „Er ist auf dem Feld und abseits unser Anführer“, sagte Center Johannes Voigtmann. Im letzten Gruppenspiel gegen Ungarn wurde Schröder geschont, agierte genau wie die sonst gesetzten Daniel Theis und Nick Weiler-Babb als Motivator und Stimmungsmacher hinter der Bande. „Das zeigt einfach, wie gut wir uns verstehen. Wenn Chris (Christian Sengfelder) und ich nicht spielen, sind wir auch auf der Bank und bereit, alles zu geben", sagte Justus Hollatz, der wie Sengfelder gegen Ungarn seine ersten Minuten bekommen hatte und überzeugte.

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Das funktionierende Gefüge, aus dem in jedem Spiel ein anderer (Rollen)-Spieler seine großen, wichtigen Momente hat, ist das große Plus. „Ich glaube, hier gewinnt das beste Team und nicht das Team mit den besten Einzelspielern“, sagte Franz Wagner. Und genau das stellte Deutschland in der Vorrunde unter Beweis, die Kadertiefe ist das große Plus des DBB-Teams. Von Position eins bis zwölf wird jeder gebraucht. Johannes Thiemann: „Was uns so stark macht: Dass es jeder jedem gönnt.“

Shootingstar Franz Wagner: Der 21-Jährige von den Orlando Magic begeistert mit seinem Allround-Paket. Mit seiner Athletik, seinem Zug zum Korb, seinem (Dreipunkte-)-Wurf und seiner aggressiven Verteidigung bringt der 2,08 Meter-Mann alles mit, was man braucht, um Einfluss auf das Spiel zu nehmen. Egal ob in der Offensive oder Defensive. Seine Variabilität als Scorer und Verteidiger, der mehrere Positionen spielen kann, macht ihn so stark. Bei seiner Gala-Vorstellung gegen Litauen führte er das im Detail vor. Zwar klappte beim Shootingstar in der Vorrunde nicht in jedem Spiel alles, doch zeigte er, warum er zurecht einer der Hoffnungsträger im DBB-Team ist. Ein Talent auf dem Vormarsch.

Fans in Köln sorgen für Heimvorteil: Vier von fünf Gruppenspiele der deutschen Mannschaft in der Lanxess Arena waren mit je 18.017 Zuschauern ausverkauft, nur beim Abschluss gegen Ungarn blieben 500 Plätze frei. Und die Fans hatten einen großen Anteil am guten Abschneiden des DBB-Teams. Nur im Duell mit den Litauern, die von tausenden in grün gekleideten Fans unterstützt wurden, bekamen die deutschen Anhänger stimmgewaltige Gegenwehr. Die Basketballer wussten den Zuspruch zu schätzen, wurden nicht müde, den Zuschauern für die Unterstützung zu danken. „Es war eine tolle Stimmung. Das war gut für Basketball-Deutschland. Die Leute waren direkt am ersten Tag aufgeheizt“, sagte Niels Giffey. Auch Lo verneigte sich vor dem Publikum. „Wir sind sehr dankbar für die Atmosphäre hier.“ Bei Basketball-Ikone Dirk Nowitzki sorgte das Publikum gar für ein „kribbeln“.

Durch den Kauf von insgesamt 236.521 Tickets im Spielort sorgten die Fans für einen EM-Rekord, diese Zahl war nie zuvor in der Gruppenphase in einer Halle erreicht worden. Die Reise des DBB-Teams geht nun in Berlin weiter. Auch in der Hauptstadt soll der Heimvorteil zum Faktor werden.

EM im TV: In die Euphorie, die das deutsche Team durch seine Auftritte auslöste, mischte sich auch ein kritische Stimme. Ingo Weiss, Präsident des Deutschen Basketball Bundes, ärgerte sich, dass die Spiele in Köln und Berlin nicht einem breiteren TV-Publikum zugänglich gemacht werden. Mit drastischen Worten richtete er sich direkt an die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF. „Dann muss ich sagen, ich finde es schon ziemlich ignorant und enttäuschend, dass die Öffentlich-Rechtlichen nicht ihrem Auftrag nachkommen“, sagte Weiss. Zu sehen gibt es alle EM-Spiele beim kostenpflichtigen Internet-Sender MagantaSport. Immerhin: Alle deutschen Partien werden kostenlos und für jeden zugänglich gezeigt.

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