1. Thomas-Gögele-Turnier in Maria Bildhausen Auch Behinderte haben Spaß am Golf

Maria Bildhausen (dpa). Glücksgefühle beim Golf - das muss nicht unbedingt etwas mit dem Auftritt des Superstars Tiger Woods beim Millionen-Turnier ab Donnerstag in Alveslohe vor den Toren von Hamburg zu tun haben. Ob er Berührungsängste habe, wird Alexander Mattheisen gefragt. "Nein, ich habe doch Glück gehabt", sagt er, nimmt den Golfschläger in seine spasmisch verdrehten Finger und schlägt den Ball trotz seiner stark verkürzten Unterarme direkt an die Fahne des 18. Grüns auf dem Golfplatz Maria Bildhausen.

Der 22- jährige Mann ist von Geburt an behindert. "Arthrogryposis in Kombination mit Dystrophioa musc.", lautete die fachliche Beschreibung. Die Übersetzung dieser Krankheit steht im "Klinischen Wörterbuch": Krumme Versteifung der Gelenke in Beugestellung bei nicht entwickelter Muskulatur.

"Ich habe Glück gehabt, weil nur meine Arme und nicht meine Beine davon betroffen sind." Mut zum offenen Wort über seine Missbildung und Stolz über seine unglaublich genauen Golfschläge strahlen aus den Augen des Beamtenanwärters. Trotz des krankheitsbedingten Handicaps hat sich der Azubi für die höhere Laufbahn mit einem kaum glaublichen, sportlichen "Handicap 10" in die erste Reihe der Golf- Breitensportler gespielt. Das bedeutet, Alexander bewältigt im Schnitt jeden Par-72-Kurs mit 82 Schlägen - zehn Schlägen über dem Platz-Standard.

Seine Fähigkeiten hat er beim 1. Thomas-Gögele-Turnier für Behinderte in Maria Bildhausen bewiesen. Profi und PGA-Tourspieler Thomas Gögele (Semlin) hatte die Patenschaft für dieses Turnier zu Gunsten der Deutschen Sporthilfe (DSH) übernommen. "Behinderte Sportler zeigen uns eindrucksvoll, wie man Grenzen überwindet. Ich finde ihre Willensstärke und lebensbejahende Einstellung faszinierend", begründet der 29-jährige Profi sein unentgeltliches Engagement.

"Jeder muss sich in unserer Gesellschaft positionieren. Ich mache das ja auch nicht ganz umsonst, weil ich so viel dafür zurückbekomme." Der Vorteil des Golfspielens liege "im Wesentlichen darin, dass der Ball ruht. Jedem Spieler, ob behindert oder nicht, ist es möglich, seine individuelle Haltung vor und beim Schwingen des Schlägers einnehmen zu können".

Für Mattheisen ist Golfspielen "vor allem unheimlich viel Spaß". Vor sechs Jahren entdeckte er seine Vorliebe. Sein Onkel hatte ihm die Begeisterung vermittelt, mit der in Deutschland inzwischen etwa 3 000 Behinderte in den über 620 Golfclubs über die Fairways spielen. Im Rollstuhl sitzend, wie die Querschnittsgelähmten. Oder als Blinde, die sich von einem Begleiter in die Position stellen lassen und den Ball treffen. Oder wie der beinamputierte Klaus Samen (Handicap 30), der seinen Körper mit größter Geschicklichkeit beim Schlagen und Treffen des Balls trotzdem im Gleichgewicht hält.

Je nach Betroffenheit sind die Behindertengolfer in fünf Gruppen (Einarmige, Blinde, Amputierte, Rollstuhlfahrer und "Übrige") eingeteilt, um den unterschiedlichen Bedingungen gerecht zu werden und eine gemeinsame Basis zum Wettkampf zu finden. Mindestens 50 Prozent geistiger oder körperlicher Behinderung muss attestiert sein, um im BGC mit Sitz in Ahrensburg bei Hamburg aufgenommen werden zu können. "Das Eis ist dank der Initiative vom GC Maria Bildhausen gebrochen", freut sich Klaus Ahrens, der 1. Vorsitzende vom Behinderten Golf Deutschland (BGC), über die Spielmöglichkeiten in Maria Bildhausen.

Die Anlage zwischen Bad Kissingen und Bad Neustadt ist zur Zeit die einzige in Deutschland, auf der sich die Behinderten ohne Einschränkung auf dem Platz bewegen dürfen. Selbst die "heiligen Grüns" oder die Sandbunker sind kein Hindernis mehr, um dort mit breitreifigen Fahrzeugen hinzugelangen und zu spielen.

"In England sind Behinderten gerechte Bedingungen gang und gäbe" sagt Ahrens, der selbst wegen seiner Sehschwäche nur noch einen Meter weit gucken kann. "Golf spielen ist eine fantastische Therapie. Wir finden ein ganz anderes Bewusstsein zu unserem Körper." Für viele der in Deutschland etwa acht Millionen behinderten Menschen inklusive der etwa 600 000 Rollstuhlfahrern könnte es nach Erfahrung des Golf- Mediziners wie Dieter Jeschke nicht nur die Gesundheit, sondern auch das Selbstwertgefühl fördern: "Golf ist positive Belastung und soziales Integrationsfeld zugleich."

(RPO Archiv)
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