Zu teuer, zu groß, zu riskant Weltreiterspiele vor ungewisser Zukunft

Tryon · Die chaotischen Weltreiterspiele in Tryon stellen das gesamte WM-Konzept zur Diskussion. Es scheint, dass das Mega-Event in acht Pferdesportdisziplinen kaum zu stemmen ist.

Weltreiterspiele Tryon 2018: Deutsches Dressur-Team holt WM-Gold
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Deutsches Dressur-Team holt WM-Gold

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Foto: dpa/Stefan Lafrentz

Die Reit-WM der Pleiten, Pannen und Peinlichkeiten in Tryon war noch nicht einmal vorbei, da nahm Turnierchef Mark Bellissimo seinen Mund schon wieder ziemlich voll. "Wenn wir das wieder ausrichten würden, würde es unglaublich sein? Absolut!", sagte der schwerreiche Unternehmer überzeugt. Ob er seinen gewagten Aussagen irgendwann Taten folgen lassen darf, ist aber äußerst ungewiss - denn das Konzept der Weltreiterspiele steht mehr infrage denn je.

Weltmeisterschaften in acht Pferdesportdisziplinen an einem Ort über zwei Wochen verteilt - seit 1990 sind dies alle vier Jahre die Weltreiterspiele. Was jedoch als kleines Olympia der Reiterei angedacht ist, endete wie in Tryon schon zu oft im Fiasko.

"Das ist ein organisatorischer und finanzieller Kraftakt für jeden Veranstalter", sagte Sport-Geschäftsführer Dennis Peiler von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) dem SID am Rande der WM in North Carolina: "Bislang gab es nur die Weltreiterspiele 2006 in Aachen, die das stemmen konnten. Die anderen Ausrichter hatten richtige Probleme oder sind pleitegegangen."

Tryon reihte sich da nahtlos ein. Im allerbesten Fall, so sagte Bellissimo, stünde nach der WM finanziell die Null. Wahrscheinlicher sind hingegen Verluste, bis zu 1,5 Millionen Dollar könnten diese betragen. Für den Geschäftsmann wären die Spiele aber auch dann noch ein "großartiger Erfolg", wie er bekräftigte.

Andere Interessenten schreckt dies jedoch ab. Für die nächste Ausgabe in vier Jahren gibt es noch keine ernsthafte Bewerbung. Schon die diesjährigen Spiele fanden nur statt, weil Tryon 2016 kurzfristig für das finanziell überforderte kanadische Städtchen Bromont einsprang. "Vielleicht müssen wir das Format anpassen", räumte Präsident Ingmar de Vos vom Weltverband FEI ein: "Wir werden eine klare Bewertung vornehmen, was die Zukunft der Spiele sein wird."

Dass diese nochmals in ihrer jetzigen Form stattfinden, bezweifelt FN-Präsident Breido Graf zu Rantzau. "Ich glaube, dass es keinen Veranstalter in der Welt gibt, der nochmal Weltreiterspiele von der FEI erhalten wird", sagte der 68-Jährige. Als geeignete Ausrichter sieht er nämlich nur die beiden Reit-Hochburgen Aachen und Calgary. Diese seien jedoch "durch andere Werbeverträge gebunden" und kommen nicht infrage.

Ohnehin denkt zu Rantzau, dass die FEI "einen anderen Weg einschlägt". Dies könnte etwa ein abgespecktes Konzept wie bei der EM im kommenden Jahr in Rotterdam sein. Dort werden nur Wettkämpfe in der Dressur, Para-Dressur und im Springreiten durchgeführt. "Das würde sich schon anbieten", sagte der FN-Präsident.

Dass Tryon den Dimensionen der acht Disziplinen nicht gewachsen war, zeigte sich vielerorts - sei es an Pferdepflegern, die aus Mangel an Unterkünften notdürftig in Zelten untergebracht wurden oder an einem Gelände, das auch nach Beginn der WM noch eine einzige Baustelle war.

Negativer Höhepunkt war ein katastrophal organisierter Distanzritt, bei dem eine Tragödie nur knapp durch einen Abbruch verhindert wurde. 53 völlig erschöpfte Pferde in der Tierklinik und ein aufgrund von Nierenproblemen eingeschläferter Wallach nach dem Distanzchaos, dazu ein eingeschläfertes Vielseitigkeitspferd, zeichneten dennoch ein schreckliches Bild für den Reitsport.

"Die Weltreiterspiele in Tryon", sagte Peiler deshalb, "gehen sicherlich nicht als beste in die Geschichte ein." Vielleicht dafür als letzte ihrer Art.

(sid/ako)
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