Yoga im Leistungssport Profisportler in der Lotus-Hocke

Köln · Yoga erobert den Leistungssport. Selbst Weltklasse-Athleten integrieren die Übungen in ihr Training. Die Wirkung ist wissenschaftlich belegt. Ein Sportwissenschaftler sagt trotzdem: Yoga ist kein Sport.

 Footballer der Dallas Cowboys folgen Anweisungen von Yoga-Lehrerin Stacey Hickman.

Footballer der Dallas Cowboys folgen Anweisungen von Yoga-Lehrerin Stacey Hickman.

Foto: AP/Gus Ruelas

Basketballstar Dirk Nowitzki macht wöchentlich drei bis fünf Mal Yoga. Profigolfer Bernhard Langer auch. Und bei einigen Fußball-Bundesligaklubs ist Yoga mittlerweile ebenfalls ein fester Bestandteil des Trainings. „Yoga ist im Leistungssport salonfähig geworden“, sagt Stephan Suh. Der Diplom-Sportlehrer der Deutschen Sporthochschule Köln hat die Fußballteams des MSV Duisburg, des 1. FC Saarbrücken und von Alemannia Aachen angeleitet – und den Sonnengruß auch schon mit DFB-Teammanager Oliver Bierhoff geübt. Seit 20 Jahren praktiziert Suh als „Yogi“, das heißt als Yoga-Lehrer. Er erklärt, dass die indische Lebensphilosophie aus vielen Gründen wertvoll für Sportler ist.

„Wer heutzutage lange als Profi aktiv sein will, der braucht Beweglichkeitstraining“, sagt Suh. Die bewusste Dehnung diene zur Stressreduktion und beim Ausgleich muskulärer Dysbalancen. Und sie sei eine gute Verletzungsprophylaxe. Eine Studie des American College of Sports (ACSM) belegt wissenschaftlich, dass zweieinhalb Stunden Yoga pro Woche ausreichen können, um zudem Asthmakrankheiten, Depressionen oder Herz-Kreislauf-Probleme zu lindern. Vor allem, weil die „Asanas“ genannten Übungen auch mental entspannen.

Suh trainiert Athleten aus unterschiedlichsten Sportarten. Selbst aus der rhythmischen Sportgymnastik kommen sie zu ihm. „Die Sportler sind zwar hyperflexibel, ihnen fehlt aber häufig die Achtsamkeit beim Dehnen“, sagt Suh, „und dann ist es Stretching, aber kein Yoga“.

Die indische Philosophie von Yoga, was übersetzt „Einheit“ bedeutet, verbreitete sich in deutschen Fitnessstudios, zog dann in heimischen Wohnzimmern ein und wird mittlerweile sogar als Massen-Event im öffentlichen Raum praktiziert. Der Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland (BDY) gibt an, dass rund 16 Millionen Deutsche bereits Yoga-Erfahrung haben. Das sind gut 20 Prozent der Bevölkerung. Davon praktizieren mehr als fünf Prozent regelmäßig. Der Anteil an den aktuell Praktizierenden ist mit neun Prozent unter den Frauen deutlich höher als mit einem Prozent bei den Männern.

Nowitzki (40) bei den Dallas Mavericks schätzt am Yoga, dass er in den Einheiten „den ganzen Druck ablassen“ kann. Ein anderes Beispiel: Bernhard Langer. Selbst mit 61 Jahren ist er noch einer der weltbesten Golfer. Im „Golf Magazin“ sagte er einmal, wie wichtig die Dehnübungen während einer Turnierwoche sowohl mental als auch körperlich für ihn seien.

Ein Nachzügler im Profisport ist der Fußball. In der WM-Vorbereitung 2006 hatte der damalige Bundestrainer Jürgen Klinsmann die spezielle Form körperlicher Übungen in das Fitnessprogramm der deutschen Nationalmannschaft integriert. „Für die Spieler sind das Momente, in denen sie den ganzen Rummel um ihre Person für ein paar Minuten vergessen und entspannen können“, hatte Patrick Broome damals gesagt. Sein Name ist selbst den meisten eingefleischten Fußballfans noch immer kein Begriff. Dabei ist Broome seit rund zwölf Jahren „Yogi“ von Jogi Löw und den DFB-Profis. Mehr und mehr Athleten und Vereine machen sich das Training als Ausgleich zunutze. Einige engagieren Lehrer wie Broome oder Suh, Bayer Leverkusen etwa kooperiert mit einem Yoga-Studio. Suh verrät, dass Eintracht Frankfurt vor dem DFB-Pokalfinale gegen Bayern gezielt Asanas praktiziert habe. Martina Sturm, Suhs ehemalige Schülerin, ist bei der Eintracht tätig. „Athletische Sportler sind extremen Kräften ausgesetzt, die Sehnen, Muskeln und Bänder beanspruchen. Flexibilität zu trainieren ist eine wichtige Ergänzung“, sagt Suh.

Es gibt zahlreiche verschiedene Yogastile. Alle eint, dass sie Körper, Geist und Seele in Einklang bringen sollen. Wer sich dehnt und dabei bewusst atmet, macht laut Suh bereits Yoga. Die Übungsfolgen können anstrengend und schweißtreibend werden. Suh sagt aber: „Yoga ist kein Sport. Der Begriff wird dem Yoga nicht gerecht. Man kann auch nicht sagen, dass Liebe ein Kuss ist.“ Beim Yoga gebe es keinen Wettkampf: „Es geht nicht ums Gewinnen oder Verlieren, sondern um Achtsamkeit.“

(ball)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort