Der ehemalige Springreiter Sloothaak im Interview „Der Reitsport ist oft undankbar“

Düsseldorf · Franke Sloothaak ist der letzte deutsche Einzelweltmeister im Springreiten. Der 60-Jährige spricht über die Aussichten des deutschen Teams bei der WM in den USA, sein Verhältnis zu Ludger Beerbaum und die Wertschätzung des Pferdesports gegenüber seinen Geldgebern.

 Franke Sloothaak (r.) und Lars Nieberg nach ihrem Olympiasieg im Springreiten mit der Mannschaft 1996 in Atlanta.

Franke Sloothaak (r.) und Lars Nieberg nach ihrem Olympiasieg im Springreiten mit der Mannschaft 1996 in Atlanta.

Foto: imago sportfotodienst

24 Jahre ist es mittlerweile her, dass ein deutscher Springreiter Einzelweltmeister wurde. Franke Sloothaak gewann den Titel 1994 in Den Haag. Mit 60 Jahren blickt der Deutsch-Niederländer dieser Tage nach Tryon in den USA, wo die Springreiter ab Mittwoch ihre Weltmeister ermitteln.

Herr Sloothaak, welche Rolle spielt der Reitsport heute noch in Ihrem Leben?

Franke Sloothaak Immer noch eine sehr große. Ich bin als Trainer und Ausbilder aktiv, ich reite selbst auch noch einige Turniere in China. Reiten war immer mein Hobby und mein Beruf, und das soll auch gerne noch sehr lange so bleiben. Denn es macht mir einfach riesig Spaß. Diesen Bazillus wird man nie los.

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Foto: dpa/Stefan Lafrentz

Was Sie auch nicht losgeworden sind ist der Titel des bis heute letzten Einzelweltmeisters im Springen. Welche Erinnerungen haben Sie noch an den Triumph von Den Haag 1994?

Sloothaak Es war ein sehr besonderes Erlebnis für mich. Gerade auch natürlich, weil ich als ehemaliger Holländer in Holland Weltmeister wurde. Die Holländer selbst hatten damals ja keinen eigenen Starter im Finale, also wurde ich auch ganz schnell vom Publikum zurück eingebürgert.

Gold gab es 1994 auch mit der Mannschaft, deren bekannteste Namen über viele Jahre Franke Sloothaak und Ludger Beerbaum waren. Haben Sie beide eigentlich noch Kontakt?

Sloothaak Der ist nie abgerissen. Ich habe Ludger ja zunächst mal trainiert, als er zu Paul Schockemöhle kam. Da haben wir auch viel zusammen unternommen. Später waren wir dann quasi das Rückgrat der deutschen Mannschaft, weil wir beide einen guten Stall mit guten Pferden hatten. Wir beide haben immer eng mit dem Bundestrainer zusammengearbeitet, denn wir wollten mit dem Team etwas erreichen.

Bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio gibt es im Mannschaftswettbewerb – sehr zum Unmut der Deutschen – kein Streichergebnis mehr. Wie bewerten Sie diese Entscheidung des Weltverbandes?

Sloothaak Ach, es gibt viele solcher Entscheidungen, die ich nicht nachvollziehen kann. Bei der anstehenden WM fällt ja auch das Finale mit Pferdewechsel weg. Das stimmt mich besonders traurig, dass man das Format regelrecht wegschmeißt. denn es war für einen Reiter eine ganz spezielle Auszeichnung, wenn man hier erfolgreich war. Und das Publikum hat dieses Format geliebt.

Was trauen Sie ihren Nach-Nachfolgern in Tryon zu?

Sloothaak Wir haben eine gute Mannschaft, und ein deutsches Team hat immer auch eine Chance auf eine Medaille, obwohl wir in den vergangenen zehn Jahren ja nicht gerade einen Medaillenregen erlebt haben. Aber die US-Amerikaner sind auch stark, genauso wie die Belgier und Holländer. Es braucht Null-Fehler-Ritte bei einer WM. Und ein bisschen Glück.

Wie erleben Sie den Generationenwechsel im Team nach Olympia 2016 in Rio?

Sloothaak Man spricht vom Umbruch, aber eigentlich erleben wir doch nichts Neues. Es ist vielmehr so wie immer und recht einfach: Du bist als Reiter immer nur so gut wie dein Pferd. Und wenn du kein gutes Pferd hast, kannst du auch nicht teilnehmen.

Ein Problem, das momentan so manchen etablierten Reiter in Deutschland betrifft.

Sloothaak Ja, denn gute Pferde auch im Land zu halten, ist etwas, womit wir uns in Deutschland momentan sehr schwer tun. Das ist unser größtes Problem, gerade wenn man sieht, was in anderen Ländern für Pferde ausgegeben wird. Da können und wollen wir nicht mithalten.

Es ist ja nicht so, dass es nicht auch in Deutschland Mäzene gäbe, die mit Herzblut beim Reitsport sind, so wie Madeleine Winter-Schulze. Ist nicht das eigentliche Problem, dass Pferde international oftmals nur noch Investitionsobjekte sind?

Sloothaak Ich vermisse in dieser Frage generell die Wertschätzung für die Mäzene, denn sie ermöglichen im Reitsport ja am Ende vieles, sie tragen alleine die Risiken beim Kauf eines Pferdes. Solchen Leuten muss man dankbar sein.

Ist der Reitsport undankbar?

Sloothaak Oft genug, denn man kann das Ganze ja auch umdrehen: Laura Klaphake kann ihren Catch me if you can ja erstmal bis November behalten, obwohl Paul Schockemöhle als Besitzer ein Angebot von Bill Gates über acht Millionen Dollar vorlag. Da kann man ja schon denken: Ist er nicht bekloppt, wenn er so ein Angebot ausschlägt? Denn wenn du heute als Besitzer ein sehr gutes Pferd ausbildest und gewinnbringend verkauft, brauchst du dein Leben lang nicht mehr arbeiten. Und heutzutage gibt es eben zum Beispiel im Nahen Osten oder in den USA viele Leute, die viel Geld haben und sehr viel für ein Top-Pferd bezahlen.

Wenn am Ende diese Gelder für in Deutschland gut ausgebildete Pferde fließen, ist das zumindest ein Qualitätsmerkmal für den Reitsport hierzulande.

Sloothaak Ja, das ist das große Pfund, mit dem wir wuchern können. Die Ausbildung über das Programm der Jungen Pferde ist international sehr anerkannt.

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