Wassergewöhnung bis Gold Was Kindern beim Schwimmen lernen wirklich hilft

Hamburg- · Schwimmen macht Spaß. Vor allem, wenn es richtig gut klappt. Dafür braucht es Übung und die richtige Technik. Wie Eltern ihre Kinder unterstützen können, zeigt dieser Überblick.

Ganz klar: Wir wollen unsere Kinder möglichst vor allen Gefahren schützen. Zum Beispiel, wenn die Kleinen zum ersten Mal mit Wasser in Berührung kommen und später schwimmen lernen.

Für die Sicherheit der Kinder ist es sehr wichtig, dass sie das Schwimmen richtig lernen. Eltern können zu Hause wertvolle Vorarbeit leisten. Den Rest überlassen Sie am besten den Profis.

Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

Wie kann ich die Kinder auf den Schwimmkurs vorbereiten?

Schwimmen lernen fängt lange vor dem Schwimmkurs an.

Die Aufgabe der Eltern sei es, ihren Kindern vor dem ersten Kurs Spaß am Wasser und Vertrauen zu diesem Element zu vermitteln, sagt Franziska Schalm vom Deutschen Schwimmlehrerverband.

Im Schwimmbad und daheim können Sie Ihre Kleinen mit Übungen spielerisch ans Wasser gewöhnen. Dazu einige Anregungen:

  • Spritzen: Planschen Sie mit Ihrem Kind in der Badewanne und spritzen Sie mit Wasser. „Damit Ihr Kind merkt, dass nichts passiert, wenn es Wasser ins Gesicht bekommt“, sagt Achim Wiese von der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). So stärken Sie bei Ihrem Nachwuchs das Vertrauen ins Element Wasser. Im Schwimmbad können Sie Ihr Kind auf den Beckenrand setzen und kräftig mit den Beinen strampeln lassen - bis das Wasser spritzt.
  • Tauchen: Wenn kein Badeschaum im Wasser der Badewanne ist, können Sie mit Ihrem Kind kleine Tauchübungen machen. Legen Sie einen Gegenstand auf den Grund der vollen Wanne und lassen Sie ihn von Ihrem Kind hinaufholen.
  • Ausatmen: In Gefahrensituationen halten Kinder vor Schreck die Luft an. Das kann zu einem Krampf der Stimmritzen führen, der es unmöglich macht, um Hilfe zu rufen und zu atmen. Für die Sicherheit des Kindes ist es daher wichtig, dass es das Ausatmen lernt. Das können Sie trainieren, indem Ihr Kind Bälle oder Luftballons, die auf der Wasseroberfläche liegen, hin und her pustet.
  • Blinzeln: Einige Kinder duschen und baden mit Schwimmbrillen. Oft nehmen Eltern auch Eimer oder Schüsseln zu Hilfe, um die Haare zu waschen. Sie wollen verhindern, dass Wasser in die Augen der Kinder kommt und es großes Geschrei gibt. Doch davon rät Franziska Schalm ab. Kinder sollten sich an das Gefühl gewöhnen. Und lernen, dass einfaches Blinzeln gegen das Wasser hilft. In Gefahrensituationen können sie sich mit offenen Augen besser im Wasser orientieren.
  • Blubbern und Pusten: Lassen Sie Ihr Kind mit einem Strohhalm Blasen in das Wasser pusten. Das trainiert die Atmung, die später wichtig ist, damit sich das Kind nicht verschluckt und lernt ausdauernd zu atmen. Zudem entwickelt das Kind so Freude an Wasser.

Reicht das Seepferdchen als Schwimmabzeichen aus?

„Schwimmen lernen wird häufig mit dem Seepferdchen machen verwechselt“, sagt Achim Wiese. Der Seepferdchen-Kurs sei allerdings nur dazu da, um Kinder an das Wasser zu gewöhnen.

Kinder können den Kurs ab dem dritten Lebensjahr besuchen. Das Seepferdchen soll eine erste Motivation sein. Erst wenn ein Kind das Bronzeabzeichen abgelegt hat, kann es wirklich schwimmen.

Vor dem Seepferdchen können Kinder noch einen Wassergewöhnungskurs besuchen. Dort lernen sie...

  • sich im Wasser wohlzufühlen.
  • auf dem Rücken zu treiben.
  • sich an spritzendes Wasser zu gewöhnen.
  • nicht in Panik zu verfallen, wenn Wasser ins Gesicht spritzt.

„Es bringt nichts, wenn das Kind später einen guten Schwimmstil hat, aber in Panik verfällt, wenn Wasser von der Seite spritzt“, sagt Franziska Schalm. Mit der Wassergewöhnung können Sie schon in den ersten Lebensmonaten Ihres Kindes beginnen.

Dazu können Sie Babyschwimmkurse besuchen oder allein mit dem Kind Zeit im Schwimmbad verbringen.

Die DLRG rät von Kursen ab, in denen Kinder ins Wasser geworfen werden - also mit Erschrecken oder Angst gearbeitet wird.

Nächster Schritt: Schwimmkurs

Erst nach dem Seepferdchen können Kinder einen Schwimmkurs besuchen. Ab dem fünften Lebensjahr sind sie motorisch dazu in der Lage, die Schwimmbewegungen zu lernen.

Schalm rät dazu, dem Kind vor dem Eintritt in den Schwimmkurs zwei Probestunden zu ermöglichen. Eine Stunde reicht meist nicht aus, da ein Kind meist eine Stunde braucht, um warm zu werden und sich alles in Ruhe anzuschauen. In der zweiten Stunde kann das Kind dann richtig mitmachen, so Schalm.

Auf den Bronze-Kurs folgen weitere Kurse, die an die weiteren Schwimmabzeichen angepasst sind. Welche Kurse wo angeboten werden, richtet sich nach den Schwimmschulen. Sprechen Sie die Schwimmlehrer an und lassen Sie sich beraten.

Wichtig: Auch Kinder, die das Seepferdchen-Abzeichen erworben haben, sollten Sie intensiv beim Schwimmen beaufsichtigen, rät die DLRG.

Welche Schwimmabzeichen gibt es?

Mit den einzelnen Schwimmabzeichen sind unterschiedliche Anforderungen verbunden. Neben theoretischem Wissen etwa zu den Baderegeln oder zur Selbstrettung müssen Kinder auch praktische Übungen absolvieren. Diese gliedern sich in drei Teile:

  • Springen
  • Schwimmen
  • Tauchen

Wie finde ich den passenden Schwimmkurs für mein Kind?

Die DLRG teilt ihre Schwimmkurse nach Abzeichen ein.

Welches Kind in welchem Kurs am besten aufgehoben ist, richtet sich nach dessen Können. Es gibt aber auch Ortsvereine, die höhere Abzeichen in Gruppen zusammenfügen.

Ein Kurs endet mit einem Schwimmabzeichen. Es ist aber keine Pflicht, das Abzeichen abzulegen.

Im Schnitt gibt es 15 Schwimmeinheiten. Laut DLRG brauchen die meisten Kinder so lange, um schwimmen zu lernen.

Bei der Suche nach einem Schwimmkurs sollten Eltern nach einer kleinen Gruppe Ausschau halten, rät Schalm. So könne der Schwimmlehrer viel besser auf das Kind eingehen.

Bei der DLRG werden zehn Vorschulkinder zwei Schwimmlehrern zugeteilt. Im Grundschulalter können es bis zu 15 Kinder sein.

In den Schwimmkursen werden die Lehrer häufig von jungen DLRG-Mitgliedern unterstützt, die sich einbringen wollen.

Neben den Verbänden gibt es auch zahlreiche private Schwimmschulen. Die Lehrer sollten qualifiziert sein. Schalm erklärt, worauf Sie achten können und was die Ausbilder haben sollten:

  • einen aktuellen Rettungsschwimmerschein
  • am besten einen pädagogischen Hintergrund
  • eine Grundausbildung beim Deutschen Schwimmlehrerverband oder der DLRG

Wichtig ist auch, dass Sie sich bei der Suche nach dem richtigen Schwimmkurs nicht von falschen Versprechungen ködern lassen.

„Es gibt immer wieder Kurse auf dem Markt mit Seepferdchen-Garantie“, berichtet Schalm. Bei diesen Gruppen gebe es meist zu viel Druck. Außerdem habe jedes Kind sein eigenes Tempo.

Tipp: Schwimmkurse in Ihrer Nähe finden Sie etwa über die DLRG und auf den Websites vieler Städte und Gemeinden.

Beim Unterricht sei wichtig, dass die Schwimmlehrer mit den Kindern im Wasser sind, um sie individuell betreuen zu können. „Ansagen vom Beckenrand schaffen kein Vertrauensverhältnis“, sagt Schalm.

Nach dem Schwimmkurs gilt: dranbleiben und immer wieder üben.

Es ist sehr wichtig, dass Eltern das Können ihres Kindes ehrlich einschätzen. „Fragen Sie sich: Ist mein Kind ein guter oder nicht so guter Schwimmer? Wo hat es Schwächen?“, sagt Andreas Kalbitz, Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Mehr Sicherheit für Kinder. Braucht es unter Umständen weitere Kurse, Tipps oder Hilfestellungen?

Wie unterstütze ich mein Kind beim Schwimmen lernen?

Diese Tipps und Hinweise sollten Sie beachten:

  • Profis vertrauen: Bringen Sie dem eigenen Kind besser nicht das Schwimmen selbst bei, rät Franziska Schalm. Falsch eingeübte Bewegungen lassen sich nur schwer wieder korrigieren.
  • Zeit geben: Keinen Druck auf das Kind ausüben, was die Schnelligkeit des Erfolgs angeht. „Wenn ein Kind ein Jahr braucht, um schwimmen zu lernen, dann ist das so. Jedes Kind braucht so lange, wie es eben braucht“, sagt Schalm.
  • Konzentration: Natürlich ist es spannend und süß, das eigene Kind schwimmen zu sehen. Doch Achim Wiese rät dazu, das Kind beim ersten Schwimmkurs wie der Wassergewöhnung oder dem Seepferdchenkurs mit dem Schwimmlehrer allein zu lassen. „Stellen Sie sich nicht an den Beckenrand oder an die Fensterscheibe. Das lenkt das Kind nur ab.“
  • Behutsam vorgehen: Nach ersten Schwimmerfolgen sollten Sie Ihr Kind nicht überfordern. „Man kann bei Kindern viel kaputt machen, wenn man zum Beispiel sagt: 'Komm wir gehen jetzt einmal ins große Schwimmbecken', aber das Kind noch nicht so weit ist“, sagt Wiese.
  • Nicht ängstigen: Machen Sie Ihrem Kind keine Angst vor tiefem Wasser und vermeiden Sie Sätze wie: Pass auf, da ist es tief. „Warum muss man Angst haben, wenn das Wasser tief ist? Deshalb lernt ein Kind ja schwimmen“, sagt Wiese.

Achtung: Kleinkinder, die nicht schwimmen können, ertrinken schon in geringen Tiefen. „Wenn kleine Kinder mit dem Kopf unter Wasser geraten, verlieren sie ganz schnell die Orientierung und unternehmen keine Selbstrettungsversuche“, warnt Andreas Kalbitz.

Bieten Schwimmflügel ausreichend Schutz?

Eltern sollten sich nicht auf Schwimmflügel verlassen. Kann ein Kind nicht schwimmen, ist es nur im Beisein von Schwimmern sicher, erklärt Franziska Schalm.

Hilfsmittel können eine falsche Sicherheit vorgaukeln und das Kind daran hindern, ein Gefühl für das Wasser zu bekommen. Oft sei es besser, wenn Kinder auf solche Utensilien verzichten.

Vor allem für Kinder über drei Jahren seien Schwimmflügel ungeeignet, da der Körperschwerpunkt eines Kindes in diesem Alter in der Körpermitte liege, so Schalm. Mit Schwimmflügeln kann das Kind also nicht in die richtige Schwimmposition finden.

Für ältere Kinder eignen sich Schwimmbretter und Schwimmnudeln.

Reicht der Schwimmunterricht in der Grundschule aus?

Kinder sollten vor der Einschulung einen Schwimmkurs besuchen, rät Achim Wiese. Die Lehrer könnten in den seltensten Fällen allen Schülern im Schwimmunterricht gerecht werden, sagt auch Franziska Schalm. Außerdem habe der Schwimmunterricht in den Schulen nicht mehr die gleiche Priorität wie früher. Der Stundenumfang hat abgenommen.

Auch der psychische Druck ist nicht zu unterschätzen: Schwimmen zu lernen oder dazu zu stehen, nicht schwimmen zu können, werde mit zunehmendem Alter schwerer, sagt Wiese. Die Scham, sich als Nichtschwimmer zu outen, steige im Teenageralter.

Nicht schwimmen zu können, kann zu Ausgrenzung führen. „Schwimmen ist auch Teilhabe. Das Freibad ist ja nicht nur Freibad. Es ist eine Sozial- und Bildungsstätte“, sagt Wiese. „Dort trifft man sich mit Freunden, um Spaß zu haben.“

Je früher Kinder Freude am Wasser und Schwimmen entwickeln, umso besser.

© dpa-infocom, dpa:211118-99-48925/87

(dpa)
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